Deutsche Start-up-Szene entwickelt sich prächtig

Problemfeld Finanzierung

von - 17.04.2019
Start-up-Finanzierung nach Branchen
E-Commerce, Software & Analytics, Fintech: in diese drei Bereiche flossen hierzulande 2018 die höchsten Finanzierungssummen.
(Quelle: Ernst & Young "Start-up-Barometer Deutschland" ( Januar 2018) )
Hat Deutschland überhaupt eine Chance, den Vorsprung der Silicon-Valley-Firmen und Start-up-Szenen in anderen Ländern aufzuholen? Wohl eher nicht, wenn die Einschätzung von Axel Menneking vom Hubraum richtig ist: „Die erste Halbzeit ist verloren, die B2C-Player aus USA und China sind zu dominant“, so sein deutliches Statement. Seines Erachtens geht es jetzt darum, in einer großen Kraftanstrengung Rahmenbedingungen für das Entstehen von europäischen Champions zu schaffen. Die Politik müsse mutige Digitalstrategien entschlossen umsetzen, schulisch und außerschulisch, Unternehmenskultur fördern und bessere Rahmenbedingungen für Investoren schaffen. Gleichzeitig biete die Digitalisierung der starken deutschen Industrien, so Axel Menneking, eine große Chance für neue Start-ups, die man nicht verpassen dürfe.
Svetlana Drümmer von der DB Mindbox berichtet, sie bekomme von den Start-ups immer wieder mit, dass hierzulande das Thema Finanzierung eine große Herausforderung ist. So müssten Start-ups selbst für kleine Investments teilweise hart kämpfen.
„Das Wagniskapital hat in Deutschland nicht die Tradition wie in Amerika und - leider - auch nicht die unerschöpflichen Ressourcen wie in China“, meint Manuel Holzhauer vom InsurTech Hub München. Man müsse hier einen intelligenten europäischen Weg finden, der sich aus staatlicher Unterstützung und privatem Wagniskapital zusammensetze.
Dabei hat Deutschland gerade im Bereich der Frühphasen-Investments bereits heute viel zu bieten: Staatliche Förderprogramme, erfolgreiche Business Angels und natürlich auch viele Risiko-Investoren unterstützen innovative Start-ups mit Kapital und häufig auch Expertise und Netzwerk. „Die Finanzierungsbedingungen für Start-ups haben sich in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich verbessert - zumindest für die Gründung selbst und die ersten Jahre“, resümiert Bitkom-Referentin Jenny Boldt. Doch wenn eine internationale Expansion anstehe und dafür zweistellige Millionenbeträge notwendig seien, werde die Luft hierzulande immer noch dünn. „Tatsächlich gibt es immer noch zu wenige internationale Investoren in Deutschland, was auch mit den vergleichsweise schlechten steuerrechtlichen Rahmenbedingungen bei uns zusammenhängt.“
Matthias Lais
Matthias Lais
Chief Operating Officer von Main Incubator
https://main-incubator.com
Foto: Main Incubator
„Wenn ein Projekt sich als nicht erfolgversprechend abzeichnet, dann sollte es lieber schnell verworfen und die nötigen Lektionen daraus gezogen werden, statt unnötig Ressourcen darauf zu verschwenden.“
Doch wie sieht die Finanzierung von deutschen Start-ups konkret aus? Laut der eingangs erwähnten PricewaterhouseCoopers-Studie „Start-up-Unternehmen in Deutschland 2018“ setzen 87 Prozent der Gründer auf Eigenfinanzierung, also auf eigene Ersparnisse oder die ihrer Familien.
64 Prozent nehmen einen Kredit auf und 24 Prozent nutzen öffentliche Fördermittel. Lediglich 12 Prozent der Gründer setzen auf Venture Capital von Unternehmen. Allerdings: Wenn ein Start-up tatsächlich auf Venture Capital zurückgreift, dann trägt dieses immerhin fast zur Hälfte zur Gründungsfinanzierung bei.
„Wichtig ist, dass man sich als Gründer ge­nau überlegt, was man will“, empfiehlt Svetlana Drümmer von der Mindbox der Deutschen Bahn. Es gebe viele Finanzierungsmöglichkeiten - und jede dieser Möglichkeiten bringe ihre Vorteile, aber auch ihre Nachteile mit sich. „Wenn man erst einmal weiß, was man will, muss man gezielt Ansprechpartner ausfindig machen und entsprechende Events besuchen, dann kommt man mit den potenziellen Investoren auch schnell in Kontakt.“ Laut Drümmer mangelt es hierfür selten an Networking-Möglichkeiten.
Die Start-ups in Deutschland werden trotz immer mehr Möglichkeiten weiterhin vor allem von ausländischen Kapitalgebern gefördert. Doch es findet ein Wandel statt. „Die hiesige Venture-Capital-Szene konnte im vergangenen Jahr Boden gut machen. Der Anteil deutscher Investoren an Finanzierungsrunden über 50 Millionen Euro hat sich unserer Analyse nach 2018 im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesteigert“, betont Christian Hoppe von der Silicon Valley Bank. „Ich denke, deutsche Investoren haben mittlerweile begriffen, dass es für sie durchaus Sinn ergibt, das heimische Ökosystem zu fördern, um auch hier in Deutschland weiter Anreize zum Gründen zu schaffen. Wir als Silicon Valley Bank empfehlen hiesigen Risikokapitalgebern, mit denen wir zusammenarbeiten, bei aller Liebe für den Blick über den Tellerrand in andere Länder jedenfalls auch hin und wieder einen Blick auf die Tellermitte und damit ins Inland zu werfen.“
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