Die ITK-Branche wächst weiter

Herausforderungen für die Wirtschaft

von - 24.01.2024
Doch der Fachkräftemangel ist nicht die einzige Herausforderung für die Digitalbranche. „Deutschland hat wie wenige andere Volkswirtschaften in den letzten Jahrzehnten von der Globalisierung profitiert“, erklärt Gernot Gutjahr. Er ist Partner und Head of CIO Advisory bei KPMG. „Dabei betrieben deutsche Unternehmen neben einem globalisierten Geschäft auch eine globalisierte IT insbesondere in Osteuropa und Asien, vor allem in Indien und China.“
Nadine Wolanke
SVP Sales Germany bei Salesforce
Foto: Salesforce
„Unternehmen müssen weiter in Digitalisierung investieren und ihr vorhandenes ,Datenkapital‘ voll ausschöpfen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.“
Technologien wie die Public Cloud würden heute zwar das alte Paradigma in Frage stellen, wonach Resilienz nur auf Kosten der Effizienz erkauft werden kann. Doch angesichts der Corona-Pandemie, des Krieges in der Ukraine, der seit Jahren zunehmenden Spannungen zwischen den USA und China und der anhaltenden makroökonomischen Unsicherheiten offenbarten sich Gernot Gutjahr zufolge jetzt einige in der Vergangenheit eingegangene Risiken. Dazu zählen ihm zufolge eine nach COVID-19 beispiellos hohe Fluktuation in indischen Service Delivery Center, besonders lange Lieferzeiten von sechs bis neun Monaten für IT-Güter wie Arbeitsplatzrechner, Server und Netzwerk-Hardware sowie häufigere Cyberangriffe auf zu wenig segmentierte digitale Infrastrukturen. „Angesichts dieser Informationen bewerten viele Unternehmen ihre Outsourcing-, Public-Cloud- und Lokations-Strategie neu und nehmen Anpassungen vor und beginnen damit, Technologie-Services selektiv geografisch zu entkoppeln und ihr Outsourcing, Public-Cloud-Partner und Shoring-Lokationen selektiv zu diversifizieren.“
Doch vor allem die hohe Inflation in den vergangenen Monaten macht den ITK-Unternehmen hierzulande zu schaffen. „Zunächst einmal war natürlich im B2C-Bereich Zurückhaltung spürbar, da Menschen Ausgaben verschoben oder sehr viel preissensitiver agiert haben“, so Nadine Wolanke, SVP Sales Germany bei Salesforce. Das schlägt sich auch in Zahlen nieder: Der Salesforce Shopping Index zeigt für den deutschen Online-Handel im ersten Quartal 2023 immer noch einen Rückgang um 5 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert. Für Händler und Hersteller bedeutet das: Sie müssen sich sehr viel stärker auf das Thema Kundenloyalität konzentrieren. Denn der Anteil der Online-Bestellungen, die von Wiederholungskäufern stammen, ist im ersten Quartal um 3 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2022 gestiegen. „Und hier kommt das Thema Daten – und diese effizient zu nutzen – wieder zum Tragen“, betont Nadine Wolanke. „Das heißt weiter in Digitalisierung investieren und vorhandenes ,Datenkapital‘ voll ausschöpfen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.“
Dass der Druck auf die Kosten durch die Inflation deutlich steigt, bestätigt auch Senior Managing Director Tobias Regenfuss von Accenture. „Die Anbieter sind unter Druck, weil sie zum einen die Löhne erhöht haben, um das rare und gute Personal zu halten und sich somit ihre Lieferkosten erhöht haben. Zum anderen geben die Kunden ihren Kostendruck an die Provider weiter, da auch ihre Kosten – insbesondere für Energie und auch für Löhne – stark gestiegen sind.“
Als herausfordernd bezeichnet Michael Guschlbauer die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im aktuellen Jahr. Die Corona-Pandemie sei zwar laut dem Vorstand IT-Systemhaus & Managed Services bei Bechtle einerseits überwunden und beeinträchtige die Geschäftsabläufe vom Grundsatz her nicht mehr. „Aber klar – die massiven Investitionen in Hardware während der Corona-Pandemie führt momentan im Hardware-Bereich zu einer gewissen Zurückhaltung.“ Die IT-Budgets seien aber da und würden nun beispielsweise verstärkt in rechenzentrumsnahe Netzwerkprojekte investiert. Die Notwendigkeit einer weiteren Digitalisierung stünden jedoch bei den IT-Verantwortlichen außer Frage – „daher sind auch mittel- und langfristig die Perspektiven unserer Branche sehr positiv“, so Guschlbauer weiter. „Die hohe Inflation belastet die Gesamtwirtschaft und damit selbstverständlich auch die IT-Branche. Preiserhöhungen vor allem im Dienstleistungsbereich sind leider die unweigerliche Folge.“
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