Die ITK-Branche wächst weiter

„Unternehmen sollten stärker auf Diversität setzen“

von - 24.01.2024
Was sind die Technologien, die Unternehmen in Sachen IT aktuell nachfragen? com! professional spricht darüber mit Tim van Wasen, Deutschland-Chef von Dell Technologies.
com! professional: Herr van Wasen, was sind Ihrer Erfahrung nach die aktuellen Trend-Themen in der Unternehmens-IT?
Tim van Wasen
Geschäftsführer von Dell Technologies in Deutschland
(Quelle: Dell)
Tim van Wasen: Ein Klassiker schlechthin ist die IT-Sicherheit. Die Cyberkriminellen rüsten immer stärker auf, nicht zuletzt durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Unternehmen müssen sich darauf einstellen und proaktiv sowohl in die Abwehr als auch in ihre Fähigkeiten zur Wiederherstellung nach einem erfolgreichen Angriff investieren.
com! professional: Wie könnte das aussehen?
van Wasen: Neben klassischen Security-Maßnahmen inklusive einer umfassenden Backup- und Recovery-Strategie rückt der so genannte Zero-Trust-Ansatz immer stärker in den Mittelpunkt. Wenn Mitarbeiter angesichts flexibler Arbeitsmodelle und der zunehmenden Cloud-Nutzung über die unterschiedlichsten Endgeräte von außerhalb des Firmennetzwerks auf Anwendungen und Services zugreifen, stoßen traditionelle Sicherheitskonzepte schnell an ihre Grenzen. Das Zero-Trust-Modell geht deshalb nach dem Prinzip „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ davon aus, dass nichts sicher ist.
com! professional: Und wie lässt sich Zero Trust umsetzen?
van Wasen: Bei der Implementierung von Zero-Trust-Frameworks kommen beispielsweise Lösungen wie risikobasierte Multi-Faktor-Authentifizierung, Identitäts- und Zugriffsmanagement sowie automatisierte Richtlinienentscheidungen zum Einsatz. Damit können Unternehmen jederzeit die Benutzer- und Systemidentität überprüfen, den Zugriff zum jeweiligen Zeitpunkt abwägen und so die Sicherheit aufrechterhalten. Darüber hinaus spielen ein kontinuierliches Monitoring, umfassende Verhaltensanalysen und Threat Intelligence eine wichtige Rolle, um Anoma­lien in Echtzeit zu erkennen. Angesichts der Tatsache, dass Schwachstellen in Lieferketten und Rechnern zunehmen, gewinnt zudem der Security-by-Design-Gedanke an Bedeutung. Unternehmen erwarten integrierte Sicherheitsfeatures sowie verifizierte Lieferketten entlang des kompletten Produktlebenszyklus.
com! professional: Gibt es weitere Themen, die gerade aktuell sind?
van Wasen: Weitere zentrale Themen der IT sind Multi-Cloud, Edge Computing, Künstliche Intelligenz und As-a-Service. Laut Analysten werden 2025 rund 80 Prozent aller Daten an der Edge anfallen. Waren bisher komplexe Algorithmen mit Lerneigenschaften dem Cloud-Computing vorbehalten, müssen Unternehmen künftig bereits am Netzwerkrand eine Vorsortierung vornehmen. Das betrifft autonom fahrende Autos ebenso wie eine intelligente Fertigungsmaschine in der Produktionshalle. Gerade wenn Entscheidungen in Echtzeit erfolgen sollen, zwingen die extrem großen Datenmengen und die Notwendigkeit möglichst geringer Latenzzeiten bisherige Rechenmodelle in die Knie.
com! professional: Sie haben Edge Computing angesprochen. Das bringt Herausforderungen mit sich, etwa betriebliche Silos, komplexe Workload-Migrationen, inkonsistente SLAs…
van Wasen: Unternehmen interessieren sich daher verstärkt für Edge-Operations-Plattformen. Deren offenes Design ermöglicht nicht nur die freie Wahl von Software, IoT-Frameworks und Betriebstechnologien. Sie erlaubt darüber hinaus die Zusammenführung von bestehenden und neuen Anwendungsszenarien und schützt mithilfe von Zero-Trust-Sicherheitsfunktionen die komplette Infrastruktur.
Für den Aufbau und Betrieb flexibler IT-Infrastrukturen richten unsere Kunden ihren Blick immer stärker auf As-a-Service-Modelle. Statt ihre IT-Infrastruktur im eigenen Rechenzentrum vorzuhalten und zu betreiben, beziehen sie diese vereinfacht gesagt als Dienstleistung über die Cloud. Ein externer Partner übernimmt das Management der IT-Komponenten, und die Infrastruktur dafür hält er entweder im Rechenzentrum des Kunden oder an einem Co-Location-Standort bereit. Statt also Geld in IT-Ausrüstung für das eigene Rechenzentrum zu stecken, werden die Aufwendungen als Betriebskosten abgerechnet, laufen damit als operative Ausgaben in die Gewinn- und Verlustrechnung ein und können steuerlich geltend gemacht werden. Zudem entlasten solche Modelle die IT-Abteilung von Routineaufgaben, sodass mehr Zeit für gewinnbringendere Aufgaben zur Verfügung steht.
com! professional: Trotz As-a-Service-Modellen und externer Dienstleister – viele Unternehmen haben zu wenig Fachkräfte.
van Wasen: Das Problem des Fachkräftemangels ist alles andere als neu und wird uns auch noch längere Zeit begleiten. Statt allein auf politische Lösungen zu warten, können Unternehmen selbst vieles tun, um als Arbeitgeber der Wahl wahrgenommen zu werden.
Neben klassischen Maßnahmen wie attraktive Rahmenbedingungen – vom Gehalt über flexible Arbeitsbedingungen bis hin zu konkreten Karriere- und Weiterbildungsmöglichkeiten –  sollten Unternehmen noch viel stärker auf Diversität setzen, um beispielsweise deutlich mehr Frauen für die IT zu begeistern. Auch hier haben es die Unternehmen selbst in der Hand, durch spezielle Anreize und Programme ihre Organisation für weibliche Talente attraktiv zu machen und verschiedene Karrierewege inklusive flexibler Arbeitsmodelle aufzuzeigen. Gleichzeitig gilt es, den Wünschen und Anforderungen der jungen Generation entgegenzukommen: Dienstrad statt Firmenwagen, Urlaub statt Gehaltserhöhung, hybrides Arbeiten statt starrer Bürozeiten – die Schwerpunkte haben sich verschoben.
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