B2B-Händler setzen auf eigene Online-Shops

Der eigene B2B-Shop

von - 24.07.2019
Jährliche Wachstumsrate im B2B-E-Commerce
(Quelle: eco / Arthur D. Little )
Die Herausforderungen im E-Commerce liegen vor allem in den angesprochenen komplexen Organisations- und Vertriebsstrukturen, die man in vielen Betrieben vorfindet und die meist über viele Jahre gewachsen sind. Es gilt, die unternehmensinternen Prozesse in die häufig standardisierten Online-Architekturen zu integrieren. Björn Leonhardt von Salesforce wendet hier ein, die Komplexität der eigenen Prozesse werde von vielen Unternehmen überschätzt: „Jedes Unternehmen glaubt, die eigenen Prozesse wären aus individuellen Gründen nicht auf E-Commerce zu übertragen. Dies ist häufig aber nicht der Fall.“ In puncto Vorgehen würden sich B2B- und B2C-Projekte nicht wesentlich unterscheiden.
Wie bei allen Digitalisierungsthemen sind selbstverständlich in erster Linie die Mitarbeiter in den einzelnen Fachabteilungen mitzunehmen. So ist vor allem die Qualifizierung der Mitarbeiter eine große Herausforderung. Die bei vielen Mittelständlern „langjährigen IT-Verantwortlichen mit ihrer SAP-Kenne und die Marketingassistenz, die nebenbei für Social Media zuständig ist“, sind laut André Roitzsch von Shopmacher für Unternehmen durchaus wertvoll. Er hält diese Mitarbeiter allerdings „für eine eher unglückliche Konstellation“, wenn es darum geht, ein E-Commerce-Projekt umzusetzen. Ihnen fehle schlicht die erforderliche Nähe zur Wertschöpfungskette.
Im B2B-Bereich sind die konkreten Anforderungen zu Beginn eines E-Commerce-Projekts oft noch unklarer als im B2C-Umfeld, weil sie individueller sind und sich der Erfolg im Gegensatz zu B2C-Projekten schwerer messen lässt. „Das macht eine realistische Projektierung und Budgetierung schwieriger bis teils unmög­lich“, erläutert André Roitzsch. Zu Beginn sollten grobe Ziele und damit ein Rahmen gesteckt werden. „Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, möglichst engmaschige Meilensteine zu setzen.“ Der erste sei oft ein Proof of Concept (PoC), mit dem die grundsätzliche Machbarkeit des Vorhabens mit der technologischen Architektur nachgewiesen werde. Der sei in der Regel schon nach wenigen Wochen fertig und gebe allen Beteiligten das gute Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein, weil schnell ein fertiges, funktionierendes Stück Software vorliege, das auch die Firmenleitung einmal „durchklicken“ könne. Mit diesem ersten Schritt sammelten alle Beteiligten erste Erfahrungen und die unmittelbar nachfolgenden Schritte ergäben sich daraus automatisch.
Wie ein Projekt für den E-Commerce im B2B letztlich strukturiert ist, hängt entscheidend davon ab, wie sich der Händler positionieren will. Im Wesentlichen lässt sich der Start eines E-Commerce-Projekts nach Ansicht von Pascal Palm von enno.digital in verschiedene Entstehungsphasen aufteilen, in denen digitale Experten und der Händler Hand in Hand arbeiten, um den Online-Shop Wirklichkeit werden zu lassen. Dazu gehören Projektmanager, Entwickler, Designer und Marketer. Letztere würden den Shop später als Werkzeug nutzen und seien daher schon bei dessen Entstehung gefragt.
Alexander Damm
Alexander Damm
Senior Consultant bei mediawave internet solutions
www.mediawave.de
Foto: mediawave internet solutions
„Die Nutzer eines B2B-Portals unterliegen zumeist bestimmten Organisationsstrukturen, denen es gerecht zu werden gilt.“
Laut Alexander Damm von mediawave internet solutions ist man im B2B-E-Commerce nur dann erfolgreich, wenn man neben den organisatorischen Voraussetzungen vor allem technisch in der Lage ist, digitale Innovationen umzusetzen. Er hält folgende fünf Punkte bei der Einführung eines B2B-Shops für besonders wichtig:
Agile Vorgehensweise: Per MVP-Modell (Minimum Viable Product) einen ersten Shop mit Kernfunktionen erstellen, mit dem man erste Erfahrungen sammelt und der nach und nach weiterentwickelt wird.
Seamless Customer Experience durch Multi-Touchpoint-Strategie: Die Customer Journey wird immer komplexer. Man muss sich der verschiedenen Touchpoints bewusst sein und diese bedienen können. Außerdem ist es wichtig, schnell und einfach neue Ideen testen zu können und die unterschiedlichen Kanäle intelligent zu verknüpfen.
Personalisierung: Das Erstellen von unterschiedlichen Personas ist unerlässlich. Man muss auf die Bedürfnisse der einzelnen Unternehmenskunden eingehen und sich fragen, welche Funktionalitäten den Kunden tatsächlich dienen.
Digitale Customer-Selfservices: Ein übersichtliches Portal, in dem Kunden ein hohes Maß an Selbstverwaltung vorfinden, verbessert die Effizienz - und die Kundenbindung kann beispielsweise durch Loyalitätsprogramme oder einem Online-Chat gesteigert werden.
Headless API-First-Architektur: Die Systemarchitektur ist ein echter Er­folgsfaktor. Unternehmen benötigen eine moderne E-Commerce-Plattform, die das Front- und das Back­end trennt und über eine intelligente API die Inte­gration von Drittsystemen erlaubt. Diese sogenannten Headless-Commerce-Lösungen ermöglichen auf schnelle und flexible Weise das Umsetzen neuer Funktionen.
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