B2B-Händler setzen auf eigene Online-Shops

E-Commerce liegt im Trend

von - 24.07.2019
Werkzeug Eylert Online Shop
Beispiel 2 - Werkzeug Eylert: Der Großhändler für Industrie und Handwerk verkauft seine Produkte bereits seit den 90er-Jahren auch online.
(Quelle: werkzeug-eylert.de)
Wer seine Güter an Gewerbekunden verkauft, kommt um einen eigenen B2B-Online-Shop folglich kaum mehr herum. Doch die Unternehmen zögern oft noch, ihre Produkte auch über eine E-Commerce-Plattform zu vertreiben. Vor allem der Mittelstand fängt gerade erst an, sich mit den Möglichkeiten des digitalen B2B-Vertriebs zu beschäftigen. „Unserer Erfahrung nach ist der deutsche Mittelstand in Sachen B2B-Commerce nicht gut aufgestellt, weil er sich vor dem Schritt ins Digitale fürchtet“, bestätigt Pascal Palm, Head of Business Development bei der Digitalagentur enno.digital. Viele B2B-Händler hätten auch Angst vor der schnellen Vergleichbarkeit der Angebote.
Da ist also durchaus noch Luft nach oben. Der eco, der Verband der Internetwirtschaft, und die Unternehmensberater von Arthur D. Little erwarten im B2B-E-Commerce immerhin eine jährliche Wachstumsrate von stolzen 15 Prozent. Und laut der Studie „B2B-E-Commerce 2019“ des IFH Köln betrug der E-Commerce-Umsatz im B2B-Bereich in Deutschland vergangenes Jahr 1,3 Billionen Euro.
Pascal Palm
Pascal Palm
Head of Business Development bei enno.digital
www.enno.digital
Foto: enno.digital
„Unserer Erfahrung nach ist der deutsche Mittelstand in Sachen B2B-Commerce nicht
gut auf­gestellt.“
Doch noch ist bei vielen Unternehmen der Druck nicht groß genug, ihren B2B-Umsatz über E-Commerce zu generieren. Insbesondere traditionelle Branchen, die über Jahre erfolgreiche Geschäftsprozesse etabliert haben, verfügen über gefüllte Kassen und machen noch gute Geschäfte. „Entsprechend gering ist der gefühlte Handlungsdruck. Man wartet ab und beobachtet“, erklärt André Roitzsch, CEO der Agentur Shopmacher. Das Business drehe sich aber derzeit so schnell, dass es in fünf Jahren schon zu spät sein könne, um das nachzuholen, was man heute verpasst habe. „Vielerorts wird B2B-E-Commerce noch als ‚nice to have’ und nicht als ‚must have’ angesehen“, ergänzt Björn Leonhardt, Director Software Engineering und Commerce Cloud beim Cloud-Spezialisten Salesforce.
Optimierung des B2B-E-Commerce
Die Mittelstand-4.0-Agentur Handel ist Teil der Initiative „Mittelstand 4.0 - Digitale Produktions- und Arbeitsprozesse“, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert wird. Sie empfiehlt folgende Checkliste für die Implementierung eines B2B-E-Commerce-Geschäftsmodells.
Autorisierungsstufen: Innerhalb der zu beliefernden Unternehmen sind häufig verschiedene Berechtigungsstufen erforderlich. So werden für unterschiedliche Abteilungen unterschiedliche Befugnisse hinsichtlich Produktsortiment oder Budget festgesetzt. Ein B2B-Online-Shop sollte diese Abstufungen anhand unterschiedlicher Logins mit entsprechender Bestellautorisierung abbilden können.
Benutzerfreundlichkeit: In Sachen Benutzerfreundlichkeit sollten B2B-Händler von den Erfahrungen aus dem Endkundengeschäft lernen. B2B-Kunden erwarten auch im betrieblichen Einkauf einen gewissen Komfort.
Bestellauslösung: Wird die vom Kunden getätigte Bestellung an das eigene Warenwirtschaftssystem oder an einen externen Lieferanten übertragen? Wenn der B2B-Shop zum Beispiel als Drop-Shipping-Modell betrieben wird, hält der Händler die Ware gar nicht selbst vor, sondern leitet die Bestellung direkt an den Lieferanten weiter. In diesem Fall sollte der Online-Shop direkt mit dem Lieferanten verbunden sein.
Flexibilität und Skalierbarkeit: Um den sich rasch verändernden Marktbedingungen begegnen zu können, ist eine anpassbare und skalierbare Plattform erforderlich.
Konsistentes Cross-Channel-Management: Sämtliche Kommunikations- und Vertriebskanäle sollten eng miteinander verzahnt werden, um sich Geschäftskunden auf kanalübergreifenden Customer Journeys einheitlich zu präsentieren.
Kundenservice: Auch und gerade bei kanalübergreifenden Aktivitäten ist es unumgänglich, dass alle Service- und Vertriebsmitarbeiter auf dieselben Informationen zurückgreifen, um dem Kunden einen nahtlosen Kanalwechsel zu ermöglichen und ihn auf diese Weise ideal beim Informations- und Bestellprozess zu unterstützen. Durch Selfservice-Funktionen lässt sich die Kundenzufriedenheit steigern und eine langfristige Kundenbindung realisieren.
Lagerbestandsabgleich: Der Abgleich von Lagerbestand, Bestellungen und Reservierungen ist eine besondere Herausforderung. Erst durch eine wechselseitige Synchronisierung der verschiedenen Kanäle in Echtzeit ist eine konsistente Informationsgrundlage gegeben.
Mobile Commerce: Zwar läuft bisher erst ein vergleichsweise geringer Teil des B2B-Geschäfts über mobile Endgeräte, allerdings nimmt die Zahl von Tablets und Smartphones rasant zu, sodass Mobile Commerce künftig zunehmend relevant werden wird.
Neue Medienkanäle: Durch die Integration zusätzlicher Angebote und Services wie Produktvideos, Webinare oder FAQs lassen sich B2B-Produkte, die häufig erhöhten Erklärungsbedarf aufweisen, informativ ergänzen.
Online-Shop-Zugang: Der Zugang zum B2B-Online-Shop unterscheidet sich erheblich vom Zugang zu einem Endkunden-Shop. Neben dem klassischen Login im Browser sind im Geschäftskundenumfeld auch direkte Anbindungen zum Beispiel an das SAP-System des Geschäftskunden möglich. Außerdem sind Anbindungen über ein spezielles Extranet gängig.
Personalisierung: Durch personalisierte Marketing-Aktivitäten können Kunden und Interessenten mit relevanten Informationen angesprochen werden. Reizüberflutung beim Kunden kann dadurch verhindert und eine höhere Empfänglichkeit gewährleistet werden.
Reporting und Analytics: Um verschiedenste Maßnahmen nachhaltig effizient steuern zu können, ist eine zielgerichtete Analyse und ein informatives Berichtswesen erforderlich. Sämtliche E-Commerce-Aktivitäten sollten analysiert und vorhandene Daten konsequent verwertet werden, um Optimierungsmöglichkeiten aufzudecken.
Preisgestaltung: Im B2B-Handel gibt es selten starre Preise. Preisdifferenzierung, Rabattierung und die Orientierung an aktuellen Marktpreisen sind häufig elementar für den Geschäftskundenhandel. Wie bildet der Online-Shop diese Komplexität ab? Verfügt die Plattform beispielsweise über Tools zur dynamischen Preissetzung (Dynamic Pricing)?
Social Media: B2B-Kunden beziehen die Meinung anderer Geschäftskunden in ihren Informationsprozess mit ein. Soziale Netzwerke wie Facebook, Xing oder Twitter sollten daher genutzt werden, um auf das eigene Unternehmen aufmerksam zu machen, Kommunikation mit Kunden zu betreiben und Feedback über Produkte und Prozesse zu gewinnen.
Zielgruppe: Gerade im B2B-Handel kommen ausgesprochen unterschiedliche Zielgruppen in Betracht. Richtet sich der Online-Shop an Wiederverkäufer oder an Unternehmen, die die Produkte selbst nutzen? Je klarer man sich über das Kundensegment wird, desto zielgerichteter kann der Kunde angesprochen werden.
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