Die Digitalisierung mischt die Karten neu

Amazon konkurriert mit DHL & Hermes

von - 05.03.2015
Die Autobranche ist nicht die einzige, die sich neuen Mitbewerbern gegenübersieht. Amazon will Bestellungen selbst ausliefern – mit Drohnen. Die Pakete finden automatisiert vom Lager zum Kunden, auf kürzestem Weg und mit geringsten Lieferverzögerungen. Für Paketdienste wäre der Verlust von Amazon als Kunde gravierend.
Für Amazon wäre dieser Digitalisierungschritt hingegen immens wichtig. Man würde nicht nur selbst zum Transportdienstleister und könnte ein weiteres Geschäftsfeld erobern, man könnte auch Unabhängigkeit erreichen und die Zufriedenheit der Kunden weiter steigern.
Amazon Prime Air: Amazon will Pakete selbst ausliefern und damit ein weiteres Geschäftsfeld erobern.
Träte Amazon als Konkurrenz zu DHL und Hermes auf, dann würde der Kunde profitieren. Er könnte dank GPS exakt nachverfolgen, wo sich sein Paket gerade befindet und wie viele Minuten es noch dauert, ehe es abgesetzt wird. Gleichzeitig würden DHL und Co damit unter Zugzwang geraten.
Dr. Christian P. Illek, Vorsitzender der Geschäftsführung, Microsoft Deutschland
Dr. Christian P. Illek, Vorsitzender der Geschäftsführung, Microsoft Deutschland: „Wir schaffen das digitale Wirtschaftswunder!“
In China hat Alibaba jüngst ein dreitägiges Testprogramm mit Drohnen absolviert. An 450 Kunden wurde eine Packung Ingwertee ausgeliefert. Mehr Last als eine Packung Tee konnten die Drohnen noch nicht transportieren.
Das sind noch längst nicht alle, die wegen der Digitalisierung in fremden Gewässern fischen. Apple und Sony stellen Uhren und Fitnessarmbänder her, die man sich irgendwann vielleicht eher ums Handgelenk bindet als eine Swatch, Garmin oder Rolex. Microsoft baut Tablet-Computer, Smart­phones und die Augmented-Reality-Brille Hololens, die ganz neue innerbetriebliche und private Abläufe erlaubt. Und Facebook wird vom Social Network für College-Studenten zum Werbenetzwerk und zum Nachrichtenlieferanten aufsteigen.
Die Digitalisierung fördert in allen Wirtschaftszweigen neue Konkurrenten. Unternehmenslenker sind deshalb gut beraten, wenn sie beim Rennen um die Digitalisierung nicht nur nach links und rechts gucken, sondern möglichst das gesamte Läuferfeld überblicken. Der Startschuss ist gerade erst gefallen.

Wegdigitalisiert

Am Ende des Tages müssen sich Angestellte und Unternehmen fragen, wo sie in fünf, zehn oder zwanzig Jahren stehen werden. Denn die digitale Transformation bedeutet, dass zahlreiche Berufsbilder und Geschäftsmodelle ihre Existenzberechtigung verlieren. Sie werden wegdigitalisiert. Sehr eindrücklich zeigt das Kodak.
Ein Beispiel, wie die digitale Transformation ein Unternehmen mit mehr als einhundertjähriger Geschichte in den Niedergang treiben kann, ist Kodak. Seit 1888 stellte Kodak Fotoapparate her und galt jahrzehntelang als innovatives Unternehmen. Den ersten für Hobbyfotografen tauglichen Farbfilm bot Kodak 1935 an. 1963 folgte die Instamatic, deren quadratisches Fotoformat unter anderem als Vorlage für den Bilder-Blogging-Dienst Instagram und ähnliche Webservices diente.
Digitalkamera Kodak DC100
Kodak DCS-100: Mit der ersten Digitalkamera läutete Kodak den Untergang einer gesamten Branche ein und stand am Ende selbst als Verlierer da.
Bereits 1975 entwickelte der Fotopionier dann die Digitalkamera. Damals war das eine Sensation, heute ist sie Alltag. Es dauerte lange 16 Jahre, bis Kodak 1991 unter dem Namen DCS-100 die weltweit erste Digitalkamera auf den Markt brachte. Damit zündete das Traditionsunternehmen den Funken, der eine gesamte Branche, aber auch das Unternehmen selbst zur Implosion brachte und damit ein besonderes Sinnbild der Digitalisierung schuf.
Trotz des Vorsprungs, den Kodak bei der digitalen Fotografie hatte, wollte man sich nämlich weiterhin auf das Geschäft mit der analogen Fotografie stützen und trieb die digitale Kameratechnik nur zögerlich voran. Die mit Nikon als Partner vertriebenen Kameras waren zudem so teuer, dass Mitbewerber wie Canon und Sony durch deutlich niedrigere Preise große Marktanteile gewinnen konnten. Schon kurz nach der Jahrtausendwende setzte der Abwärtstrend der analogen Fotografie ein und riss Kodaks in den Abgrund.
Anfang 2012 gab es bereits die ersten Insolvenz-Informa­tionen. Der Aktienwert sank auf 1 Dollar. 1100 Patente verkaufte das Unternehmen für 525 Millionen Dollar an ein Konsortium, unter anderem aus Amazon, Microsoft, Google, Facebook und Apple bestehend, um sich sanieren und überlebenswichtige Kredite aufnehmen zu können.
Der Pionier der digitalen Fotografie stolperte über die eigene Entwicklung und musste wichtige Schutzrechte dieser Technologie an IT-Firmen veräußern.
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