Chancen und Risiken

Freies WLAN - Das Drahtlos-Dilemma

von - 26.07.2016
WiFi
Foto: Blan-k / Shutterstock.com
Die deutsche Politik will Hemmnisse für den Betrieb offener WLAN-Netze beseitigen. Damit tun sich für Betreiber neue Chancen, aber auch neue Risiken auf.
Wer in Hongkong unterwegs einen kostenlosen Zugang zum Internet sucht, der kann sich auf die Stadtverwaltung verlassen. Rund um jedes öffentliche Verwaltungsgebäude steht nicht nur ein, sondern gleich zwei offene WLANs zur Verfügung: "freegov wifi" und "freegovwifi-e". Vor ­allem zur Variante ohne das ­angehängte "e" ist der Zugang kinderleicht. Das Smartphone verbindet sich ohne weitere Eingaben mit dem Funknetz. Öffnet man dann seinen Browser, landet man auf einer Website der Verwaltung der südostasiatischen Metropole, die einem die Zugangsdaten zum anderen, verschlüsselten Netz nennt - das ist alles.
Honkong
Honkong: Die asiatische Metropole bietet rund um jedes öffentliche Verwaltungsgebäude freies Internet.
(Quelle: Sean Pavone / Shutterstock.com )
Der Grund für diese ungewöhnliche Maßnahme: Damit will die Verwaltung der fernöstlichen Millionenstadt das Bewusstsein der Handynutzer dafür schärfen, dass ein wirklich offenes, also unverschlüsseltes WLAN ein ­Sicherheitsrisiko ist. Dass die Hongkonger Behörden ihre Bürger in Sachen Smartphone gern an die Hand nehmen, wird schon am Flughafen deutlich: An jeder Rolltreppe prangt der Hinweis, man möge bitte nicht nur auf sein Handy starren, denn das ­könne böse enden.
In Sachen Smartphone-Nutzung sind nicht nur die Asiaten, sondern auch viele andere Länder der Welt den Deutschen weit voraus. Für den technologischen Rückstand gibt es einen Grund: Nirgends gibt es so wenige offene Funknetze wie in Deutschland. Verantwortlich für diese Situation ist eine rechtliche Konstellation, die ziemlich einzigartig ist. Die Stichworte dazu heißen Störerhaftung, Provider-Haftungsprivileg und Abmahnung.

Störerhaftung: Ein deutsches Kuriosum

Im Kern geht es bei der Störerhaftung darum, dass jeder, der in Deutschland ein WLAN-Funknetz betreibt, dafür mitverantwortlich ist, wie dieses Netz genutzt wird. Lädt beispielsweise jemand per Filesharing illegal ­urheberrechtlich geschützte Musik oder Videos ins Internet, kann er dafür belangt werden. Als Beweis taugt die IP-Adresse, die dafür genutzt wurde. Die Betreiber ­eines offenen WLANs mussten sich bislang die Aktivitäten eines jeden Nutzers zurechnen lassen, der sich in ihr Netz eingeloggt hat - bei unverschlüsselten Netzen mit freiem Zugang ein untragbares Risiko. Sobald eine illegale Nutzung festgestellt wird, haftet der Betreiber des WLAN-­Zugangs nach deutschem Recht als Mitstörer.
Dieser Umstand ist eigentlich ein Kurio­sum, denn ebenso wenig wie die Post ­dafür haftet, wenn Dinge, die nicht legal sind, über sie verschickt werden, sind ­Telefongesellschaften für den Inhalt der Gespräche verantwortlich, die ihre Kunden führen. Auch professionelle Internet-Zugangsanbieter (ISP) haften nicht für die Daten, die sie übertragen - sie dürfen in den Datenstream noch nicht einmal hineinschauen. Dieses Haftungsprivileg ist im Telemediengesetz (TMG) festgeschrieben.
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