Freies WLAN - Das Drahtlos-Dilemma

Änderung des Telemediengesetz

von - 26.07.2016
Die Änderung des TMG, die der Bundestag Anfang Juni verabschiedet hat, sieht eben diese Regelung auch für die Betreiber von öffentlichen WLANs vor. "Jetzt kann jeder sein Netz öffnen und hat keine Haftungsrisiken", freut sich Lars Klingbeil, netzpolitischer Sprecher der ­SPD-Fraktion über den Erfolg seiner Partei.
Dennoch bleiben nach Ansicht von Juristen wie dem Düsseldorfer Anwalt ­Christian Solmecke Haftungsrisiken für die Betreiber offener WLAN-Netzwerke. Rechteinhaber, also konkret die rechtlichen Vertreter von Film- und Musiklabels, könnten versuchen, die Netzbetreiber im Zuge einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung auf Unterlassung zu verpflichten. Wie sich diese Situation in der Zukunft entwickeln wird, ist zum derzeitigen Zeitpunkt unklar. Allerdings hat EU-Generalanwalt Maciej Szpunar bereits im März 2016 die Ansicht geäußert, dass der Betreiber eines Cafés, eines Hotels oder eines Geschäfts nicht für Urheberrechtsverletzungen seiner Gäste im kostenfreien Haus-WLAN verantwortlich ­gemacht werden könne. 

Provider arbeiten an einem riesigen Hotspot-Netz

Parallel arbeiten vor allem die großen Telcos und Kabelnetzbetreiber daran, die ­Republik mit WLAN-Zugangspunkten zu überziehen. Dazu nutzen die Internet-­Zugangsanbieter die WLAN-Router, die ihre Endkunden von ihnen bezogen ­haben, und aktivieren eine Zusatzfunktion. Neben dem privaten Drahtlosnetz, das der Kunde zu Hause für seine Zwecke nutzt, baut der Router ein zweites Netz auf. Darauf sollen dann auch andere Kunden des Anbieters Zugriff haben. Auf ­diese Weise wollen Telekom, Vodafone und Unitymedia WLAN-Hotspots quasi an jeder Ecke ermöglichen. Allein Unitymedia spricht von 1,5 Millionen Geräten, die dafür genutzt werden könnten.
Doch vielfach haben die Provider dabei die Rechnung ohne die Endkunden ­gemacht. Besonders Unitymedia geriet Anfang des Jahres in die Schlagzeilen, als der Breitband-Kabelanbieter bekannt gab, man werde auch ohne Einwilligung der Endkunden die Router in ihren Wohnzimmern als WLAN-Zugriffspunkte für andere Unitymedia-Kunden nutzen.
Aus Sicht des Kabelnetzbetreibers ist das kein Problem. Schließlich habe der Kunde keinen Nachteil davon, wenn über seinen WLAN-Router auch andere Nutzer surfen. Die Bandbreite, so verspricht Unitymedia, werde säuberlich getrennt. Dennoch geriet das Unternehmen unter Druck, die Verbraucherzentrale NRW klagte gegen den Kabelnetzbetreiber. Wolfgang Schuldzinski, Chef der Zentrale, sagt dazu: "Der Kunde muss selbst entscheiden können, ob über seinen Router ein Hotspot geschaltet wird oder nicht." Das generelle Unwohlsein, das viele Kabelkunden bei dem Gedanken befällt, ihre Infrastruktur mit Wildfremden teilen zu müssen, ist nicht völlig aus der Luft gegriffen: WLAN-Router sind inzwischen beliebte Einfallstore für Hacker und Cyberkriminelle, denn wer Zugriff auf den Router hat, dem stehen automatisch alle daran angeschlossenen Computer offen. Während Markenhersteller wie AVM oder Lancom Systems bekannt gewordene Sicherheitslücken bei ihren Produkten zeitnah durch Software-Updates fixen, hinken die Netzbetreiber in dieser Beziehung häufig hinterher - schließlich entwickeln sie ihre Endgeräte selten selbst.
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