Das IoT ermöglicht ganz neue Geschäftsmodelle

Der Weg zum Business-Modell

von - 22.10.2018
Wie gelingt der Sprung auf ein Smart-Service-Geschäfts­modell? Der Umstieg von produkt- auf datenzentrierte Geschäftsmodelle ist immer mit großen Veränderungen und dem Aufbrechen verkrusteter Strukturen verbunden.
Intelligenter Stromzähler
Beispiel intelligenter Stromzähler: Die Daten dieser smarten Zähler lassen sich etwa nutzen, um variable Tagestarife anzubieten.
Ein bereits bestehendes Geschäftsmodell sollte grundsätzlich neu ausgerichtet werden: Der Fokus muss von der Herstellung und dem Verkauf von Produkten auf die Konzipierung von Services verschoben werden. Ziel sollte ein neues, digitales Geschäftsmodell sein, das mittelfristig das bestehende Business-Modell ergänzt und langfristig veredelt oder sogar ablöst.
Dafür braucht der künftige Serviceanbieter ein umfassendes Verständnis des Nutzers, seiner Verhaltensweisen und Ansprüche. Die Nähe zum Kunden ist unumgänglich. Am besten gelinge das dadurch, dass der Kunde nicht als Abnehmer von Produkten gesehen, sondern aktiv in die Entwicklung eingebunden werde, sagt Oliver Horn, Senior Solutions Architect beim Software-Hersteller Red Hat (siehe auch nebenstehendes Interview). Ein hohes Disruptionspotenzial ist von Nutzen: Traditionen sollten hinterfragt, eine andere Denkweise entwickelt und alternative Perspektiven eingenommen werden. Altbewährtes sollte dabei grundsätzlich infrage gestellt und schrittweise in neue Strukturen überführt werden.
IoT-Experten raten dazu, das Motto „Think big, start small, scale fast“ zu beherzigen. Um sich nicht zu verzetteln, sollten datenbasierte Geschäftsmodelle zunächst im kleinen Maßstab („start small“) begonnen und ausprobiert werden. Sind die ersten Schritte erfolgreich, dann kann der Testansatz weiterentwickelt und ausgebaut werden, um die für Smart Services dringend erforderliche Skalierbarkeit zu ermöglichen („scale fast“).

Servicebasierte Business-Modelle

Welche Modelle in einem datenbasierten Ansatz grundsätzlich möglich sind, haben Ralph Hofman und Arent van t’Spijker, Partner der niederländischen Consulting-Firma Blink­lane, mit ihren „Patterns in Data Driven Strategy“ ausgearbeitet. Die Modelle decken ein breites Spektrum ab – von einfachen bis hin zu komplexen Ansätzen. Wir beschränken uns auf drei einfachere Modelle:
Daten direkt monetarisieren: Der direkte Verkauf von Daten ist ein erster, allerdings ziemlich trivialer Ansatz, um Daten ohne größeren Aufwand zu monetarisieren. In diesem Modell zieht ein Unternehmen unmittelbar Nutzen aus seinen Rohdaten, indem es diese unverarbeitet und anonymisiert an Interessenten veräußert. Beispielsweise können Unternehmen Kundendaten an kommerzielle Marktforschungsinstitute ver­kaufen.
Produkt- und Service-Verbesserung: Hier werden Daten genutzt, um bereits bestehende Produkte und Dienste zu verbessern oder zu erneuern. Im simpelsten Fall erfolgt dies durch Hinzufügen eines einfachen Zusatzmerkmals. Lukrativer ist die Entwicklung einer gänzlich neuartigen Lösung – aus neuartigen Lösungen werden oft eigenständige Produkte, die weniger abhängig vom Originalprodukt sind. Eine Bank kann zum Beispiel ihre Daten verwenden, um ihre bestehenden Produkte zu verbessern – oder völlig neue Angebote zu schaffen. Sie kann etwa auf Basis der Kundendaten eine App entwickeln oder ein Dashboard für eine Ausgabenübersicht. Dieser Service kann erst über die durch Kundendaten gewonnenen Erkenntnisse generiert und zusätzlich zum bestehenden Online-Banking angeboten werden.
Commodity Swap: Im Commodity-Swap nutzt ein Unternehmen ein beliebtes und häufig verkauftes Produkt oder eine Dienstleistung als Mittel zur Generierung von Daten. Die Daten werden verwendet, um eine neue Dienstleistung zu erstellen, die untrennbar mit dem Warenangebot verbunden ist. Geschäftsmodelle unterscheiden sich in der Art und Weise, wie diese Kombination monetarisiert wird. In einigen Fällen werden die Datenprodukte in Kombination mit einem bestehenden Warenvertrag kostenlos angeboten. In anderen Fällen wird die Ware zu einem wettbewerbsfähigen Preis angeboten, während die Datenprodukte zu einem Premium-Preis angeboten werden.
Energieversorger setzen dieses Modell häufig ein. Die bei den Endverbrauchern installierten „intelligenten“ Zähler (Smart Meter) messen nicht nur die verbrauchte Strommenge. Sie erfassen auch Daten wie die Nutzungsdauer, die Schwankungen im Stromnetz und welche Geräte den Strom verbrauchen. Diese Daten werden an das Versorgungsunternehmen zurückgesendet und dort in einer Datenbank gespeichert. Die Informationen lassen sich verwenden, um zum Beispiel variable Tagestarife anzubieten.
Mark Schulte
Mark Schulte
Senior Consultant bei IDC Deutschland
www.idc.de
„Ging es in der Ver­gangenheit um ein hek­tisches Vernetzen von ­Objekten und Dingen, geht es nun um die zügige Verbreitung ausgereifter IoT-Anwendungsfälle.“

Fazit

Die Möglichkeiten, mit IoT, smarten Produkten und Dienstleistungen erfolgreich zu sein, sind vielfältig. „Ging es in der Vergangenheit um ein hektisches Vernetzen von Objekten und Dingen, geht es nun um die zügige Verbreitung ausgereifter IoT-Anwendungsfälle“, sagt Mark Schulte, Senior Consultant bei IDC Deutschland, in einem Kommentar zur IDC-IoT-Studie. Für Frank Riemensperger, Vorsitzender der Geschäftsführung von Accenture Deutschland, ist entscheidend, dass die deutschen Leitbranchen die Potenziale des Internets der Dinge nutzen. „Wer zwar ein tolles Produkt herstellt, aber dazu keine digitalen Services anbietet, muss schnellstens umdenken“, erklärte Riemensperger anläss­­lich der Veröffentlichung der Accenture-Studie „Driving Un­conventional Growth Through the Industrial Internet of Things“.
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