Digitale Transformation ist der falsche Begriff

Neue Kultur unter den Digital Natives

von - 28.02.2019
Zweitens gibt es eine neue Kultur unter den Digital Natives, die keine Welt mehr ohne digitale Anwendungen kennen. Ihre Apps, Geräte und Programme verändern sich und werden wie beschrieben auch nach dem Kauf immer besser. Danach streben die Menschen auch persönlich. Sie wissen um ihre Fähigkeiten und wollen sie permanent verbessern. So sind es nicht mehr die Firmen, die sich ihre Angestellten aussuchen können, sondern die Angestellten suchen sich ein Unternehmen aus.
Das dritte Element der Transformation ist die Einfachheit und damit Geschwindigkeit, mit der Innovation geschieht. Die digitale Technologie erlaubt es heute, eine Disruption fast ohne Ressourcen auf den Markt zu bringen. Deshalb funktionieren allerdings auch viele althergebrachte Managementmethoden nicht mehr, die von linearen Zusammenhängen ausgehen. In der digitalen Welt gibt es kaum Linearität, alle Entwicklungen geschehen in komplexen Systemen und sind exponentiell - Menschen denken aber sehr linear. Um der Komplexität Herr zu werden, muss deshalb mit permanentem Feedback und mit Korrekturen gearbeitet werden.
com! professional: Wenn Geld keine Rolle spielen würde, welche Innovation würden Sie sofort vorantreiben?
Ganns: Unsere digitalen Lösungen entwickeln sich immer mehr zu intelligenten Kochassistenten. Das beginnt bei einem intelligenteren Gerät und geht weiter zu intelligenteren Apps und einem intelligenteren Ökosystem. Die Strategie dahinter ist: Der Thermomix steht nicht nur in der Küche, er soll als App den Kunden in seinem Alltag begleiten. So wird er noch stärker beim Erreichen individueller Ziele helfen: mehr kochen, gesund kochen, lokale Zutaten verwenden und abnehmen. Das Ökosystem könnte dem Kunden eine Erinnerung senden: „Du wolltest zweimal pro Woche kochen. Dieses Ziel hast Du noch nicht erreicht. Hier ist ein Vorschlag für ein neues Rezept aus Deinem Geschmacksspektrum und hier ist die zugehörige Einkaufsliste.“
com! professional: Das wäre vergleichbar mit Amazons digitaler Assistentin Alexa für den Thermomix?
Ganns: Alexa oder Google Home sind in Wahrheit ja nur Zugangspunkte, so wie Facebook oder WhatsApp. Unser Gerät und unser Ökosystem sind die „Intelligenz“ dahinter. Der Thermomix wird von unserem Berater beim Kunden in der Küche installiert und der Kunde erhält eine persönliche Einführung - das ist aus Customer-Experience-Sicht unschlagbar. In Zukunft wird aber der Thermomix selbst noch aktiver werden und den Kunden kennenlernen. Mit Machine Learning können wir das Gerät für den Benutzer individuell einstellen. So könnte anhand der Präferenzen des Kunden eine Vorauswahl aus den Tausenden verfügbaren Rezepten getroffen werden.
com! professional: Der Thermomix ist das Haupt­geschäft von Vorwerk Digital. Welche Pläne haben Sie für die Staubsauger?
Ganns: Bis jetzt waren nur die Küchengeräte der Fokus von Vorwerk Digital. Das wird sich schrittweise ändern, denn auch das Staubsauger-Business wird mehr digitale Lösungen bekommen. Da gibt es viele naheliegende Anwendungsbereiche rund um ein smartes Zuhause. Der Trend zu autonomen, akkubetriebenen Haushaltshelfern ist nicht aufzuhalten.
com! professional: Und wann kommt der intelligente Teppich?
Ganns: (lacht) Stimmt, die Teppichwerke sind ein Traditions­geschäft von Vorwerk. Es ist relativ klein, aber für die Unternehmerfamilie dennoch recht wichtig. Die Idee für einen intelligenten Teppich ist schon Jahrzehnte alt: Wenn ein Bewohner stürzt und sich nicht mehr regt, soll der Teppich das registrieren und melden. Ein solches Feature wurde vor Jahren von Ingenieuren vorgeschlagen, schaffte es aber nicht zur Marktreife. Eine andere Anwendung wäre etwa eine Augmented-Reality-App, die einen Vorwerk-Teppich virtuell in den Wohnraum legt. Eine spannende Technologie, die seit Kurzem auch für die Erklärung des Saugroboters eingesetzt wird
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Vorwerk Digital
Das Familienunternehmen Vorwerk hat sich in seiner 135jährigen Geschichte von einer Teppichfabrik zu einer internationalen Unternehmensgruppe mit Zentrale in Wuppertal entwickelt. Sie stellt heute Haushaltsgeräte, Kosmetika und Teppiche her und agiert auch als Finanzdienstleister. 2016 wurde die virtuelle Organisation „Vorwerk Digital“ in Zürich und anderen Standorten etabliert, um digitale Ergänzungen für das Kerngeschäft zu entwickeln.
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