Vorsprung durch digitale Zwillinge

Technik mit Potenzial

von - 26.11.2018
Heitec
Digitale Zwillinge bei Heitec: Der Maschinenhersteller optimiert damit die Produktion neuer und die Wartung ausgelieferter Maschinen.
(Quelle: Heitec)
Die Digital-Twin-Technologie verspricht viele Verbesserungen gleich auf mehreren Ebenen: „Wie grundsätzlich bei virtuellen Entwicklungsmethoden geht es darum, Produkte leistungsfähiger, haltbarer oder sicherer zu machen, deren Entwicklung zu beschleunigen und die Kosten zu reduzieren“, beschreibt Christian Kehrer, Business Development Manager System Modeling bei Altair, einem Anbieter von Simulationstechnologien und Ingenieurdienstleistungen, die grundsätzliche Zielsetzung beim Einsatz digitaler Zwillinge.
Das ist aber längst nicht der einzige Grund, warum viele Branchenanalysten und Experten dieses Konzept zu einem der derzeit wichtigsten Technologietrends zählen. Für Siemens-Director Tom Maurer zum Beispiel liegt technisch gesehen der Wert eines digitalen Zwillings vor allem auch da­rin, dass er einen geschlossenen Regelkreis zwischen tatsächlichen Leistungsdaten und dem simulationsbasierten Modell des Produkts oder der Anlage im Betrieb gewährleistet.
Solche Feedback-Schleifen schaffen völlig neue Anwendungsmöglichkeiten. Sie gewähren einen umfassenden Einblick in das Betriebsverhalten eines Produkts und ermöglichen somit eine vorausschauende Instandhaltung. „Mit Hilfe des digitalen Zwillings in Form eines kontinuierlich mitlaufenden Datenmodells und mittels Messdaten, die laufend aus dem Betrieb eingelesen werden, werden Wartungsintervalle optimiert“, bestätigt Math­Works-Industriemanager Philipp Wallner. So können sowohl Stillstände von Maschinen  oder Anlagen als auch unnötige Wartungseinsätze vermieden werden.
Dank der digitalen Zwillinge entsteht eine durchgehende Verbindung zwischen dem echten Objekt oder Produkt und seinem virtuellen Abbild. „Mit Technologien wie Big Data, Machine Learning, IoT und Echtzeit-basierten Simulationsmodellen können Unternehmen zu jeder Zeit das Verhalten einer industriellen
Anlage verstehen“, unterstreicht Srivathsan Govindarajan von SAP. Das ermöglicht es, die Zukunft vorherzusagen und umsetzbare Handlungen vorzuschlagen, um optimale Ergebnisse zu erzielen. „Unternehmen, die einen digitalen Zwilling implementieren, sind in der Lage, einen flexiblen Fertigungsansatz zu verfolgen“, weiß Siemens-Experte Tom Maurer. Durch den digitalen Zwilling kann sowohl die Markteinführungszeit verkürzt als auch die Produktivität auf allen Ebenen des Unternehmens gesteigert werden.
Nach Maurers Meinung können zudem durch zustandsbasierte Support-Modelle ganz neue Geschäftsmöglichkeiten entstehen: „In Zukunft können nicht nur Produkte selbst, sondern auch die Leistung des Produkts Gegenstand eines Kaufvertrags werden.“
Auf einen weiteren Aspekt macht Deloitte-Analyst Andreas Gentner aufmerksam. Ihm zufolge stiften digitale Zwillinge einen Mehrwert, der über die reine Vernetzung von physischen Objekten deutlich hinausgeht: „Die permanente Erhebung von Status-, Betriebs- und Standortdaten und deren intelligente Analyse und Visualisierung schaffen ein neues Maß an Transparenz und Effizienz“, betont Gentner.
Über offene Schnittstellen sei potenziell sogar eine übergreifende Kommunikation unterschiedlichster Subsegmente wie Connected Cars, Smart Home oder Smart City möglich. „Diese Kommunikation kann künftig einen erheblichen gesellschaftlichen Mehrwert schaffen, beispielsweise durch eine intelligente Verkehrssteuerung“, so Andreas Gentner weiter.
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