Partnerschaften für digitale Ökosysteme

Merkmale von Ökosystemen

von - 08.09.2020
Digitale Ökosysteme gelten als Treiber der digitalen Transformation. Doch was macht derartige Ökosysteme eigentlich aus? Der Begriff Ökosystem wurde aus der Natur entlehnt. „Dort ist es ja so, dass in einem Ökosystem, etwa einem Teich sowie dessen Umgebung, mehrere Pflanzen und Tiere interagieren. Falls ein Akteur zu viel aus dem Ökosystem entnimmt, also falls es zum Beispiel zu viele Algen im Teich gibt, kippt das Ökosystem. Das Prinzip hat man nun auf die BWL übertragen“, erläutert Patrick Ulrich, Professor für Unternehmensführung an der Hochschule Aalen und Privatdozent an der Universität Bamberg. Für ihn hat jedes Unternehmen ein Ökosystem in Form eines Netzwerks der Stakeholder, sprich auch Kunden und Lieferanten.
Ein digitales Ökosystem setze stärker auf Vernetzung durch Informations- und Kommunikationstechnologien. Das passiert laut Patrick Ulrich häufig durch eine Plattform wie bei den großen Digitalkonzernen. „Man könnte sagen: Ökosysteme können prinzipiell auch ohne Plattform leben, eine technologische Plattform ist aber ohne den Content wertlos, der erst durch die Stakeholder im Ökosystem entsteht“, so Ulrich.
Markus Seiz
Markus S. Seiz
Director Deloitte Private
www.deloitte.com
Foto: Deloitte
„Das Ökosystem zeichnet sich im Gegensatz zu einer reinen Wertschöpfungskette durch eine stärkere Vernetzung der Akteure aus. Zudem ist nicht immer der größte Fisch der stärkste.“
Markus S. Seiz, Director Deloitte Private, ergänzt: „Früher haben wir in Wertschöpfungsketten gedacht. Wer ist Kunde, Lieferant und so weiter. Aber stets nur in einer Richtung. Das Ökosystem zeichnet sich im Gegensatz zu einer reinen Wertschöpfungskette durch eine stärkere Vernetzung der Akteure aus. Zudem ist nicht immer der größte Fisch der stärkste. Im Ökosystem gibt es natürlich auch bessere und schlechtere Positionen, aber auch kleine Spezialisten können hier erfolgreich sein.“

Kooperation im Netzwerk

Zentral für Ökosysteme sind der Netzwerkgedanke und die Kooperation. Angesichts des hohen Tempos der Digitalisierung, der kurzen Innovationszyklen und knapper finanzieller und personeller Ressourcen wächst auch der Druck auf eta­blierte Firmen, Optionen für Kooperationen auszuloten, um in ihrem Geschäftsmodell erfolgreich zu bleiben oder auch neue Services zu entwickeln. Ein Beispiel dafür ist die Automobilindustrie, in der langjährige Konkurrenten etwa bei Karten- und Navigationsdiensten, beim autonomen Fahren oder bei der Forschung an Batteriezellen zusammenarbeiten. Früher war das undenkbar.
„Ökosysteme bieten den Vorteil, dass Firmen ihre eigene Blase verlassen, Impulse von außen erhalten und sich über den eigenen Tellerrand hinweg austauschen, und das meist sehr nah am Problem ihrer Nutzer“, sagt Maximilian Hille, Head of Consulting beim IT-Dienstleister Cloudflight Ger­many. „Firmen können so ihr Kreativitätslimit abbauen, ihre Kernkompetenzen ausweiten und gemeinsam mit ihren Partnern wachsen. Auch Innovationen werden gefördert.“
Als Beispiel nennt er Maschinenbauer aus dem Mittelstand, die über eine Öffnung für Ökosysteme ihr eigenes Geschäftsmodell erweitern könnten, indem sie über das IoT ihre Maschinen vernetzen, datenbasierte Geschäftsmodelle aufbauen oder moderne Formen der vorausschauenden Wartung (Predictive Maintenance) ermöglichen. Dazu Maximilian Hille: „Berater müssen dem Mittelstand hier deutlich machen, dass ihm durch die Impulse von außen nichts weggenommen wird, sondern dass hier eine große Chance besteht. Welche Ressourcen sind dafür notwendig? Welche Technologien sind bereits vorhanden? Es wird schnell klar, dass Firmen hier Hilfe durch Partner von außen brauchen. Im Normalfall profitieren dann alle Beteiligten von der Kooperation.“
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