Special Schweiz II

Von Zugpferden und Bremsklötzen

von - 20.01.2021
Hürdenlauf
Foto: bizvector / shutterstock.com
Wirtschaftliche Unsicherheit und neue Arbeitsformen prägen Projekte und Kundenansprache. Die Corona-Pandemie hat viele Digitalisierungsvorhaben ad hoc in die Realität katapultiert.
Krisen waren schon immer ein Katalysator für Entwicklungssprünge. Das ist auch bei der Corona-Krise der Fall. Das Virus hat uns aus heiterem Himmel getroffen und viele dazu gezwungen, Prozesse voranzutreiben, über die man bis jetzt kaum nachdachte. Alle Pläne und Prioritäten, die im Januar und Februar definiert wurden, seien nun zur Makulatur verkommen, heißt es beispielhaft beim mitgliederstärksten Schweizer ICT-Fachverband swissICT.
„Corona hat die Arbeitswelt per Schleudersitz in die digitale Zukunft katapultiert“, ergänzt Thomas Hersche, als Country Manager beim ERP-Anbieter Sage Schweiz tätig, diese Einschätzung. Das Virus habe einen Wandel bewirkt, der sonst gedauert hätte. „Was seit Jahren ein Diskussionsthema war, ist jetzt plötzlich Realität“, stellt Thomas Köberl wiederum fest, der beim Mitbewerber Abacus das Marketing verantwortet.
Corona bereitet vielen Unternehmen Sorgen. „Firmen mit geringem Digitalisierungsgrad hatten im Lockdown Pro­bleme, den normalen Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten“, konstatiert Karl Heinz Mosbach, Geschäftsführer von ELO Digital Office. Peter Lenz, Managing Director T-Systems Region Alpine Schweiz und Österreich, schlussfolgert: „Es braucht eine neue Art des Denkens und Handelns.“ Dieses Umdenken müssten die Führungskräfte in den Unternehmen vorleben.
„Vielen Mitarbeitern fehlen die notwendigen digitalen Kompetenzen“, warnt Digicomp-CEO Peter Kupper. Corona habe diese Schwäche aufgezeigt. Dem pflichtet auch Mosbach bei. Das Virus habe Schwachstellen gnadenlos offengelegt, etwa im Gesundheitswesen oder in Geschäfts- und Verwaltungsprozessen.
Thomas Köberl
Thomas Köberl
Marketing-Verantwortlicher bei Abacus
www.abacus.ch
Foto: Abacus
„Was seit Jahren diskutiert wird, wird plötzlich Realität.“

Corona als Treiber

Die befragten Unternehmen in der IT-Branche profitieren aber auch von der Situation. Corona wird zum Zugpferd. Adesso Schweiz vermeldet zum Beispiel eine höhere Nachfrage nach Cloud-Lösungen. Im Kundenkontakt seien Chat- und Telefon-Bots gefragt sowie KI-gestützte Systeme, die E-Mails und Dokumente automatisiert verarbeiten. Roman Hugels­hofer, Managing Director Application Security und Geschäftsleitungsmitglied von Ergon, konstatiert einen vermehrten Einsatz von digitalen Medien in Schulen und einen boomenden bargeldlosen Zahlungsverkehr.
Dies könnte kaum jemand besser bestätigen als Markus Fuhrer, Leiter IT & Operations und Krisenmanager beim Finanzdienstleister PostFinan-ce. Fuhrer stellt fest, dass die Nutzungszahlen der Bezahl-App Twint durch Corona explosionsartig in die Höhe schnellten, da seither viel mehr online eingekauft wird. Der Anteil an bargeldlosen Zahlungen mit der PostFinance Card habe ebenfalls zugenommen.
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