Von Zugpferden und Bremsklötzen

Flexible Mischform

von - 20.01.2021
Ein Großteil der Mitarbeitenden schätze die Flexibilität, von zu Hause aus arbeiten zu können, sagt InfoGuard-CEO Thomas Meier. Viele Arbeitgeber hätten realisiert, dass Homeoffice besser funktioniere als gedacht. Es bringe zudem Einsparpoten­ziale mit sich, bringt es Adesso-Mann Langer auf den Punkt. Allerdings zeichne sich bereits ab, dass es nicht zu einem Paradigmenwechsel komme. Vielmehr dürften die Arbeitsmodelle komplementär eingesetzt werden. „Homeoffice wird uns sicher erhalten bleiben, jedoch nicht als Alternative zum Büro, sondern als Ergänzung“, erklärt Cisco-Manager Nazemi.
Laut Geiser von aspectra eignet sich das Arbeiten zu Hause für Administration, Ausbildung, Codieren und das Abarbeiten von Tickets. Er plädiert für ein 50:50-Modell: Die Hälfte der Arbeit soll frei von Bürozeiten und Standort erledigt werden, Sitzungen und Workshops aber im Büro stattfinden. Dieses Modell verfolgte im Lockdown auch Post­Finance. Im Rochade-Modus arbeiteten 50 Prozent der Mitarbeitenden zu Hause und 50 Prozent im Büro.
Gregor Kübler geht ebenfalls davon aus, dass sich eine Mischform etablieren wird. „Damit dies funktionieren kann, braucht es ganzheitliche Konzepte mit Handlungsanleitungen für Kommunikationswege, Anforderungen an die IT sowie Collaboration-Tools und Cybersecurity“, sagt der Head of Sales and Business Development von DataStore.
Nach Ansicht des Digicomp-CEOs Peter Kupper haben Arbeitsplatzkonzepte, die flexible Arbeitszeiten und virtuelle Zusammenarbeit ermöglichen, in der Corona-Krise ihre Zukunftsfähigkeit bewiesen. Mitarbeiter müssten aber noch lernen, digitale Tools für die Zusammenarbeit effizienter zu nutzen.
Peter Kupper
Peter Kupper
CEO Digicomp
www.digicomp.ch
Foto: Digicomp
„Vielen Mitarbeitern fehlen die notwendigen digitalen Kompetenzen.“

Kinder, Kaffee, Kontrolle?

Für Ales Kupsky, Head of Application Services und stellvertretender CEO bei Avectris, ist das Homeoffice auch eine Kulturfrage. Es fordere neue Wege der Collaboration und des Austauschs und für die Mitarbeiterführung „auf Distanz“ brauche es klar vereinbarte Ziele.
Philipp Kronenberg rät Unternehmen dazu, neue Team­rituale einzuführen. Der CEO von bbv Software Services meint damit unter anderem virtuelle Teamapéros, Remote-Stand-ups oder auch Staff Meetings. Bei IT-Problemen müsse man die Mitarbeitenden aktiv unterstützen. Die zwischen-mensch­lichen Dialoge zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden sollten geplant und forciert werden, führt Kronenberg weiter aus. 
Roman Hugelshofer, Managing Director Application Security und Mitglied der Geschäftsleitung von Ergon, stellt sogar fest, dass abteilungs- und teamübergreifende Aktivitäten ohne spezifische Maßnahmen kaum noch stattfinden würden.
Adesso-Manager Langer wiederum warnt davor, die Wichtigkeit des Austauschs zwischen Mitarbeitenden, wie er zum Beispiel in Kaffeepausen oder über Mittag stattfindet, zu unterschätzen. Für Homeoffice brauche es Alternativen, um diesen Austausch zu ermöglichen. Vorgesetzte sollten zudem die individuellen Unterschiede zwischen den Mit­arbeitenden berücksichtigen. Der introvertierte Mitarbeiter wähne sich vielleicht im Paradies, vernachlässige aber den Informationsaustausch mit seinen Kollegen. Extrovertierte Mitarbeiter könnten hingegen unter dem fehlenden Kontakt mit ihren Kolleginnen leiden.
Geiser von aspectra konstatiert einen Nachholbedarf beim Umgang mit der Arbeitszeit, der Arbeitsmethodik und dem Reporting. In diesen Punkten müssten HR-Spezialisten die Anwender schulen, da sonst rasch Unklarheiten zu Arbeitszeit, Kaffeepause und Kinderbetreuung aufkämen. Auch die Integration und die Weitergabe des Know-hows erfahrener Mitarbeiter sei im Homeoffice eine Herausforderung. Geiser warnt zudem davor, dass manche im Homeoffice zu viel arbeiten, dies aber niemandem mitteilen. Eine „soziale Kontrolle“ unter Kollegen sei ohne physische Präsenz eben schwierig, gibt er zu bedenken.
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