Smarte Verpackungen mit IoT und AR

Etiketten als Echtheitsnachweis

von - 08.01.2020
Digitale Faltschachtel
Prototyp: Die digitale Faltschachtel der August Faller Group unterstützt mit einem E-Paper-Display den Patienten bei der Arzneimitteleinnahme.
(Quelle: August Faller Group)
RFID-Tags ermöglichen eine lückenlose Überwachung der Lieferkette und sind ­daher auch eine wirksame Waffe im Kampf gegen Diebstahl und Produktpiraterie. Ein anderer Weg, Produkte vor kriminellen Machenschaften zu schützen, sind smarte Etiketten, wie sie zum Beispiel die ­Schreiner Group in Oberschleißheim bei München herstellt. Die intelligenten ­Labels werden eingesetzt, um die Echtheit des Produkts nachzuweisen und als Schutz vor Manipulation. Zum Einsatz kommen unterschiedliche Barcode-Varianten und 2D-Codes, Hologramme, Druckfarben mit Spezialpigmenten und Mikropartikeln oder Kippfarben, die je nach Blickwinkel einen anderen Farbeindruck bieten.
Für den Echtheitsnachweis dient beispielsweise das nur wenige Quadratmillimeter große Kopierschutzmuster „Bit­secure“ der Schreiner Group. Es kann in jedes normale Etikett integriert werden. Kopiert ein Fälscher das Muster, ist die ­Kopie technisch bedingt weniger präzise und detailreich. Die Abweichungen können mithilfe eines Hand-Scanners oder Smartphones und entsprechender Software identifiziert werden.
Ein weiteres Verfahren, um zusätzliche Hinweise auf Verpackungen aufzubringen, ist „Printed Memory“. Das Unternehmen Xerox bedruckt dazu beispielsweise Etiketten mit kleinen Schaltkreisen. Auf dem bis zu 36 Bit großen Speicher ist Platz für Chargen- und Seriennummern, Mindesthaltbarkeitsdaten oder auch für geografische Informationen.

Kommunikation über AR

Online-Händler können smarte Verpackungen sowohl für die Logistik als auch für Marketingzwecke nutzen.
Ein Beispiel zeigt das Potenzial auf: Das Schweizer Unternehmen Yamo verschickt gesunde Babynahrung. Versendet werden die Breie und Smoothies in Kartons mit ­Sicherheitsverschluss, die der Verpackungshersteller Thimm für das Start-up entwickelt hat. Der integrierte Sicherheitsverschluss aus Wellpappe garantiert dem Empfänger den versiegelten und unversehrten Transport der Ware.
Etiketten mit Augmented Reality (AR)
Etikett mit Augmented Reality: Das australische Start-up Third Aurora zeigt auf seinen Weinflaschen das Label in fremden Sprachen an.
(Quelle: Third Aurora)
Die Verpackung ist mit dem Firmen­logo von Yamo bedruckt – aber das ist noch nicht alles: Zusätzlich befinden sich auf der Schachtel unsichtbare, ins Druckbild integrierte Codes. Der Code wird wie ein nicht wahrnehmbares Wasserzeichen über das Druckbild der Box gelegt. Er wird erst sichtbar, wenn der Kunde zum Smartphone greift. Mithilfe einer App und der Kamera auf seinem Smartphone erhält er Zugang zu weiteren Informationen, Promotions und Werbevideos.
„Es ist egal, wohin der Kunde das Smartphone oder sein Lesegerät hält“, erklärt Denise Hoffmann, Referentin Marken- und Unternehmenskommunikation bei der Thimm Group: „Daher eignen sich diese Codes auch sehr gut für die Produktlogistik, als Sicherheitsmerkmal, zur Nachverfolgung im Distributionskreislauf oder allgemein für einen schnelleren Scan-Vorgang.“
Diese Möglichkeit, über die Verpackung zusätzliche Informationen bereitzustellen, wird als „Extended Packaging“ (erweiterte Verpackung) bezeichnet. An einer Extended-Packaging-Lösung für Weinliebhaber arbeitet beispielsweise das australische Start-up Third Aurora: Ein Tool des Unternehmens übersetzt Weinetiketten in die Landessprache des Verbrauchers. Die Übersetzung wird in das Layout des Originaletiketts eingepasst - aber nur virtuell. Damit ein chinesischer Weintrinker das englische Etikett in seiner Sprache und Schrift lesen kann, benötigt er ein Smartphone und die dazugehörige App.
Mitgründer Dave Chaffey erläutert auf der Unternehmenswebseite, wie das geht: „Künstliche Intelligenz liest und interpretiert den Inhalt. Augmented Reality projiziert den neuen Text auf das Label.“
Informationen über die Verpackung selbst können auf diese Weise ebenfalls abgerufen werden, zum Beispiel zum Recy­cling oder zu den beigelegten Isolationsmatten und Kühlpads.
Im Gegensatz zur Lebensmittel- und Pharmaindustrie steht Smart Packaging im ­E-Commerce noch ganz am Anfang. Das mag an den relativ hohen Kosten liegen - aber auch daran, dass noch nicht geklärt ist, wie die smarten Verpackungen am besten ­recycelt werden können. Wenn technische Elemente wie RFID-Chips an der Verpackung aufgebracht sind, ist zwar der Karton Altpapier, die RFID-Tags aber nicht.
Experten bescheinigen intelligenten Verpackungen großes Potenzial für Logistik und Marketing. Katrin Pavelka, Leiterin Public Relations & Social Media beim Verpackungsanbieter Rajapack, beschreibt die Einsatzmöglichkeiten im Online-Handel so: „Ich kann Kunden individuelle Nachrichten mitschicken. Ich kann Aufbauanleitungen und -videos anhängen, Inhaltsstoffe auflisten, den Kunden direkt zu einer Bewertung des Produkts führen, ihn mit Gewinnspielen oder sonstigen Interaktionsdingen versorgen – oder ihm einfach einen schönen Tag und viel Spaß beim Auspacken wünschen.“

Unternehmen

Beispiel für Smart-Packaging-Produkte

August Faller

Faltschachtel mit digitaler Schnittstelle per Bluetooth und App oder mit integriertem Sound-Modul

Knüppel Verpackung

Korrosionsschutzverpackungen mit RFID-Auskunft

Rajapack

Kippindikator, Temperaturindikator, fortlaufende Packband-Nummerierung für die Rückverfolgung von Sendungen

Schreiner Medipharm

Smarte Medikamentenverpackung mit verschiedenen digitalen Features: Kopierschutztechnologie „Bitsecure“ zur schnellen und zuverlässigen Produktauthentifizierung sowie ein Verschluss-Siegel mit integriertem NFC-Chip und zusätzlichem Void-Effekt zum Manipulationsnachweis

Thimm

Versandverpackung mit Originalitätsverschluss: Der Empfänger kann erkennen, ob die Verpackung unversehrt ist

Xerox

„Xerox Printed Memory“ sind gedruckte Mikroschaltkreise auf superdünnen, selbstklebenden Kunststoffetiketten. Daten können bis zu zehn Jahre gespeichert werden und sind zudem überschreibbar. Für den Lese- und Schreibvorgang dient ein Kontaktgerät. Auf den Etiketten lassen sich Produktinformationen wie Chargen-Codes, Seriennummern oder Mindesthaltbarkeitsdaten speichern

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