Die Vertrauensfrage bei der Cloud

GAIA-X und Fazit

von - 26.03.2023

GAIA-X

Wenn man sich das europäische Cloud-Projekt GAIA-X allerdings näher anschaut, dann hat man den Eindruck, dass es ziemlich steckengeblieben ist – und sich in der Praxis kaum etwas bewegt. Das bestätigt Patrick Schaudel: „Durch die vielen Mitglieder hat sich die Konzeptphase etwas länger gezogen.“ Jetzt aber habe GAIA-X deutlich an Fahrt gewonnen: „Die Grundlagen der Federated Services stehen, es laufen erste Projekte und es gibt auch schon funktionierende Datenräume mit echten Business-Cases dahinter wie den Mobility Data Space.“
Anders Marc Korthaus: „GAIA-X ist zum Papiertiger geworden. Was als internationales Projekt zur besseren Interaktion und Nutzung verschiedener Cloud-Anbieter in einem Datenraum gestartet ist, wurde in Gremien zu Tode diskutiert – aus meiner Sicht zum Teil auch willentlich von einzelnen Anbietern.“ Heute gebe es viel Papier, wenig Umsetzung und noch weniger Kundennutzen. „Schade, aber ein Beispiel für europäische Gestaltung, die viel will und wenig schafft.“ Wie so oft würden auch bei GAIA-X zu viele Köche den Brei verderben: „Es reicht nicht, eine gute Idee zu haben – man muss sie auch möglichst schnell und effektiv umsetzen. Ich denke, bei GAIA-X sind zu viele Spieler mit unterschiedlichen oder gegensätzlichen Ansichten und Zielen beteiligt.“ Dass seit einiger Zeit Hyperscaler wie Amazon, Google und Microsoft mitmischen, habe die Sache nicht besser gemacht – im Gegenteil: „Einige Mitglieder sehen ihre Interessen verwässert und befürchten eine zu starke Einflussnahme der Big Player und sind medienwirksam aus dem Projekt ausgetreten. Das Ergebnis ist stets der kleinste gemeinsame Nenner und der reicht nicht, um große Veränderungen zu realisieren.“
Alexander Wallner findet, der Eindruck, dass bei GAIA-X wenig vorankomme, sei weitverbreitet, doch „in Wahrheit ist hier im Hintergrund einiges in Bewegung“. Das beste Beispiel dafür sei der sogenannte Sovereign Cloud Stack (SCS). Diese modular aufgebaute Open-Source-Cloud- und Container-Plattform bilde den technischen Unterbau des GAIA-X-Projekts und sei weit über das Konzeptstadium hinaus.
Marc Korthaus
Geschäftsführer von Syseleven
Foto: Syseleven
„GAIA-X ist zum Papiertiger geworden. Was als internationales Projekt zur besseren Interaktion und Nutzung verschiedener Cloud-Anbieter in einem Datenraum gestartet ist, wurde in Gremien zu Tode diskutiert.“
Patrick Schaudel ist außerdem davon überzeugt, dass Datensouveränität deutlich ernster genommen wird als noch von wenigen Jahren – und das sei auch ein Verdienst von GAIA-X. „Zudem hat es dazu geführt, ein einheitliches Verständnis der Bedeutung von Datenschutz und Souveränität zu schaffen.“ Darüber hinaus habe die kollaborative Entwicklung von Datenräumen basierend auf einem europäischen Wertesystem an Fahrt aufgenommen. Auch das hätte es, so Schaudel, ohne GAIA-X als Katalysator in dieser Geschwindigkeit nicht gegeben. „All das wird von Europa aus getrieben – wir sehen bei anderen Regionen und Ländern großes Interesse daran, was hier gerade geschieht.“ Wo man sich sicher verbessern könne, seien die Geschwindigkeit und die Agilität in der Abstimmung innerhalb der Organisation selbst, „aber auch hier sind wir optimistisch“.

Follow-up & Fazit

„There is no way back! Es ist keine Frage, ob Digitalisierung und Cloud weiter wachsen werden, sondern nur wie schnell“, lautet das unmissverständliche Resümee von Patrick Schaudel. Das Tempo hänge natürlich von vielen Faktoren ab, derzeit befände sich Deutschland in einer  Phase, die, verglichen mit den letzten Jahren, schon deutlich Fahrt aufgenommen hätte.
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