Künstliche Intelligenz

Frameworks erleichtern den KI-Einstieg

von - 03.05.2019
KI
Foto: Palau / shutterstock.com
In der Cloud und On-Premise gibt es immer bessere KI-Werkzeuge. Deutsche Firmen sollten mit der Einführung jedoch nicht zu lange warten, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
An die 30 Prozent der Mitarbeiter in deutschen Unternehmen wünschen sich, ein KI-System träte an die Stelle ihres Chefs. Weitere 17 Prozent würden lieber mit einer KI-Instanz zusammenarbeiten als mit bestimmten Kollegen. Das ergab eine Studie des Digitalverbands Bitkom. Auch wenn solche Hoffnungen derzeit noch vergeblich sein dürften, so ist doch klar: Künstliche Intelligenz hat auch und gerade in Unternehmen Einzug gehalten. Laut des Reports „Machine Learning/Deep Learning 2019“ von IDG setzen rund 60 Prozent der deutschen Firmen bereits mindestens ein KI- oder Machine-Learning-Verfahren ein. Das heißt aber auch: 40 Prozent sind noch nicht auf den KI-Zug aufgesprungen. Und auch bei den anderen 60 Prozent ist noch die Frage, wie all die schönen KI-Versprechungen in Praxis umgesetzt werden.
Der Artikel stellt deshalb zunächst verschiedene Möglichkeiten vor, wie man KI-Technologie ins Unternehmen holen kann, und beleuchtet dann die wichtigsten Hürden bei der praktischen Umsetzung von KI-Projekten. Ergänzt wird er mit einer Marktübersicht für KI-Frameworks.

Cloud als Einstiegshilfe

Wie kommt Künstliche Intelligenz denn nun in ein Unternehmen? Ein Großteil der Firmen in Deutschland entwickelt jedenfalls keine eigenen KI- und Machine-Learning-Lösungen. Das belegt die Deloitte-Studie „AI in the Enterprise 2018“. Unternehmen beziehen KI- und Machine-Learning-Software lieber von Cloud-Providern wie AWS, Google, IBM und Microsoft. Dieser Weg ist beileibe nicht nur etwas für große Konzerne, sondern bietet sich besonders auch für mittelständische Unternehmen an. Christian Mehrtens, Leiter des Geschäftsbereichs Mittelstand und Partner bei SAP Deutschland, betont: „Gerade für kleinere Unternehmen, denen keine großen personellen oder finanziellen Ressourcen zur Verfügung stehen, sind intelligente ERP-Systeme und Cloud-Services eine Möglichkeit, um auf KI-Lösungen zurückzugreifen.“
Christian Mehrtens
Christian Mehrtens
Leiter des Geschäftsbereichs Mittelstand und
Partner bei SAP Deutschland
www.sap.com/germany
Foto: SAP
„Gerade für kleinere Unternehmen ohne große personelle und finanzielle Ressourcen sind intelligente ERP-Systeme und Cloud-Services eine Möglichkeit, auf KI-Systeme
zurückzugreifen.“
Fast ebenso beliebt bei deutschen Firmen ist der Ansatz, KI-Funktionen als Bestandteil von Unternehmens-Software zu ordern. Die Marktführer auf diesem Sektor haben bereits KI-Technologie in ihre Produkte integriert, allen voran SAP, Oracle und Salesforce. Aber auch Business-Intelligence-Anbieter wie Qlik, SAS und Ta­bleau Software stellen den Anwendern ihrer Lösungen bereits KI-gestützte Reports und Analysen („Insights“) zur Verfügung.
Eine weitere Option, um eine KI-Lösung im Unternehmen zu implemetieren, bringt Güner Aksoy, Regional Sales Director Central Europe bei Pure Storage, ins Spiel: „Unternehmen sollten heute in der Lage sein, Infrastrukturentscheidungen auf der Grundlage dessen zu treffen, was für ihre Anwendungen am besten geeignet ist. Eine datenzentrierte, einheitliche hybride Cloud-Architektur ist ein praktikables, zeitgemäßes und zukunftsorientiertes Modell. Es gibt modernen Unternehmen die nötige Agilität und schafft die Grundlage für die Unterstützung neuer Anwendungen wie KI, Machine Learning und Analytics.“
Ratespiel: Im Beispielbild erkennt der KI-Algorithmus, dass Schienen vorhanden sind, und stuft das Objekt daher als „Zug“ ein. Intelligent ist das nicht.
Foto: Nature Communications / CCBY
Intelligenztest
Wie intelligent sind KI-Algorithmen wirklich? Mit dieser Frage beschäftigten sich Forscher der TU Berlin, des Fraunhofer-Heinrich-Hertz-Instituts (HHI) und der Singa­pore University of Technology and Design. Wissenschaftlern und Nutzern von KI-Lösungen bleibt nämlich meist unklar, wie ein KI-System zu einer Entscheidung kommt. Und damit ist auch nicht transparent, ob eine solche Lösung tatsächlich „intelligente“ Entscheidungen trifft oder nur statistisch erfolgreiche Methoden verwendet. Um das herauszufinden, haben die Forscher die Verfahren „Layerwise Relevance Propagation“ (LRP) und „Spectral Relevance Analysis“ (SpRAy) entwickelt. Damit können auch in großen Datensätzen unerwünschte Entscheidungen identifiziert werden.
Die Untersuchung von KI-Lösungen mit Hilfe von SpRAy brachten ein sehr interessantes Ergebnis: „Selbst moderne KI-Systeme haben nicht immer einen aus menschlicher Perspektive sinnvollen Lösungsweg gefunden, sondern nutzten bisweilen Clever-Hans-Strategien“, berichtet Wojciech Samek, Gruppenleiter am Fraunhofer HHI.
Der „kluge Hans“ war ein Pferd, das in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg dafür berühmt war, komplexe Rechenaufgaben lösen zu können. Doch stellte sich letztlich heraus, dass das Pferd an der Mimik und Körpersprache der Zuschauer erkannte, ob es das richtige Ergebnis per Klopfen mit dem Huf oder Schütteln des Kopfes erraten hatte.
Auch bei einigen KI-Systemen stießen die Forscher auf naive Lösungsansätze. Ein preisgekröntes Bildanalysesystem stufte beispielsweise Bilder anhand des Kontexts ein. So wurden Aufnahmen als „Schiff“ klassifiziert, wenn viel Wasser zu sehen war, oder als „Zug“, wenn die Aufnahme Schienen zeigte. Eine korrekte Identifizierung des eigentlichen Objekts unterblieb, also etwa des Zugs. Laut TU Berlin und HHI ist denkbar, dass etwa die Hälfte der eingesetzten KI-Systeme nach dem Verfahren „Kluger Hans“ arbeitet. Das sei problematisch, wenn solche Lösungen in sicherheitskritischen Bereichen oder der medizinischen Diagnostik eingesetzt würden.
Doch konnten die Forscher auch KI-Anwendungen ermitteln, die tatsächlich „schlau“ vorgehen. Dazu zählten Systeme, die Spiele wie „Pinball“ und „Breakout“ beherrschen. Ihre Algorithmen verstanden nicht nur die Funktionsweise der Spiele, sondern fanden auch höchst originelle Wege, um möglichst viele Punkte zu erzielen.
Die Test-Software der TU Berlin und des Heinrich-Hertz-Instituts steht als Open Source allen interessierten Fachleuten zur Verfügung.
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