Frameworks erleichtern den KI-Einstieg

KI-Anbieter finden

von - 03.05.2019
KI verschärft Konkurrenz
Wettbewerb: 31 Prozent der Firmen in Deutschland stufen die Gefahr durch Konkurrenten, die schon KI und Machine Learning einsetzten, als "sehr groß2 oder "groß" ein.
(Quelle: PwC (n=500) )
Doch steckt im Lösungspaket wirklich Künstliche Intelligenz drin oder handelt es sich um eine Mogelpackung? Das ist für Unternehmen oft schwer ersichtlich. Wer eine KI-Lösung sucht, sollte daher die Hersteller und ihre Produkte anhand mehrerer Kriterien prüfen.
Für Gérard Bauer, Vice President EMEA von Vectra, einem Anbieter von IT-Sicherheitsplattformen auf Basis von KI und Machine Learning, ist eine Frage entscheidend: Wie tief und breit ist die Entwicklungskompetenz eines Anbieters? Ein Indikator dafür sei die Zahl der Mitarbeiter, die einen „Background“ in KI, Machine Learning (ML) und Data Science haben. Wenn beim Anbieter nur ein einziger Entwickler vorhanden ist, der zudem eine geringe ML-Erfahrung hat, ist Bauer zufolge höchstwahrscheinlich nur eine Open-Source-Bibliothek im Einsatz. Und das heißt, es wird mit KI nur „herumgespielt“.
Laut Bauer sollten Unternehmen außerdem versuchen, herauszufinden, ob bei einem infrage kommenden KI-Anbieter für den Bereich, in dem man nach Lösungen sucht, passende Fachkräfte vorhanden sind. „In vielen Fällen der angewandten KI geht es nicht nur darum, große Datenmengen zu erfassen und Berechnungen auszuführen“, so Bauer. „In der Cybersicherheit brauchen wir beispielsweise erfahrene Sicherheitsforscher, die technische Verhaltensweisen von Angreifern hypothetisieren und validieren können. Ein Datenwissenschaftler allein hätte hier nicht den nötigen Einblick.“ Nur in Zusammenarbeit mit dem Sicherheitsforscher könne der Datenwissenschaftler einen effektiven Algorithmus zur Erkennung von Cyberangriffen entwickeln.
Pluspunkte sollte man auch KI-Anbietern geben, die sich nachweislich langfristig für Innovationen und praxisrelevante Ergebnisse engagieren. Auszeichnungen und Branchen­anerkennungen deuteten diesbezüglich auf Glaubwürdigkeit und Relevanz in der Branche hin. Ein Indikator dafür ist, ob ein Unternehmen von etablierten Branchenanalysten genannt wird, ein weiterer, ob die Firma Patente angemeldet hat oder - noch besser - eigenentwickelte KI-Technologien patentieren ließ.
Gerard Bauer
Gérard Bauer
Vice President EMEA bei Vectra
www.vectra.ai
Foto: Vectra
„KI ist ein reales Werkzeug und kein fernes Ziel. Es geht darum, wie KI eingesetzt wird.“
Ein weiteres Kriterium bei der Anbieter-Suche sind die Daten, die dieser für das Erstellen, Trainieren, Testen und Betreiben seiner Algorithmen verwendet. Denn bei Data Science geht es Bauer zufolge nicht einfach nur darum, komplizierte Algorithmen zu entwickeln. „Neben der Auswahl algorithmischer Ansätze muss der Datenwissenschaftler auch das Kuratieren der Daten, die Auswahl und Extraktion von Merkmalen sowie das Training managen“, so der Vectra-Manager. Unternehmen sollten ihren zukünftigen KI-Anbieter deshalb auch nach seiner Datenbasis fragen: „Suchen Sie nach Informationen über die Herkunft, Qualität, Verwaltung und Sicherheit der Daten sowie darüber, wie und wo sie verwendet werden.“
Besonders bei jüngeren Unternehmen empfehle sich außerdem ein kritischer Blick auf das Führungsteam und die Mitarbeiter. Wichtig sei, dass sie über Erfahrung in der Branche verfügen. Weitere Kriterien sind die Erfolgsbilanz und der Ruf des Unternehmens sowie Informationen darüber, in welche Bereiche es seine Investitionen lenkt.
„Denken Sie außerdem daran, dass KI ein reales Werkzeug ist und kein fernes Ziel. Es geht darum, wie KI eingesetzt wird“, betont Gérard Bauer. Daher sollte ein KI-Tool auf autonome Weise für Effizienzgewinne oder neue Erkenntnisse sorgen. Wenig hilfreich sei eine herkömmliche Lösung mit „angeflanschter“ Automatisierung, die durch Prozesse hinter den Kulissen unterstützt wird.
Bastian Karweg
Bastian Karweg
CEO bei Echobot
www.echobot.de
Foto: Echobot
„Was fehlt ist ein praktisches Verständnis, wann welche Probleme mit KI und Machine Learning sinnvoll adressiert werden können.“
Des Weiteren empfiehlt Bauer, auf unabhängige, verifizierte Tests der Lösungen eines Anbieters und die Resonanz von User-Communities zu achten. Solche Informationsquellen seien neutraler als Referenzen, die der Hersteller bereitstellt.
Besonders wichtig ist schließlich das Testen eines KI-Tools im eigenen Unternehmen. Nur so lasse sich dessen Effizienz ermitteln. „Suchen Sie nach Evaluierungs- oder Proof-of-Concept-Programmen, die es Ihnen ermöglichen, in Ihrer Umgebung praktische Erfahrungen zu sammeln und die richtige Lösung zu finden“, so der Experte.

Frameworks für Künstliche Intelligenz (Teil 2)

Anbieter

Lösung(en)

Schwerpunkte

Besonderheiten

Intel Nervana

Intel Neon

DL-Framework auf Basis von Python; Open Source; von Intels Unternehmensbereich Nervana entwickelt

Anwendungsfelder u. a. Bild- und Sprachanalyse, Videospiele, Natural Language Processing; optimiert für Intel-Prozessorarchitektur (Xeon); Unterstützung von Modellen wie Convolutional Neural Networks, RNNs, LSTM

Keras

Keras

DL; Open-Source-Bibliothek mit Schnittstellen-Funktion zu ML-/DL-Frameworks; Ziel: Deep-Learning-Experimente, die schnelle Resultate erbringen

Unterstützung von TensorFlow, Theano, Microsoft Cognitive Toolkit und der Programmiersprachen Python und R; für Convolutional Neural Networks und Recurrent Neural Networks; einfache Handhabung, daher auch für Einsteiger tauglich

Mathworks

Matlab Deep

Learning Toolbox

DL-Framework für den Entwurf und die Implementierung von tiefen neuronalen Netzen

Anwendungsfelder u. a. Klassifikation und die Regression für Bild-, Zeitreihen- und Textdaten; Unterstützung von CNNs und LSTM-Netzen; Nutzung vortrainierter Modelle von TensorFlow und Caffe; vergleichbare Toolbox für ML verfügbar

Microsoft

Azure AI

DL- und KI-Services auf Microsofts Cloud-Plattform Azure

Anwendungsfelder: Bild-und Sprachanalyse, maschinelle Textübersetzung; kombiniert Angebote von Microsoft wie Machine Learning und Knowledge Mining mit Azure Search

Microsoft

Azure Machine

Learning

Cloudbasierter ML-Service von Microsoft auf Basis von Python; Bereitstellung über Azure

Ziel: Erstellen und Trainieren von ML-Modellen; Unterstützung von Tools wie Visual Studio Code (VS Code), PyCharm, Jupyter und Azure Databricks; Unterstützung von ML- und DL-Frameworks wie scikit-learn, PyTorch, TensorFlow

Microsoft

CNTK

DL-Toolkit auf Open-Source-Basis für umfangreiche Deep-Learning-Projekte

Unterstützung von Python, C++, C#, Java; für Convolutional Neural Networks und Recurrent Neural Networks; wird in Skype, Xbox und beim Sprachassistenten Cortana verwendet; unterstützt Apache Spark; Einbindung in Microsoft-Cloud-Plattform Azure; hoher Optimierungsgrad und geringer Ressourcenbedarf

Microsoft DMTK

DMTK

Verteiltes ML-Toolkit auf Basis von C++; Open Source; stammt von Microsoft

DMTK Framework als Basis für Parallelisierung von Daten und Aufbau hybrider Datenstrukturen sowie Training von Modellen; schnelle und skalierbare Modelle; Multisense-Word-Embedding-Funktion; vor allem für die Analyse großer Datenbestände (Big Data)

Nvidia

Deep Learning SDK

Software Development Kit mit Tools und Libraries für Entwicklung von DL- und ML-

Anwendungen auf Basis von Grafikprozessoren von Nvidia

Beispiele: Nvidia NCCL für optimierten Zugriff von Frameworks auf Systeme mit mehreren, parallel arbeitenden GPUs; Deep Learning Primitives (cuDNN) mit Komponenten für DL-Anwendungen; Deep Learning GPU Training System (DIGITS) zum Trainieren von DL-Netzen für Aufgaben wie Bilderkennung und Identifizieren von Objekten

PaddlePaddle

PaddlePaddle

DL-Frameworks auf Basis von Python; entwickelt vom chinesischen Unternehmen Baidu; Open Source

Basis: Deep Learning Programming Language; Anwendungsfelder u. a. komplexe Berechnungen, Bild- und Sprachanalyse; Visualisierungs-Tool für DL vorhanden

PyTorch

PyTorch

DL-Framework; Nachfolger von Torch auf Basis von Python; Open Source; Konkurrent von TensorFlow; von Facebook entwickelt

Schwerpunkt auf schneller und effizienter Entwicklung von DL-Modellen; einfache Modellierung; Unterstützung bekannter Debugging-Tools wie PyCharm und ipdb; viele vortrainierte Modelle; Support für Text, Natural Language Processing, Bildanalyse und verstärkendes Lernen

scikit-learn

scikit-learn

ML-Framework auf Basis von Python; Open Source

Funktionen u. a. Regressionsanalyse, Clustering, Klassifizierung von Objekten; Einsatz in Spam-Erkennung, Bildanalyse, Preisvergleich, Segmentierung von Kundengruppen; große und aktive Community; weite Verbreitung

Skymind

DL4J

DL-Framwework auf Basis von Java und Scala; Open Source

Anwendungsfelder u. a. Bildanalyse, Natural Language Processing, Text-Mining; Unterstützung von Convolutional Neural Networks (CNN), Recurrent Neural Networks (RNN), Long Short-Term Memory (LTSM); hohe Performance und Skalierbarkeit; Support von Apache Hadoop und Spark

TensorFlow

TensorFlow

Open-Source-Plattform für ML; Schwerpunkt: schnelles und effizientes Training von DL-Modellen; als Ersatz für Theano konzipiert

Einfaches Modellierungsverfahren; viele vortrainierte Modelle; Unterstützung diverser Programmiersprachen wie Python, C++ und R; Anwendungsfelder u. a. Sprach-, Text- und Bilderkennung, Zeitreihenanalysen, Videoanalyse; verteiltes Training möglich; laut einigen Fachleute niedrigere Performance als CNTK und MXNET sowie anspruchsvolles Debugging

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