Automatisierung - Jobkiller oder Wachstumsmotor?

Blicke in die Glaskugel

von - 07.02.2019
Digitalisierung und Jobs - Der Spiegel 1964-1978-2016
„Der Spiegel“ 1964, 1978 und 2016: Dass Maschinen bald alle unsere Jobs übernehmen könnten, ist bereits seit mehr als 50 Jahren ein Thema.
(Quelle: Der Spiegel)
Über die Frage, wie sich die Arbeitswelt in Zukunft durch die Digitalisierung tatsächlich verändert, wird schon seit Jahren gestritten. Daher gibt es die unterschiedlichsten Studien und Prognosen, die das eine oder das andere belegen sollen. Die Medien befassen sich ebenfalls schon sehr lange mit diesem Thema. So berichtete das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ bereits 1964, also vor mehr als 50 Jahren, in einer Titelgeschichte über die zunehmende Automatisierung in der Arbeitswelt. Ende der 1970er-Jahre titelte das Magazin „Fortschritt macht arbeitslos“, um 2016 ein weiteres Mal darüber zu berichten, „wie uns Computer und Roboter die Arbeit wegnehmen“.
„Die Angst, dass uns Maschinen die Arbeit wegnehmen könnten, ist alt und wird seit der Industrialisierung immer wieder aufs Neue heraufbeschworen“, weiß Christoph Busch, Bereichsleiter Arbeit & Innovation beim Digitalverband Bitkom. In Deutschland herrsche aber momentan nahezu Vollbeschäftigung, und das, so betont Busch, „nicht etwa trotz, sondern auch wegen der Digitalisierung“. So seien allein in der IT- und Telekommunikationsbranche mehr als eine Million Menschen beschäftigt.
Auch Svenja Falk, Managing Director Research beim Beratungsunternehmen Accenture, verweist auf die aktuell hohe Beschäftigungsquote und erklärt, derzeit werde ein Pro­blem diskutiert, das es so gar nicht gebe. „Wir können heute auch noch nicht wirklich mit Sicherheit sagen, welche Auswirkungen die Digitalisierung in fünf bis zehn Jahren haben wird. Die Integration von Technologien wie der Künstlichen Intelligenz in Wertschöpfungsketten steht erst ganz am Anfang“. Aus ihrer Sicht wird die Debatte auch sachlich falsch geführt: Jeder Job bestehe aus vielen verschiedenen Tätigkeiten - von sehr leichten bis zu hochkomplexen Aufgaben. Manche davon könnten automatisiert und durch Maschinen ersetzt, andere signifikant verbessert werden, etwa im Design oder bei der Entscheidungsunterstützung. „Das wirklich Revolutionäre sind weder die Jobs, die verschwinden, noch die, die neu dazukommen. Es sind die Veränderungen bei dem Großteil der Jobs an der Schnittstelle Mensch-Maschine.“
Prof. Dr. Svenja Falk
Prof. Dr. Svenja Falk
Managing Director bei
Accenture Research
www.accenture.com
Foto: privat
„Es geht darum, sich im Mind-Set von dem Dualismus Mensch-Maschine zu lösen und stattdessen in Teamlösungen zu denken.“
Mit ihrer Sichtweise ist Svenja Falk nicht allein. Auch Bernd Appel, Geschäftsführer des IT-Dienstleisters Lufthansa Industry Solutions, glaubt nicht, dass Maschinen den Menschen gänzlich ablösen werden. Er hält die Furcht für übertrieben: „Wessen Job wann in welcher Form bedroht ist, lässt sich nicht konkret sagen.“ Schaue man sich die Fortschritte der letzten fünf bis zehn Jahre an, dann sei das Tempo der Innovationen absolut bemerkenswert. Diese Entwicklung werde viele Berufsbilder, wie man sie heute kenne, sicherlich verändern - „jedoch nicht unbedingt im negativen Sinne“, wie Appel betont. Monotone Arbeitsschritte ließen sich künftig vermehrt von Maschinen erledigen, während Menschen häufiger gefordert seien, sich anderweitig einzubringen. Das könne, so Appel, auch zu höherer Zufriedenheit und Motivation führen.
Jürgen Prinz, Leiter Human Capital Management Solutions bei der Unternehmensberatung Sopra Steria Consulting, hält die Befürchtungen ebenfalls für unbegründet. Natürlich werde es durch die Digitalisierung zu Veränderungen in Berufsbildern kommen, es würden Berufe verschwinden, dafür aber auch neue Berufsbilder entstehen. „Das ist mit Blick auf die Geschichte der Arbeit schon immer so gewesen und wird auch zukünftig so sein. Aber nicht überall ist ein Roboter oder Künstliche Intelligenz sinnvoll einsetzbar. Daher wird auch der Mensch zukünftig eine wesentliche Rolle spielen“, ergänzt Prinz.
Diese optimistische Auffassung vertritt übrigens auch die Bundesregierung. Sie ist zuversichtlich, dass die Arbeitslosenzahlen in Folge der fortschreitenden Digitalisierung nicht in Höhe schießen werden: „Deutschland wird auch im digitalen Strukturwandel die Arbeit (...) nicht ausgehen; aber es wird in vielerlei Hinsicht andere Arbeit sein“, war sich Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales, in einer Rede vor dem Deutschen Bundestag im vergangenen November sicher.
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