Rechenzentren aus der Box

Mikro-Rechenzentren

von - 20.07.2017
Die Kriterien für die Auswahl eines Container-Rechenzen­trums gelten auch bei Mikro-Rechenzentren. Mikro-Rechenzentren stellen wie die Container eine schlüsselfertige, vorkonfigurierte Lösung auf Basis standardisierter Infrastruktur dar. Sie bestehen meist aus einem oder zwei Racks und werden in der Regel in einem Gebäude aufgestellt. Hinzu kommen Module für Energieverteilung, USV, Brandschutz, Monitoring und Zugriffsschutz. Die Klimatisierung erfolgt entweder durch Raumluft oder durch aktive Kühlung mit einem Split-Kühl­gerät. Die Racks und die Technik sind zudem über eine Art Safe vor Feuer, Einbruch und Wasser geschützt. Wegen des  relativ hohen Gewichts der Schränke (rund 800 Kilogramm) müssen Unternehmen allerdings die Statik im Blick behalten.
Rechenzentrum in einem Gehäuse: Mikro-Rechenzentren wie Smart Cabinet XP von Vertiv eignen sich besonders für Edge-Computing und Unternehmen mit Filialen.
(Quelle: Vertiv)
Wie bei Container-Rechenzentren gibt es auch bei den Mikro-Rechenzentren eine Vielzahl von Varianten. Sie sind als halbhoher Schrank mit Racks aus 20 Höheneinheiten erhältlich, mit 42 oder 47 Höheneinheiten und einer Kühlleistung von 5, 10 oder 15 KW. Je nach Ausstattung kosten Mikro-Rechenzentren ohne schützenden Safe zwischen 5.000 und 20.000 Euro, mit Safe müssen Firmen mindestens 30.000 Euro auf den Tisch legen.
Da sich Mikro-Rechenzentren auch in Reihe schalten lassen, sind die Übergänge zum Container-Rechenzentrum fließend. „Ab sechs Racks ist es aber sinnvoller für Unternehmen, auf ein Container-Rechenzentrum zu setzen, da die Infrastrukturkosten günstiger werden. Zudem ist die Kühlung effizienter“, betont Peter Koch von Vertiv.

Edge-Computing im IoT

Als wesentliches Einsatzfeld für Mikro-Rechenzentrum hat Peter Koch das Internet der Dinge ausgemacht. „Mikro-Rechenzentren stehen vor allem für Edge-Computing im Internet der Dinge, wenn Rechenkapazität vor Ort am Rand des Netzwerks und niedrige Latenzzeiten erforderlich sind.“ Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) verbindet heute Milliarden von Endgeräten miteinander – Windräder, Waschmaschinen, Fitness-Armbänder, Autos, Maschinen und Anlagen. All diese Aktoren und Sensoren erfassen eine Unmenge an Daten, die analysiert und ausgewertet werden müssen. Doch die Verarbeitung der Daten kann nicht ausschließlich in großen, zentralen Cloud-Rechenzentren erfolgen. Denn viele Vorgänge benötigen schnelle Entscheidungen ohne Verzögerungen, die etwa durch den Datentransfer, die Analyse im Rechenzentrum und die Rückübermittlung von Daten oder Steuerbefehlen entstehen können. Niedrige Latenzzeiten sind hier unabdingbar.
Innenansicht DC-CR privates Datencenter
Zwei in einem: Die Systemzeile von dc-ce RZ-Beratung ist ein Mittelding zwischen fest gebautem Rechenzentrum und Container.
(Quelle: dc-ce RZ-Beratung)
Beispiele dafür sind Industrie 4.0 und das autonome Auto. Unternehmen, die ihre Produktion vernetzen, um effizienter zu fertigen, brauchen in Echtzeit Daten über den Status des Produktionsprozesses oder die Infrastruktur der Produktionsumgebung. Und ein autonomes Fahrzeug würde rote Ampeln überfahren und Unfälle verursachen, wenn die Latenzzeit für die Datenübertragung zu hoch ist.
Ein weit entferntes Cloud-Rechenzentrum erfüllt diese Echtzeit-Anforderung nicht oder nur bedingt. Die Rechenleistung muss daher an den Rand des Netzes – an die „Edge“ in ein Mikro-Rechenzentrum. „Da das Internet der Dinge weiter wächst, wird auch die Nachfrage nach Mikro-Rechenzentren künftig stark steigen. Sollte sich das autonome Fahren weiter verbreiten, ist damit zu rechnen, dass man an den Straßen alle 15 Kilometer ein kleines Rechenzentrum braucht, um die Daten der Autos und der Verkehrsleitsysteme mit minimalen Latenzen zu verarbeiten“, sagt Christian Steininger von Cancom.
Mikro-Rechenzentren eignen sich auch für Unternehmen mit Filialen wie Handelsketten oder Banken, da mit der Digitalisierung die Ansprüche an die IT vor Ort steigern. Dazu Christian Steininger: „Mit Mikro-Rechenzentren erhalten Filialbetriebe eine schlüsselfertige, vorkonfigurierte Lösung, die sich zentral verwalten lässt und die spezifischen Anforderungen erfüllt.“
Container-Rechenzentren – Vorteile und Nachteile
Container-Rechenzentren sind zu Recht sehr im Kommen. Schließlich sprechen eine Reihe von Vorzügen für sie. Dem stehen allerdings auch einige Nachteile gegenüber:
Die Vorteile
  • Investitionskosten: Aufwendige Planung und Baumaßnahmen entfallen, benötigt werden ausreichend Platz sowie Anschlüsse für Strom, Wasser und Datenleitung. Damit sind die Investitionskosten niedriger als beim Bau eines klassischen Rechenzentrums.
  • Verfügbarkeit: Anders als traditionelle Rechenzen­tren sind Container-Rechenzentren in wenigen Wochen einsatzbereit.
  • Skalierbarkeit: Dank herausnehmbarer Seitenwände ist es möglich, Container-Rechenzentren beliebig zu skalieren. Wer mehr Kapazität benötigt, kann weitere Container bestellen.
  • Flexibilität: Container-Rechenzentren eignen sich für fast jeden Ort und sind mobil, da sie sich einfach transportieren lassen. Zudem lassen sie sich vielfältig einsetzen, etwa zur Miete als temporärer Ersatz, als Backup- oder Haupt-Rechenzen­trum oder als Standard-Lösung für verschiedene Standorte.
  • Kürzere Abschreibungszeiten bringen steuerliche Vorteile
  • Garantierter Leistungsumfang zum Festpreis
  • Kleine Grundflächen, meist keine Baugenehmigung nötig
Die Nachteile
  • Beengte Verhältnisse: Da beim Standard-ISO-Container der Platz beschränkt ist, kann sich das IT-Personal nur eingeschränkt bewegen. Größere Non-ISO-Container bieten im Inneren zwar mehr Platz, sind aber aufwendiger im Transport und erfordern oft Begleitfahrzeuge oder einen Schwertransport.
  • Vandalismus und Einbruch: Unternehmen müssen die Außengeräte des Containers (wie Kaltwassersatz) vor Vandalismus sowie ihre Server und Daten vor Einbruch schützen. Da die Daten oft auch unternehmenskritisch sind, gelten hier die üblichen Compliance-Regeln. Daher können Unternehmen auch bei einem Container nicht auf Sicherheitspersonal verzichten.
  • Bindung an Anbieter: Die Anbieter schreiben nicht selten die Ausstattung des Container-Rechenzentrums vor; daher ist die Auswahl der Hardware manchmal eingeschränkt.
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