Special Schweiz III

30 Jahre Schweizer Start-up-Szene

von - 21.01.2021
Schweizer Alm - Kuh und Hütejunge
Foto: Stefano Ember / shutterstock.com
Aus dem Start-up-Jahrgang 1990 haben sich 20 Unternehmen aus der Schweiz bis heute behauptet. Darunter Bedag, die BSgroup, M&S, Studerus und Wendia.
Bedag im Jahr 1987
Rückblick: Schon im Jahr 1987 eröffnete der Kanton Bern ein Rechenzentrum, das heute zur Bedag gehört.
(Quelle: Bedag Informatik)
Jahrelang war es in der Schweizer Informatikszene nur aufwärtsgegangen. Mit Beginn des neuen Jahrzehnts machte sich 1990 eine leichte Ernüchterung breit. Denn die bis dahin exorbitanten Margen auf Computer-Produkte gerieten unter Druck. Um dennoch erfolgreich zu sein, brauchte es eine Nische. So gab es lediglich gut 20 Gründungen in der Informatikbranche im Jahrgang 1990. Fünf davon sind allerdings bis heute überaus erfolgreich unterwegs.

Bedag: für Bern und die Schweiz

Der Gründung der Bedag Informatik am 1. Februar 1990 war eine lange politische Diskussion vorausgegangen. Letztlich entschieden der Großrat und der Regierungsrat des Kantons Bern sich dann für die Ausgliederung des kantonalen Amts für Informatik und den Zusammenschluss mit der Bernischen Datenverarbeitung (Bedag). Die neue Organisation erhielt die Rechtsform einer öffentlich-rechtlichen Anstalt, besaß aber im Vergleich mit anderen privatisierten Staatsbetrieben keine Staatsgarantie. Ebenso konnte sie weder von einem Monopol noch von einem Bezugszwang innerhalb der kantonalbernischen Verwaltung profitieren. Die Zielsetzung lautete vielmehr, dass die Bedag sich am Markt bewähren müsse, sprich, effizient und wirtschaftlich arbeiten. So war es möglich, kurzfristig und marktgerecht Personal- und Infrastrukturressourcen zu beschaffen. Dabei hatte die Bedag immerhin den Vorteil, dass sie mit ihren damals rund 200 Mitarbeitern schon über eine kritische Größe verfügte. Auch konnte sie bestehende Aufträge des Kantons Bern übernehmen.
Eine der größten Herausforderungen für den ersten Direktor, Niklaus Ragaz, und seinen Stellvertreter, Kurt Baumann, war der Kulturwandel von der Behörde zum Unternehmen. Frühere Beamte mussten jetzt Aufträge akquirieren, ehemalige Antragsteller waren nun Kunden mit Entscheidungsfreiheit. Während sich der Sprachgebrauch sehr schnell änderte, waren für die Verhaltensänderung mehrere Jahre nötig, erklärt die Bedag heute. Dennoch gewann das Unternehmen von Beginn an neue Kunden. Ab 1995 gelang mit Fachanwendungen wie Capitastra (Grundstücke) und später Geres (Adressen) die Expansion in weitere Kantone der Schweiz. Heute beziehen alle Kantone Dienstleistungen der Bedag.
Ab 2000 arbeitete die Bedag eng mit der kantonalen Informatik des Waadtlandes zusammen. So gab es zwischenzeitlich ein IT-Zentrum des Kantons Waadt mit über 35 französischsprachigen Mitarbeitern bei der Bedag. Im gleichen Jahr übernahm die Bedag den Aargauer IT-Dienstleister AC-Service Schweiz - und damit ein zweites Rechenzentrum in Wettingen, den Großkunden Sanitas und Know-how im SAP-Betrieb.
Im abgelaufenen Jahr erwirtschaftete die Bedag einen Umsatz von rund 86 Millionen Franken, 75 Prozent davon mit dem Kanton Bern. Drei Viertel der Gesamtumsätze waren Rechenzentrums- und Workplace-Services, ein Viertel Business-Services wie Entwicklung und Wartung von Fachanwendungen. Das Unternehmen mit heute 380 Mitarbeitern hat erst im Frühjahr dieses Jahres eine neue Eigentümerstrategie erhalten. Es soll auch in Zukunft selbstständig bleiben, aber enger in die Informatikführung der Kantonsverwaltung integriert werden. Dafür wird der Anteil der Rechenzen­trums-Services für Dritte auf 20 Prozent beschränkt.
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