Die Blockchain krempelt die Geschäfte um

Der feine Unterschied

von - 10.04.2018
Den Unterschied definiert der Blockchain-Experte Jan Seffinga von Deloitte Schweiz wie folgt: „Bei einer privaten Blockchain interagieren festgelegte Teilnehmer in einem Netzwerk von Computern. Ein oder mehrere autorisierte, zentrale Teilnehmer besitzen, verwalten und regulieren diese.“ So wirken private Blockchains als entscheidender Baustein, um Geschäftsprozesse zu vereinfachen, zu automatisieren und deren Vertrauenswürdigkeit zu steigern. Dies spare Zeit und reduziere Kosten, meint Seffinga. Allerdings müssten sich, um diese Vorteile auf ganze Industrien auszuweiten und durch Netzwerk­effekte zu steigern, Unternehmen, Kunden und Lieferanten zu Konsortien zusammenschließen. Entstehe so doch erst ein offenes Ökosystem, das den Nutzen der Blockchain vervielfache.
„Finanzinstitute, Pharma-Unternehmen und Fluggesellschaften sind nur drei Beispiele vieler Industrien (…), die unter enormem Kostendruck stehen, um beispielsweise die Einhaltung regulatorischer Vorschriften mit standfesten Daten zu unterzeichnen, und daher mit Blockchain-Technologie experimentieren.“
Die öffentliche Blockchain liefert hingegen ein Netzwerk von Computern, auf das jedermann frei zugreifen kann. Es gibt also keinen zentralen Verwalter und das Netzwerk reguliert sich selbst anhand des zugrunde liegenden Blockchain-Protokolls. Das legt die Prozesse und Abwicklungen der Blockchain-Datenbank fest und wird von der Mehrheit der Netzwerkteilnehmer bestimmt, wie Seffinga weiter ausführt.
Anwendungen derartiger öffentlicher Blockchains seien allerdings bisher kaum vorhanden. „Es gibt jedoch immer mehr Start-ups (…), die sich dem Nutzen der von dieser Technologie abgeleiteten Plattformen stellen und ganze Industrien grundsätzlich auf den Kopf stellen wollen.“ Als Beispiel verweist er auf die vielen Start-ups, deren Anwendungen inzwischen weit über den Handel mit einer einzelnen Kryptowährung hinausgehen.

Technik in den Kinderschuhen

Was eine Blockchain leisten kann, erklärt Stefan Hirzel, der als Business Solution Manager bei Zühlke Schweiz das Thema verantwortet. Grundsätzlich gehe es um Prozesseffizienzsteigerung oder die Etablierung neuer Geschäftsmodelle. „Überall, wo mehrere Beteiligte validierte Informationen austauschen müssen, sollte man sich Gedanken bezüglich eines Blockchain-Einsatzes machen“, meint er.
Derzeit stünden zwar vor allem Systeme im Mittelpunkt, in denen Finanztransaktionen stattfinden, etwa im außerbörs­lichen sogenannten Over-the-Counter-Handel oder bei Bezahlsystemen. Doch das Potenzial reiche viel weiter: „In allen Supply- und Value-Chains, in denen mehrere Partner zusammenarbeiten, können die Arbeitsabläufe dank eines Blockchain-Einsatzes signifikant vereinfacht werden“, betont Hirzel. Er verweist dabei auf die Rückverfolgbarkeit oder das Ausweisen der Regeltreue (Compliance) via Blockchain.
Daniel Gasteiger
Daniel Gasteiger
Mitgründer von
Nexussquared sowie
Gründer und CEO der
Zürcher Procivis
https://procivis.ch
„Die Technologie steht noch ganz am Anfang und muss weiter optimiert werden.“
Hier helfen die Unveränderbarkeit und Transparenz enorm, weil jeder sehen kann, wie gewisse Dinge entstanden sind. „Auf Knopfdruck können so Compliance-Berichte erstellt oder Fälschungen entlarvt werden.“ Für Hirzel ist aber „der mit Abstand spannendste Teil die Erarbeitung neuer Geschäftsmodelle“. Allerdings weiß auch Zühlkes Spezialist für die Blockchain, dass derzeit schon in allen Bereichen „abenteuerlich an Proofs of Concept und ersten Prototypen gearbeitet“ wird. Doch wirklich produktiv eingesetzte Blockchain-Lösungen sind erst sehr spärlich vorhanden, wie er anfügt.
Aber diese Beispiele gibt es durchaus. So nennt Daniel Gasteiger, Mitgründer der Fintech-Plattform Nexussquared und Gründer sowie CEO der Zürcher Procivis, eine riesige Anzahl von Anwendungen auf Basis von Ethereum, die auf sogenannten Smart Contracts fußen.
Sie kämen zunehmend im Umfeld von Versicherungen zum Einsatz. So hätten Experten des Start-ups Etherisc zum Beispiel Möglichkeiten entwickelt, sich über eine Blockchain-gestützte Anwendung gegen Flugverspätungen beziehungsweise -ausfälle zu versichern.
Procivis selbst entwickelt derzeit eine digitale Identität und darauf basierend ein Tool für diverse Behördenleistungen auf Basis der Blockchain-Technologie. Da viele Menschen auf diesem Planeten noch nicht einmal einen Reisepass besitzen, eine wichtige Arbeit mit viel Potenzial.
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