Wie Wikipedia mehrere Millionen einsammelt

Kurze Wege, niedrige Hürden

von - 26.02.2016
Um das Spenden möglichst einfach zu machen, wurde das entsprechende Formular in das Banner integriert. In den Anfangsjahren der Kampagne mussten die Nutzer erst eine Klickstrecke absolvieren, um zu einer separaten Spendenseite zu kommen.
Heute lassen sich auf der rechten Seite des Banners wichtige Variablen wie Betrag oder Payment-Methode anklicken. Diese Integration von Funktionen führte zur einer Erhöhung der Spendenquote um 98 Prozent. Als Hürde wurde auch die Unsicherheit über die "rich­tige" Spendenhöhe ausgemacht. Deswegen werden sieben konkrete Beträge vorgeschlagen. Durch die bewusste Nennung eines Betrags von zwei Euro soll signalisiert werden, dass auch kleine Spenden willkommen sind. Ein animierter Ladebalken soll für weitere Orientierung sorgen. Das Spendenbarometer erfüllt nach Meinung des Fund­raising-Teams verschiedene Funktionen: Es generiert ­zusätzliche Aufmerksamkeit, erzeugt durch die Kommunikation des Spendenziels Transparenz und auch Handlungsdruck, da die fehlende Summe und die verbleibenden Tage konkret benannt werden.

8,6 Millionen Euro in 50 Tagen

"Die Banner-Erfolgsfaktoren sind ein Destillat unserer ­Arbeit seit einigen Jahren", sagt Till Mletzko, Leiter der Fundraising-Abteilung von Wikimedia Deutschland. Das auf Basis der Faktoren optimierte schlichte Text-Banner zeigte 2015 Wirkung. Am 31. Dezember war das Spendenziel erreicht. 422.000 Leute hatten gespendet. Das Banner war pro Tag durchschnittlich sieben bis acht Millionen Mal eingeblendet worden. Bei dem Wert einer Spende pro Impression von 0,1 Prozent und einem durchschnittlichen Betrag von rund 20 Euro waren die angepeilten 8,6 Millionen Euro in 50 Tagen zusammengekommen.
Einen Teil des Geldes führt der Verein an die globale Wikimedia Foundation ab, die darüber hinaus auch eine eigene ­Kampagne durchführt. Dennoch bleibt noch genug übrig. Für 2016 ist ein Jahresbudget von 6,2 Millionen Euro vorgesehen. Zurzeit hat der Verein 81 Mitarbeiter. Andere Netz-Non-Profits können von solch soliden Einnahmen nur träumen. Chef-Fundraiser Mletzko ist trotzdem nicht ganz ­zufrieden. Optimiert werden kann schließlich immer: "Es spenden weitaus weniger als ein Prozent der Leserinnen und Leser. Angesichts der Tatsache, dass alle Wikipedia-Nutzer einen konkreten Mehrwert aus dem Projekt erhalten, ist meines Erachtens noch viel Luft nach oben."
Von Stefan Mey
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