Mit DevOps auf der Überholspur

Eine Frage der Kultur

von - 02.12.2021
In der Theorie sind die Konzepte  DevOps und Agilität ziemlich attraktiv. Doch die Einführung im eigenen Unternehmen erfordert oft einschneidende Veränderungen hinsichtlich der Unternehmenskultur. Vor allem die herkommliche Art des Arbeitens mit streng abgegrenzten Kompetenzbereichen verträgt sich anfangs möglicherweise  nicht mit dem DevOps-Ansatz. Wichtige Bestandteile einer DevOps-Kultur sind Mut, Vertrauen und Aufgeschlossenheit – damit gemeint ist der berühmte Blick über den Tellerrand, technologisch wie menschlich. Zudem bedarf es einer positiven Fehlerkultur, die Raum für Experimente lässt, und einer mentalen Bereitschaft für Veränderung.
Darüber hinaus ist es in jedem Fall hilfreich, wenn ein Unternehmen bereits Erfahrung mit agilen Entwicklungsmethoden hat, bevor es sich mit DevOps beschäftigt. „In einem klassischen Wasserfallmodell wird eine Organisationsform, die häufiges Deployen, kurze Feedback-Loops und eine Gesamtverantwortung für Entwicklung und Betrieb unterstützt, kaum von Vorteil sein“, so Lutz Keller von Consol. Er betont, zunächst sei es wichtig, dass ein Unternehmen den Schritt zu DevOps auch tatsächlich gehen will. Nicht selten stehe das Management der Einführung von DevOps und den damit verbundenen umfangreichen Maßnahmen kritisch gegenüber. Oftmals seien weitreichende organisatorische Anpassungen notwendig, etwa beim Festlegen gemeinsamer KPI-Vorgaben, bei Planungsprozessen, dem Erwartungsmanagement, dem Personalbedarf oder beim Aufbau der für die Entwicklung nach DevOps-Methoden benötigten Skills. „Und dann sollte die nötige Zeit gewährt werden. DevOps ist eine Organisationsform, in die viele Unternehmen hineinwachsen oder hineingewachsen sind. Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess und eine positive Fehlerkultur sind dabei wichtige Bestandteile.“
Die Einführung von DevOps bedeutet also größere Veränderungen in der Organisation und rüttelt somit an den häufig lieb gewonnenen Strukturen. Das stößt bei den Beteiligten oft auf Unverständnis. In den ersten Stadien der Transformation sind daher Ausdrücke wie „die vom Betrieb“ oder „die von der Entwicklung“ noch an der Tagesordnung und sollten die Projektverantwortlichen und -beteiligten nicht gleich abschrecken. Wie in anderen Bereichen und Projekten in Unternehmen, so sorgt auch die Zusammenlegung von Teams bei der DevOps-Einführung für eine Auflösung vertrauter Hoheitsgebiete – Zuständigkeiten müssen teilweise abgegeben werden und neue Aufgaben kommen hinzu. Für so manchen Betroffenen kann das erst einmal schwierig sein.
Aian Hundegger
Manager und Expertise Lead bei Campana & Schott
Foto: Campana & Schott
„Das größte Hindernis sind traditionelle Strukturen. So muss man es in vielen Unternehmen überhaupt erst einmal schaffen, dass Entwicklung und Betrieb zusammenkommen.“
Das bestätigt Aian Hundegger von Campana & Schott: „Das größte Hindernis sind traditionelle Strukturen.“ So müsse man es in vielen Unternehmen überhaupt erst einmal schaffen, dass Entwicklung und Betrieb zusammenkommen. Es fehle häufig das Verständnis dafür, dass für gute Ergebnisse Abstimmungen nötig sind. „Entsprechend sind strukturelle Voraussetzungen für die Zusammenarbeit zu schaffen, etwa Zeitfenster und Räumlichkeiten.“ Unternehmen sollten hier nicht zu viel vorgeben, da sich die Prozesse erst einspielen müssen. Dies dauert nach Hundeggers Erfahrung oft länger als ein Jahr. Der Reifegrad für DevOps entwickele sich erst durch viele kleine Schritte weiter.
Für Unternehmen jeder Größe ist es wichtig, sobald sie sich für eine DevOps-Kultur entschieden haben, konsequent und mutig am Ball zu bleiben. Dabei muss nicht gleich am ersten Tag ein großer Umschwung passieren – „viel eher sollte in kleinen Iterationen vorgegangen werden“, rät Lutz Keller. Für erste Gehversuche lohnt es sich oft, ein Pilotprojekt in einem Team zu starten.
Kleinere Unternehmen mit überschaubarer IT-Abteilung holen sich dafür am besten Hilfe von außen, denn es gibt viel zu beachten: Eine methodische Vorgehensweise stellt sicher, dass alle notwendigen Schritte umgesetzt und alle Beteiligten auch emotional mit ins Boot geholt werden. Die Liste der Aufgaben umfasst Bereiche wie Analyse, Definition von Meilensteinen und eines Ziels, Bestimmung eines Kernteams, Entscheidung für einen Technologie-Stack, Definition der Testverfahren, Festlegen geeigneter Tools und Methoden für ein wirklich agiles Projektmanagement und Software-Engineering sowie den notwendigen Know-how-Transfer.
Manager und Expertise Lead Aian Hundegger von Campana & Schott fügt hinzu, dass Unternehmen bei der Einführung des DevOps-Ansatzes zudem weitgehend automatisierte Technologien für die Produktintegration benötigen, die den laufenden Betrieb nicht beeinträchtigen. Dies erfordere Funktionen für Risikomanagement, schnelles Zurücksetzen zum vorherigen Systemstand sowie integrierte Tests und schnelle Fehlerbehebung. Zur Verbesserung der Qualität seien dann regelmäßige Messungen der Funktionalität, Performance und Fehlerquote nötig.
Ein häufiges Problem besteht in der Praxis darin, dass der Operations-Bereich keine agilen Methoden einsetzt, sondern transaktional arbeitet, meist mit einem Ticket-System. Das bremst die Software-Entwicklung aus, wenn es darum geht, neue Applikationen auszurollen, ob für Test- oder Produktivzwecke. „DevOps soll die Zusammenarbeit zwischen Entwicklung und Betrieb verbessern, sodass der Operations-Teil viel mehr eingebunden ist und nicht nur Tickets am anderen Ende der Leitung bearbeitet“, erläutert Roman Borovits, Senior Systems Engineer DACH bei dem Cloud-Sicherheits-Unternehmen F5.
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