So tief greifend verändert das IoT die Industrie

Einsatzbereiche IIoT

von - 06.04.2018
Ob auf Bohrinseln, Containerschiffen, Windkraftanlagen, im Lkw oder in der Fabrikhalle: Sensoren sammeln Daten über Temperatur, Vibrationen, Geschwindigkeit, Position und andere Parameter und senden sie an Analyseplattformen, die da­raus etwa die Leistung und den Energiebedarf einer Maschine oder Anlage, potenzielle Störungen und die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls oder die optimale Route eines Containers und seine Ankunftszeit berechnen. „Immer dort, wo Entscheidungen aufgrund einer Datenbasis gefällt werden, können uns digitale Lösungen in Sachen Geschwindigkeit und Fehlerresistenz voraus sein“, sagt Bernd Groß, Senior Vice President IoT & Cloud Business Unit bei der Software AG und CEO des IoT-Spezialisten Cumulocity.
Dominik Rüchardt
Dominik Rüchardt
Senior Director & Head of Business-, Market- and
Partner-Development
Central Europe bei PTC
www.ptc.com/de
Foto: PTC
„Der Markt hat sich noch nicht mehrheitlich für konkrete tragfähige Architekturkonzepte entschieden.“
Ein typischer deutscher Mittelständler, der auf Basis der Cumulocity-Plattform das IIoT nutzt, ist der Dampfautomatenhersteller Certuss. Das Unternehmen liefert Dampferzeuger unter anderem für die Sterilisierung von chirurgischen Instrumenten, die Lebensmittelproduktion und die Kunststoffherstellung. Seine Produkte spielen oft eine Schlüsselrolle in Produktionsprozessen, ein Ausfall hat häufig gravierende Folgen. Um Stillstände zu minimieren, erfasst das Unternehmen 60 Parameter wie Druck, Temperatur und Wasserstand und verarbeitet diese in einem eigenen Analytics-System. Auf Grundlage der Daten lassen sich nicht nur Fehler schneller erkennen oder sogar vermeiden, die Dampferzeuger können zudem aus der Ferne konfiguriert und optimal eingestellt werden.

Vernetzt im Mesh

Sensoren wie die von Certuss erfassen eine große Menge an Daten, die möglichst schnell in Analysesysteme übertragen werden müssen. „Das Wichtigste ist weiterhin die zuverlässige Verfügbarkeit einer stabilen und leistungs­fähigen Netzverbindung“, betont Dominik Rüchardt, Senior Director & Head of Business-, Market- and Partner-Development Central Europe beim IoT-Software-Unternehmen PTC, „das aufkommende 5G-Netz wird hier einiges bewirken.“
In manchen Fällen ist eine Mobilfunkverbindung schwierig oder unmöglich, etwa bei Offshore-Windkraftanlagen, Smart-Metern im Keller oder Containerschiffen auf hoher See. Auch die Verbindung per WLAN kann problematisch sein. Im freien Feld fehlt die Infrastruktur, im Produktionsbereich stören massive Wände oder elektromagnetische Interferenzen. Hinzu kommt der hohe Energiebedarf für die Kommunikation über Mobilfunk- oder WLAN-Netze. In vielen Fällen sind die Sensoren und Sendegeräte sehr klein, die Stromversorgung erfolgt über winzige Knopfzellen, deren Leistung womöglich für einen Betrieb über Wochen und Monate reichen muss, bevor sie ausgetauscht werden können.
Christian Dornacher
Christian Dornacher
Director Storage und
Analytics Solutions EMEA
bei Hitachi Vantara
www.hitachivantara.com
Foto: Hitachi Vantara
„Richtig umgesetzt bringt IIoT den Unternehmen spürbare Vorteile und damit den notwendigen Vorsprung im Wettbewerb.“
Die Mobilfunknetzbetreiber arbeiten allerdings daran, die Übertragung kleiner Datenpakete, wie sie im IIoT vorkommen, so energiesparend und flächendeckend wie möglich anzubieten. „Speziell beim Transport der Daten von extern eingesetzten Sensoren setzen wir große Erwartungen in die Narrowband-Technologie, die von den führenden Mobilfunk­anbietern gerade ausgerollt wird“, erklärt Christian Dornacher, Director, Storage und Analytics Solutions EMEA bei Hitachi Vantara.
Wie der Name andeutet, sieht Narrowband-IoT (NB-IoT) schmale, nur 180 kHz breite Kanäle vor, in denen bis zu 250 KBit/s übertragen werden können. Um höhere Reichweiten zu erzielen, nutzt das System neben einer verbesserten Modulation eine Mehrfachübertragung von Daten. So lässt sich rechnerisch im Vergleich zum herkömmlichen Mobilfunk eine um 20 dB höhere Signalstärke erreichen.
Eine Alternative zu Narrowband ist Bluetooth Low Energy, das mit einer Sendeleistung von nur 10 Milliwatt (mW) auskommt. „Bei Buetooth LE ist allerdings die Reichweite nur sehr gering“, weiß ISG-Advisor Nickels. „Im IIoT-Umfeld kommen deshalb häufig sogenannte Mesh-Infrastrukturen zum Einsatz.“ In einem Mesh fungieren die einzelnen Elemente nicht nur als Sender und Empfänger, sondern reichen auch die Daten benachbarter Elemente durch das Netz weiter. „Dadurch kann ich trotz sehr geringem Energieverbrauch relativ große Räume abdecken“, beschreibt Nickels die Vorteile.
Die Spezifikation der Bluetooth Special Interest Group (SIG) für Bluetooth Mesh wurde erst im Juli 2017 verabschiedet. Sie ist bereits für Industrieanforderungen ausgelegt und soll im Hinblick auf Sicherheit, Skalierbarkeit und Robustheit bei der Datenübertragung den hohen Ansprüchen im professionellen Umfeld genügen.
Andere Mesh-Protokolle wie Zigbee und Z-Wave sind schon länger am Markt etabliert. Während Z-Wave eher im Bereich Heimautomation positioniert ist, adressiert die Zigbee Alliance den industriellen Sektor. Die im vergangenen Jahr angekündigte Weiterentwicklung der Zigbee-PRO-Netzwerktechnologie (Zigbee PRO 2017) soll sich für sehr große Mesh-Netze eignen und kann dafür die ISM-Bänder 800 bis 900 MHz und 2,4 GHz simultan nutzen.
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