Industrial Internet of Things
So tief greifend verändert das IoT die Industrie
von
Thomas
Hafen - 06.04.2018
Foto: Panchenko Vladimir / shutterstock.com
Das Internet der Dinge schafft Effizienzgewinne und neue Geschäftsmodelle. com! professional zeigt, welches Potenzial für die Industrie dahinter steckt.
Mit der richtigen Idee lässt sich alles verkaufen – sogar Luft. Zumindest, wenn sie als Druckluft aus den Maschinen des Herstellers Kaeser Kompressoren kommt. Mit dem Betreibermodell Sigma Air Utility bietet das Unternehmen Druckluft zum Festpreis an. Die Geräte selbst bleiben im Besitz von Kaeser.
Um seinen Service so effizient, zuverlässig und kostensparend wie möglich anbieten zu können, setzt Kaeser Kompressoren auf eine nahtlose Vernetzung und Überwachung seiner Produkte. Laut Angaben des Technologiepartners Hewlett Packard Enterprise (HPE) konnte das Unternehmen so ungeplante Ausfälle um 60 Prozent reduzieren und den Energieverbrauch für die Druckluft um mehr als ein Viertel senken.
Möglich wird eine solche Vernetzung erst durch das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT). In ihm kommunizieren Geräte und Maschinen untereinander oder mit ihren Nutzern. Im privaten Umfeld sollen internetfähige Alltagsgegenstände wie Kühlschränke und per Smartphone steuerbare Heizungen oder Steckdosen vor allem mehr Komfort ins Smarthome bringen.
Im Industrial IoT (IIoT) geht es dagegen um handfeste Geschäftsvorteile. „Ziel ist es, über Datenverarbeitung und Datenkombination sowie Prozessoptimierung die Effizienz des Unternehmens zu steigern und durch die umfassende Korrelation der Daten aus verschiedensten Quellen neue Geschäftsmodelle zu entwickeln“, sagt Thomas Schulz, Channel Manager bei GE Digital, das mit Predix eine cloudbasierte IIoT-Plattform anbietet. Während im Endkundenbereich häufig die Kommunikation zwischen Nutzer und Gerät im Vordergrund steht, spielt in der Industrie die Vernetzung von Maschinen untereinander die Hauptrolle. „Das IIoT kommt im Gegensatz zum IoT meist in Systemen zum Einsatz, die aus zahlreichen einzelnen Maschinen oder Subsystemen bestehen“, erklärt Stefan Issing, Global Automotive Industry Director beim Software-Anbieter IFS. „Diese Systeme haben in der Regel sehr lange Lebensdauern, werden individuell überwacht und interagieren mit anderen Systemen.“ Häufig wird IIoT laut Bernhard Kirchmair, Chief Digital Officer (CDO) bei Vinci Energies Deutschland (VED), auch mit Industrie 4.0 gleichgesetzt: „Industrie 4.0 steht auch für die vierte industrielle Revolution und macht damit deutlich, wie weitreichend die Veränderungen sind, die das IIoT mit sich bringt.“
Vorreiter
Als traditionelles Land der Maschinenbauer und Ingenieure ist die Nachfrage nach IIoT-Lösungen in Deutschland naturgemäß hoch. Die von der Unternehmensberatung Arthur D. Little und dem Branchenverband Eco herausgegebene Studie „Der deutsche Industrial-IoT-Markt 2017–2022“ geht von mehr als einer Verdoppelung des Marktvolumens bis zum Jahr 2022 aus. Mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von circa 19 Prozent soll es von rund 7 Milliarden Euro 2017 auf fast 17 Milliarden Euro im Jahr 2022 wachsen. Accenture rechnet bis 2020 mit einem weltweiten Umsatz von mindestens 500 Milliarden Dollar mit intelligenten Systemen, vernetzten Geräten und den für die Analyse notwendigen Plattformen. „Der IIoT-Markt wächst gewaltig“, bestätigt Oliver Nickels, Senior Advisor Digital Customer Journey bei der Information Services Group Germany (ISG), diesen Trend. Diese Investitionen sind laut den Experten von Accenture ein enormer Hebel für die Wirtschaftsleistung. Sie schätzen, dass das IIoT bis 2030 in Deutschland zu einem Wirtschaftswachstum von rund 570 Milliarden Euro führt. Weltweit soll das IIoT rund 14 Billionen Dollar an zusätzlicher Wirtschaftsleistung bringen.
Die Voraussetzungen für den IIoT-Siegeszug sind hierzulande ausgesprochen gut. Laut Eco und Arthur D. Little gehört Deutschland zu den Vorzeigenationen, was sich unter anderem an der Zahl der Industrieroboter zeige. „Während die Roboterdichte pro Industriebeschäftigten weltweit bei knapp 70 pro 10.000 Beschäftigten liegt, ist Deutschland mit rund 300 Robotern pro 10.000 Beschäftigten unter den Top-5- Nationen weltweit“, heißt es in dem Report. Auch ISG-Advisor Nickels spricht der deutschen Industrie eine Vorreiterrolle zu: „Vor allem die deutsche Automobilindustrie und der Maschinenbau nehmen bei der Nutzung des IIoT eine Spitzenstellung ein.“ Laut Nickels machen die beiden Branchen etwas mehr als 50 Prozent des deutschen IIoT-Marktes aus, gefolgt von den Energieversorgern und der Elektro- und Elektronikindustrie. „Hier unterscheidet sich Deutschland vom Rest der Welt“, berichtet der Analyst. „In anderen Industrienationen ist der IIoT-Einsatz im Bereich Transport und Logistik schon sehr weit fortgeschritten. Das ist in Deutschland noch nicht so stark ausgeprägt.“