Stilllegen hat ein Millionen-Sparpotenzial

Ansätze bei der Migration

von - 03.07.2019
com! professionial: Bleiben wir bei SAP: Welchen Ansatz wählen Ihre Kunden bei der Migration?
Failer: Wir beobachten drei Strategien: die Konvertierung von einem Standardsystem in ein neues Standardsystem. Dann die Transformation, wenn viele Eigenentwicklungen vorhanden sind, die auch in der neuen Umgebung weiterverwendet werden sollen. Und schließlich den Greenfield-Ansatz, bei dem die Altsysteme abgeschaltet und die Lösung von Grund auf neu aufgebaut wird.
Meiner Einschätzung nach sind vermutlich nicht einmal 10 Prozent der Kunden in der Lage, die Standardsysteme zu konvertieren. Denn so gut wie niemand arbeitet mit dem Standard. Die Transformationsprojekte sind sehr komplex. Dabei sollen Applikationen mit 100.000 Tabellen in Systeme mit nur noch 10.000 Tabellen migriert werden. Hier müssen sehr leistungsfähige Werkzeuge und viel Know-how aufgeboten werden, um die Umstellung zu schaffen. Auch bei dieser Gruppe an Unternehmen dürfte es sich um eine Minderheit handeln. Die Mehrheit wird einen Greenfield-Ansatz wählen oder eine Kombination mit der Transformation und SAP-Konversions-Tools. Dann werden die Grundsysteme neu aufgebaut sowie Prozesse neu definiert und implementiert. Und gewisse Funktionen werden aus den Altsystemen migriert.
com! professionial: Welche Pläne haben Sie mit Ihrer Firma?
Failer: Wir entwickeln uns in Phasen. Heute sind wir stark im automatisierten Implementieren und Betreiben von Umgebungen für Legacy-Daten. Diese Installationen sind kostengünstig und wartungsarm. Bereits heute können unsere Kunden, ob globale oder lokale Player, unsere Software aus der Cloud für Big-Data-Szenarien nutzen.
Unsere nächste Entwicklungsphase wird sein, Tools für intelligentere Migrationen zu bauen. Wir nennen es „Identify“ und „Design“: Heute bieten wir den Kunden einen Service an, der zum Beispiel eine SAP-Installation prüft und die für den operativen Betrieb notwendigen Daten iden­tifiziert. Diesen Service wollen wir mit Hilfe Künstlicher Intelligenz und dem Fachwissen der besten Spezialisten auf unserem Gebiet in ein eigenes Produkt bündeln. Dafür müssen wir noch einige Migrationen abschließen, damit die Maschine aus unserer Tätigkeit lernt und bestimmte Muster in den Vorgehensweisen erkennen kann. Das wäre „Identify“.
Bei „Design“ geht es darum, Algorithmen zu entwerfen, die automatisch Daten klassifizieren nach ihrer Relevanz für das operative Geschäft. Anschließend können die Algorithmen in Migrationswerkzeuge implementiert werden, sodass die Sortierung der Geschäftsdaten automatisch geschehen kann. Produkte für Identify und Design stehen in diesem Jahr auf der Agenda.
com! professionial: Und wo geht danach die Reise hin?
Failer: Eine weitere Phase für die Weiterentwicklung ist die universelle Anwendbarkeit unserer Lösung. Neben Still­legungen und der S/4-Migration gibt es noch weitere Cases, in denen JiVS nützlich sein kann. Ein Beispiel sind Firmenübernahmen: Mit einem zugekauften Unternehmen kommt auch eine ganze Menge neuer IT in den Konzern. Die Systeme werden heute meist manuell in die bestehende Applikationslandschaft integriert. Während wir Lösungen für das Stilllegen von Systemen liefern können, haben wir keine Anwendungen, die Systeme respektive Daten mit gleichen oder zumindest ähnlichen Funktionen zusammenbringen.
Wir arbeiten deshalb an Lösungen, die Datenbestände und Business-Logiken ermitteln und dann mit vorhandenen Systemen zusammenbringen können. Wir haben Hilfe von Data Scientists, die auch jenseits der von SAP bekannten Tabellen und Hierarchien Zusammenhänge ermitteln können. Wir bieten dies zwar heute als eine Servicedienstleistung an. Diese analytischen Fähigkeiten sollen aber nach und nach in unser Produkt integriert werden.
So wollen wir mit Produkten skalieren. Heute arbeiten schon viele global tätige und auch hochspezialisierte Implementierungspartner mit uns im Verkauf und im Rahmen von Projekten zusammen. Darüber sind wir schon jetzt auch außerhalb des DACH-Raums in Regionen wie Asien, Nordamerika und Südafrika vertreten. Ebenso können wir über diese Community weltweit auf mehr als 100 Spezialisten zugreifen.
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