Altsysteme ablösen

Stilllegen hat ein Millionen-Sparpotenzial

von - 03.07.2019
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Foto: Phonlamai Photo / shutterstock.com
Thomas Failer von Data Migration Services berichtet über die Migration auf ein neues SAP-System. Gerade solche Vorgänge eignen sich sehr gut für die Erneuerung der Infrastruktur sowie der Stilllegung von Altsystemen.
Thonas Failer
Thomas Failer: Besitzer und Verwaltungsratspräsident von Data Migration Services
(Quelle: Data Migration Services )
Die Umstellung der SAP-Systeme auf das neue S/4HANA beschäftigt CIOs. Bis 2025 muss die Migration über die Bühne gebracht sein, sagt der ERP-Hersteller. Im Zuge des Updates bietet es sich an, die Infrastruktur grundlegend zu erneuern und Altsysteme abzuschalten, empfiehlt Thomas Failer. Seine Firma Data Migration Services ist spezialisiert auf Systemstill­legungen - im SAP-/Non-SAP-Umfeld und auch für M&A-Szenarien - und implementiert die selbst entwickelte JiVS-Plattform. Sie ist unter anderem bei Kunden wie ABB, ABInBev, Alstom, Commerzbank, General Electric und Mercedes-Benz im Einsatz. Von 2011 bis April 2018 war Failer Geschäftsführer von T-Systems Data Migration Consulting.
com! professionial: Sie versprechen riesiges Sparpotenzial durch das Stilllegen von Altsystemen und niedrigere Lizenzkosten bei schlanken Neuinstallationen. Wo ist der Haken?
Thomas Failer: Ich sehe zwei: Erstens ist das Stilllegen von Altsystemen nicht gerade ein Projekt mit hoher Priorität bei den CIOs. Von 100 Unternehmen haben vielleicht fünf eine Maßnahme für die Legacy in der Umsetzung. Das ist in den USA übrigens ganz anders. Dort ist klar: Es gibt kein S/4HANA-Projekt, ohne vorher die Systemlandschaft aufzuräumen. Dort erkennt man den Mehrwert des Stilllegens viel eher als etwa in der Schweiz. Ein Hauptgrund ist, dass der Return für ein solches Vorhaben in vielen Fällen unter einem halben Jahr liegt und dabei Einsparungen zwischen 1 und 100 Millionen Franken realisiert werden können.
Zweitens ist das Thema auch im S/4-Umfeld noch nicht so heiß. Die SAP-Migrationen sind vielerorts noch in der Planung, mit dem Projektstart ist meist erst 2021 zu rechnen. Diese Verzögerung oder Zurückhaltung ist für uns allerdings kein Problem. Wir wachsen seit drei Jahren mit um die 50 Prozent und gehen aufgrund der wachsenden Pipeline sogar von Wachstumsraten deutlich höher als 50 Prozent aus.
com! professionial: Wo steht die Migration auf SAP S/4HANA? Genügen das Know-how und die Ressourcen?
Failer: Die rund 12.700 Kunden von SAP im deutschsprachigen Raum müssen alle bis 2025 umgestiegen sein. In den letzten fünf Jahren vor dem Termin werden noch 10.000 Firmen umstellen. Für die reine Datenmigration - die erfahrungsgemäß 25 Prozent des Projekts ausmacht - gibt es viel zu wenig Experten. Meiner Schätzung nach wäre etwa die fünffache Anzahl an Personen erforderlich, um den Bedarf in Zukunft zu decken. Heute gibt es im deutschsprachigen Raum 3.000 Spezia­listen für diese Themen. Bei den Migrationen wird Software helfen müssen. Nach unserer Projekterfahrung lässt sich etwa 50 Prozent des Aufwands reduzieren. So ließe sich auch der Engpass beim Personal verringern.
com! professionial: Wie verringert Software den Aufwand?
Failer: Traditionell bedeutet eine Migration, dass man probiert, sämtliche Daten aus den Altsystemen auf die neue Plattform zu transformieren - wie sinnvoll das auch immer ist. Dabei entstehen Silos mit historischen Daten, die aus Gründen der Compliance in ihrem ursprünglichen Format abgelegt werden müssen. Diese Datenhaltung durch Weiterbetrieb der Altsysteme verursacht enorme Kosten. Nur selten wird die Möglichkeit erwogen, die Informationen getrennt von den Altsystemen zu verwahren. Laut Schätzungen des Beratungsunternehmens Cap­gemini könnten bis zu 50 Prozent der Altsysteme ab­geschaltet werden, wenn es eine einfache Exportmöglichkeit und Plattformen gäbe, mit denen man die Daten wie zuvor anzeigen kann. Wir haben mit JiVS eine Lösung entwickelt, die auf Knopfdruck zum Beispiel die Daten aus einem SAP-System vollständig extrahiert und sie in einem maschinenlesbaren Format speichert. Der Zugriff kann dann qualitativ gleich wie bisher erfolgen.
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