Ab in die Garage

Neue Wege für schnelle Innovationen

Moderner Arbeitsplatz
Foto: Sfio Cracho / shutterstock.com
Konzerne ziehen in Garagen, um mit Partnern schnell neuartige Digitalprodukte zu entwickeln. Ein eher ungewohntes Umfeld wirkt sich positiv auf neue Entwicklungen aus.
Geht es nach den Planern, wird hier die Zukunft entstehen: Flugtaxis und autonome Drohnen starten zu Testflügen, junge und alte Unternehmen entwickeln Technologien und digitale Services.
Doch heute ist es grau, wolkenverhangen und es regnet. Ein wenig inspirierender Tag am Flugfeld Dübendorf auf dem Gelände des Switzerland Innovation Park Zürich. In einer unscheinbaren Baracke wird es plötzlich bunt. Notizzettel in unterschiedlichen Farben leuchten einem entgegen, festgepinnt an verschiebbaren Wänden. Auf den Zetteln: Ideen für ein neues Produkt, Hinweise zu Abläufen und Wünsche für die Programmierung eines Tools. In der Mitte des Raums lädt ein Sofa aus Europaletten, gepolstert mit roten und blauen Kissen, zum Verweilen ein. Doch es bleibt ungenutzt. Daneben sitzt eine Gruppe lieber auf Holzstühlen, versammelt vor einer Leinwand, und diskutiert die da­rauf projizierten Informationen. Es geht um Schnittstellen, Datenqualität und wie sie ihren neuen Service zum Fliegen bringen kann. Denn die Zeit läuft: Ende der Woche muss der Prototyp stehen, dann endet das Projekt mit einem Pitch vor Kunden und der Geschäftsleitung.
Neben der Garage, im Empfangsgebäude des Innovation Parks, erläutern an einem Display Uli Eisert und Daniel Kölsch, was in der Garage passiert. Die beiden leiten die Mode-2 Garage, eine Einrichtung von SAP Schweiz, in der Unternehmen begleitet von technischen Experten Prototypen entwickeln können. Die Lösungen können auf SAP-Technik aufbauen, müssen es aber nicht. Open-Source-Technik ist genauso willkommen wie SAPs IoT- oder Analytics-Produkte.
„Wir stellen immer wieder fest, dass unsere Kunden im Tagesgeschäft festhängen. Zudem beschäftigen wir uns mit neuen Fragestellungen unserer Kunden, für die noch keine fertige Software existiert. Wir haben gemerkt, dass wir ein Format brauchen, um Lösungsansätze mit Prototypen greifbar zu machen und um neue Tech­nologien wie KI, IoT oder Blockchain zu zeigen und auszuprobieren“, erklärt Kölsch die Entstehung der Mode-2 Garage und betont: „Wir wollten aber keine Bastelbude sein. Sondern es sollen konkrete Lösungen entstehen.“

Vorbild Silicon Valley

Start-ups im Silicon Valley begannen meist aus Geldnot in den Garagen der Eltern, ihre ersten Produkte zu ent­wickeln. Weshalb sollte man das als etabliertes Industrieunternehmen machen? „Es ist wichtig, die Leute aus ihrer gewohnten Umgebung herauszuholen“, betont Kölsch, der seit vier Jahren in der Innovationsentwicklung bei SAP Schweiz arbeitet und die Garage mitgegründet hat. Auch deshalb hat die Garage „ihren robusten Charakter erhalten“, wie Co-Gründer Uli Eisert sagt. „Ein Kunde, eine Woche, eine Herausforderung“ - so lautet das Motto. „Auf diese Weise wollen wir Kunden bewusst machen, wie weit man in nur einer Woche kommen kann“, erklärt Eisert. Anschließend wird abgeschätzt, inwieweit man das Projekt auf Basis des Minimal Viable Products (MVP) weiterverfolgt oder ruhen lässt.
Im Zentrum der Innovationsentwicklung steht der Design-Thinking-Ansatz, so Uli Eisert. Deshalb werden die Projekte wenn immer möglich mit Endkunden des Workshop-Kunden durchgeführt. Denn nur wer den Kunden ins Zentrum der Entwicklung stellt, kann ein hochwertiges Produkt schaffen. Für Eisert sind dabei drei Dinge wichtig: ein diverses Team, eine andere Arbeitsumgebung und ein Wegfall der Hie­rarchien. „Wer hier mitmacht, muss sich austoben können“, ergänzt sein Kollege Kölsch. Entsprechend ist der Workshop aufgebaut. Am ersten Tag wird untersucht, wer der Kunde ist, welche Pain Points ihn umtreiben und wie man sein Pro­blem lösen kann. Dafür werden Personas entwickelt, an denen sich die Teams während der Woche orientieren.
An drei Tagen baut und programmiert das Team einen technischen Prototyp und verfeinert parallel dazu das Ser­vicemodell, indem man das Produkt immer wieder mit dem Endkunden bespricht - bis es passt. Oder mit Eiserts Worten: „Bis der Kunde sagt: ,Das ist gut, dafür würde ich Geld ausgeben‘.“ Wichtig ist zudem, dass es günstige Proto­typen sind, für die zu Beginn wenig Geld ausgegeben und erst im weiteren Projektverlauf mehr Budget investiert wird. Auch muss am Mockup und an der Präsentation gearbeitet werden. Denn am Freitag ist Showtime: Dann gilt es, das Minimal Viable Product (MVP) zu präsentieren.
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