Die größten Probleme bei der Cloud-Nutzung

Kosten

von - 05.10.2020
Geld sparen und Investitionen in neue Hard- und Software vermeiden, das waren zumindest zu Beginn der Cloud-Welle die wichtigsten Ziele einer Migration. Inzwischen ist in vielen Fällen Ernüchterung eingekehrt.
„Manche Kunden haben realisiert, dass die Cloud sie teurer kommt als ihre eigene On-Premise-Installation“, sagt Achim Freyer von Rubrik. Oft wüssten die Unternehmen nicht einmal genau, was sie die Cloud kostet. „Wenn man Ende des Monats Hunderte von Blättern von AWS oder Microsoft Azure bekommt, geht der Durchblick schnell verloren.“ Laut dem „2019 Cloud Adoption Survey“ des Automation-Plattformanbieters NetEnrich schlägt sich mehr als die Hälfte der befragten IT-Entscheider in Cloud-Projekten mit Budgetüberschreitungen herum.
Was passiert, wenn man sich die Servicepauschalen der Cloud-Provider nicht genau ansieht, zeigt das Beispiel der NASA. Die US-Raumfahrtbehörde kämpft mit einer enormen Zunahme der Datenmenge in ihrem Earth Science Data and Information System (ESDIS), in dem sämtliche erdbezogenen Be­obachtungen zusammengefasst werden. Diese soll nämlich bis zum Jahr 2025 von aktuell 32 Petabyte auf annähernd 250 Petabyte steigen. Bisher verwaltete die NASA diese Informationen in zwölf eigenen verteilten Rechenzentren (Distributed Active Archive Centers, DAACs) und stellte sie über das Earth Observing System Data and Information System (EOSDIS) Forschern zur Ver­fügung. 
Im vergangenen Jahr beschloss das Unternehmen, die Daten in eine von AWS betriebene „Earthdata Cloud“ auszulagern. Leider hatte die NASA vergessen, dass die Daten nicht nur in die Cloud transferiert werden müssen, sondern auch wieder heraus, etwa wenn Wissenschaftler sie für Experimente und Analysen auf lokale Systeme herunterladen wollen. Bislang war der Download aus den DAACs für die Anwender kostenlos, zukünftig wird Amazon die Raumfahrtbehörde aber für den Datenabfluss zur Kasse bitten.
Ein vom Büro des NASA-Generalinspekteurs durchgeführtes Audit warnt daher ausdrücklich vor den Folgen der Mi­gration und bemängelt, dass Kosteneinsparungspotenziale nicht berücksichtigt wurden. „Es besteht das Risiko, dass wissenschaftliche Daten für den Endbenutzer weniger verfügbar werden, wenn die NASA aus Gründen der Kostenkontrolle die Menge der ausgegebenen Daten begrenzt“, heißt es in dem Bericht.
„Es ist wichtig, eine sehr genaue TCO-Analyse durchzuführen, die das erwartete Datenwachstum sowie die Kosteneffizienz der Nutzung von interoperablen Cloud-Anbietern zur Vermeidung der Anbieterbindung berücksichtigt“, rät Markus Grau von Pure Storage daher nicht ohne Grund. Dabei schneidet die Cloud nicht notwendigerweise besser ab als Alternativen. „In einigen Anwendungsfällen sind Lösungen im Rechenzentrum für die meisten Workloads heute bereits kostengünstiger als die Public Cloud“, erklärt Guntram Alffen von Avi Networks.

Fazit & Ausblick

Mangelnde Sicherheit, fehlender Datenschutz, Ausfälle, Abhängigkeiten und explodierende Kosten - muss man sich angesichts dieser gravierenden Probleme Sorgen um das Erfolgsmodell Cloud machen? Wohl kaum. Die Wachstumsraten sind trotz zunehmender Rückholaktionen ungebrochen, dafür sorgt allein schon die enorme Zunahme an Daten und internet­fähigen Geräten, die für die kommenden Jahre pro­gnostiziert wird. 
Dennoch sollten es sich Unternehmen, vor allem aber auch Behörden und Schulen, genau überlegen, ob sie sich wirklich in die Hände der US-Cloud-Anbieter begeben wollen. Angesichts des eskalierenden Wirtschaftskriegs mit den USA bedroht deren Marktmacht zunehmend auch die europäische Souveränität. Dass ihre Betreiber in Europa so gut wie keine Steuern zahlen, macht die Sache nicht besser. Ein europäisches Cloud-Projekt wie Gaia-X ist deshalb dringend geboten. Bleibt nur zu hoffen, dass es nicht wie die Digitalsteuer an Partiku-larinteressen und der Lobbyarbeit der Digitalkonzerne scheitert.
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