Digital Labs als Motor der Digitalisierung

Im Gespräch mit Maximilian Röglinger und Nils Urbach vom Fraunhofer FIT

von - 11.12.2018
Nils Urbach
Prof. Dr. Nils Urbach: Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT
(Quelle: Fürsteneck Fotografie )
Warum scheitern so viele Digital Labs und welche Rolle können sie bei der digitalen Transformation spielen? Die Professoren Nils Urbach und Maximilian Röglinger von der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT geben Antworten.
com! professional: In Ihrer Studie „Designing IT Setups in the Digital Age“ aus dem letzten Jahr ordnen Sie 44 Prozent der Unternehmen als „digitale Anfänger“ und 27 Prozent als „digitale Verweigerer“ ein. Hat sich an der ernüchternden Situation mittlerweile etwas verändert?
Nils Urbach: Da hat sich definitiv etwas getan. Das Thema Digitalisierung ist maximal präsent. Es gibt zahlreiche Veranstaltungen, selbst die Publikumspresse beschäftigt sich damit. Ich denke daher, dass der Anteil der „Verweigerer“ deutlich gesunken ist.
Maximilian Röglinger: Das kann ich bestätigen. Von der IT-Seite her sind allerdings nach wie vor noch viele Unternehmen nicht fit genug.
com! professional: Warum müssen sich Unternehmen überhaupt verändern? Oft sind sie in ihren Kernmärkten erfolgreich.
Röglinger: Die Digitalisierung kann man nicht aussitzen. In vielen Branchen treten neue Wettbewerber auf, die völlig anders agieren als die klassische Konkurrenz. Sie haben in der Regel kein umfassendes Portfolio, sondern bieten ein einziges Produkt an und konzentrieren sich dabei auf das Kundenerlebnis und die Kundenzufriedenheit. Aber auch intern stehen Unternehmen nach wie vor großen Herausforderungen gegenüber. Ihre IT ist weit davon entfernt, agil zu agieren und die Geschäftsprozesse ausreichend zu unterstützen.
com! professional: Die Digitalisierung stellt laut Ihrer Studie eine Vielzahl von Anforderungen auf unterschiedlichsten Ebenen an die Unternehmen. Wie kann es gelingen, diesen „gordischen Knoten“ zu durchschlagen?
Urbach: Dafür gibt es keine pauschale Lösung, das ist eine sehr individuelle Sache. Natürlich sollte man auch nach links und rechts schauen. Was machen die Mitbewerber? Was passiert in der Branche? Es gibt Best Practices, aber letztlich kann die Antwort auf Ihre Frage nur individuell gegeben werden.
Röglinger: Man muss vor allem im Mittelstand in der Unternehmensleitung Bewusstsein dafür schaffen, dass digitale Transformation mit Investitionen verbunden ist. Viele Geschäftsführer haben verstanden, dass Digitalisierung ein wichtiges und langfristiges Thema ist. Von dieser Erkenntnis zu einem eigenen
Maximilian Röglinger
Prof. Dr. Maximilian Röglinger: Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT
(Quelle: Nils Traenkler )
Budget und Mitarbeitern, die sich gezielt um das Thema kümmern, ist es jedoch noch ein großer Schritt. Dann geht es da­rum, strukturiert vorzugehen. Im Rahmen einer SWOT-Analyse sollte man diese Handlungsfelder analysieren und dann entsprechend den eigenen Stärken und Schwächen eine Roadmap erstellen, die natürlich kontinuierlich zu aktualisieren ist.
com! professional: Das Digital Lab kam in Ihrer Studie nicht gut weg. Ein Großteil der befragten Manager zeigte sich von ihren Labs enttäuscht. Wo sehen Sie die Ursachen?
Röglinger: Viele Unternehmen dachten, ein Lab sei eine Art Keimzelle der Digitalisierung. Es sollte eine Sogwirkung auf das ganze Unternehmen oder zumindest die IT-Abteilung entwickeln, so die Hoffnung. Das kann natürlich nicht funktionieren, wenn man sich ansieht, wie groß manche IT-Abteilungen und wie klein die Lab-Mannschaften sind. Ein Lab kann durchaus sinnvoll sein, um disruptive Ansätze auszuprobieren. Man kann aber aus einem Lab heraus nicht die gesamte Unternehmens-IT transformieren.
com! professional: Also ist nicht die Idee des Digital Labs das Problem, sondern die Erwartungshaltung der Unternehmen?
Urbach: Es gibt durchaus verschiedene Gründe, warum ein Lab aufgebaut wird. Der Erfolg eines Labs hängt im Wesentlichen von der Motivation ab, die hinter seiner Gründung steht.
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