ePrivacy-Verordnung: Das Ende des Targetings

Viel Arbeit für Ad-Dienstleister

von - 07.05.2018
Guillaume Marcerou Criteo
Guillaume Marcerou, Global Privacy Director bei Criteo
(Quelle: F. Kemper )
Für Guillaume Marcerou bedeuten die DSGVO und die ePV eine Menge Arbeit. Der Franzose ist Global Privacy Director bei Criteo, einem Spezialisten für das Ausspielen von personenbezogener Werbung: "Das Privacy-Team ist Teil der Produktentwicklung", berichtet Marcerou."Jede neue Maßnahme, die wir in den vergangenen zwei Jahren umgesetzt haben, hatte die DSGVO und die Privacy-Verordnung im Hintergrund." Criteo ist ein typischer Vertreter einer Industrie, die davon abhängt, dass ihre Partner, die Website-Publisher, die ePV-Vorgaben umsetzen. Man habe keine Kontrolle darüber, wie die Partner die Daten erheben, deshalb müsse man sie für E-Privacy sensibilisieren. Eine grundsätzliche, radikale Abkehr von personalisierter Werbung sieht man bei Criteo nicht: "In den meisten Fällen akzeptieren die User digitale Werbung."
Christian Bennefeld sieht das etwas anders. Der Gründer und Gesellschafter der Webanalyse-Firma eTracker hat sich vor einigen Jahren aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und ein neues Produkt auf den Markt gebracht: eBlocker. Während eTracker seinen Anwendern ein mächtiges Tool an die Hand gibt, um die Aktionen und Intentionen der Nutzer auf ihrer Website zu analysieren, tut eBlocker scheinbar das genaue Gegenteil: Die Hardware erkennt, wenn eine Website externe Tracking-Dienste aufruft und unterbindet dies - inklusive der auf diese Weise personalisiert ausgespielten Werbung: Retargeting ade.

Das Ende der Wildwestmethoden

Für Bennefeld ist das kein Widerspruch zu seinem früheren Job bei eTracker. "Targeting wird auch weiterhin möglich sein. Doch von der Art und Weise, wie heute manche Third-Party-Dienste ihre Daten sammeln - nämlich erst einmal alles abgreifen, was möglich ist, und dann den Nutzer mit personalisierter Werbung bewerfen - werden wir uns verabschieden müssen." Bennefeld verweist darauf, dass der ePV-Entwurf, der derzeit in der Diskussion ist, nicht nur eine Einwilligung des Nutzers zur Datenspeicherung vorsieht, sondern sogar eine differenzierte Einwilligung, für welche Dienste er seine Daten zur Verfügung stellen will und für welche nicht.
Wie das Ganze in der Praxis handhabbar gestaltet werden soll, steht noch nicht fest. Nach Willen der EU soll zukünftig der Webbrowser eine wichtige Funktion bei der Erfassung von Nutzerwünschen haben: In den Voreinstellungen könnten Nutzer vorgeben, welche Art von Datenerfassung und -weitergabe sie akzeptieren. Für BVDW-Justiziar Neuber keine gute Lösung, denn sie würde letztlich dazu führen, dass Nutzer Third-Party-Cookies entweder generell an- oder abschalten - und im letzteren Fall nur noch ein sehr schmales Angebot an kostenfreien Webangeboten vorfinden werden.

Renaissance der Umfeld-Werbung?

Personalisiert ausgespielte Werbung mit einem Tracking, das das Einverständnis des Nutzers voraussetzt, wird schwieriger werden. Für eBlocker-Chef Bennefeld könnte dies eine Renaissance der Umfeld-Werbung bedeuten. Man bespielt einen Nutzer nicht mehr überall dort, wo man ihn kriegt, sondern nur noch dort, wo man ihn aufgrund des thematischen Umfelds vermutet. Für Alexander Gösswein, Managing Director Central Europe bei Criteo, eine furchtbare Vorstellung: "Das würde uns ja in die Steinzeit der Online-Werbung zurückwerfen, mit riesigen Streuverlusten und all diesen Dingen."
Sollten die schlimmsten Befürchtungen der Branche Wirklichkeit werden und die EU hohe Hürden für jede Form der Erfassung personenbezogener Surf-Daten einführen, könnte das vor allem denen nützen, die sich die Erlaubnis dazu in ellenlangen, von kaum einen Verbraucher je ­gelesenen Einwilligungserklärungen haben geben lassen: Plattformen wie Google, Facebook, Apple und Amazon haben sich von ihren Nutzern weitreichende Befugnisse einräumen lassen, die ihnen ein ­extrem genaues Targeting erlauben - inklusive der passenden Werbebespielung. Solche Single-Sign-on-Plattformen werden jetzt auch in Europa geplant, die deutsche Lösung Verimi ist gerade gestartet. Ob sie den Wettbewerbsvorsprung von Facebook aufholen kann, ist fraglich.
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