In kleinen Schritten zur Künstlichen Intelligenz

Maschinelles Lernen

von - 26.09.2017
Doug Davis autonomous cars
Intel Developer Forum: Doug Davis, General Manager der Internet of Things Group bei Intel, stellt vor einem BMW i3 seine Vision vom selbstfahrenden Fahrzeug vor.
(Quelle: Intel)
Automobilhersteller träumen schon seit Jahr(zehnt)en den Traum vom autonomen Fahrzeug. Lange Zeit schien das Ziel unerreichbar zu sein, inzwischen fahren vielerorts autonome Pkws im Straßenverkehr herum oder parken in aller Ruhe selbst ein. Im US-amerikanischen Bundesstaat Nevada sind sie bereits seit 2011 gelebte Realität.
Autonome Fahrzeuge sind zum Aushängeschild für maschinelles Lernen geworden. Intel rechnet sogar damit, dass ein ganz neuer Wirtschaftssektor entsteht, die sogenannte Passenger Economy. Von MaaS (Mobility as a Service) ist die Rede. Strategy Analytics schätzt das ökonomische Potenzial dieses KI-Bereichs für das Jahr 2035 auf 800 Milliarden Dollar; ein explosives Wachstum auf bemerkenswerte 7 Billionen Dollar sei bis zum Jahr 2050 zu erwarten, sagt die von Intel beauftragte Studie voraus. Das Massachusetts Institute of Technology MIT spricht von selbstfahrenden Lastwagen für die autonome, KI-gestützte Logistik wie von einer Selbstverständlichkeit – schließlich sind diese ja tatsächlich in der Entwicklung, zum Beispiel bei Otto, dem kalifornischen Spezialisten für autonome Lkws, der jetzt zur Uber-Gruppe gehört.
IoT-Implementierungen
Quelle: IDC
Auch bei traditionellen Autokonzernen arbeitet man mit Hochdruck an KI für das Auto der Zukunft. Die Forscher der BMW Group sind dafür in die globale IoT-Zentrale von IBM in München eingezogen, um gemeinsam mit Watson-gestützten KI-Lösungen die Verbesserung des Fahrerlebnisses voranzubringen. BMW möchte durch maschinelles Lernen die Wünsche der Kunden anhand von Big Data frühzeitig erahnen und mit intelligenten Assistenz-Funktionen umsetzen, getreu dem Firmenmotto „Freude am Fahren“.
Wesentlichen Anteil am Durchbruch hat ein wagemutiger Querdenker, der Wissenschaftler Sebastian Thrun. Der Solinger schuf die Grundlagen der Informatik für selbstfahrende Autos an der Stanford University und hat in seinem geheimen Google-Lab erste Technologiestudien aus der Taufe gehoben. Als Gründer der Online-Universität Udacity und einer der Vorreiter der MOOC-Bewegung (Massive Open Online Course) ist er in KI-Kreisen als nimmermüdes Multitalent bekannt. „Ich bin umgeben von Unternehmen, die verzweifelt nach Talenten suchen“ sagt Thrun. Mitbewerber, die nicht aus dem traditionellen Unternehmensumfeld stammen, würden sich gerade heftig bemühen, starke Teams aufzubauen. Bei Übernahmen ließen sich diese Firmen ihre Zukäufe umgerechnet bis zu 10 Millionen Dollar pro dort beschäftigtem KI-Spezialisten kosten. „Doch das Know-how zum Bau selbstfahrender Autos erfordert ein disziplinübergreifendes Fachwissen, das es zurzeit schlicht und ergreifend immer noch nicht gibt“, führt Thrun weiter aus.
Sebastian Thrun
Sebastian Thrun
Gründer des Thrun Labs und Professor an der
­Stanford University
http://robots.stanford.edu
Foto: Thrun Labs
„Das Know-how zum Bau selbstfahrender ­Autos erfordert ein dis­ziplinübergreifendes Fachwissen, das es zurzeit schlicht und ergreifend noch nicht gibt.“

Fazit

Die Notwendigkeit, anhand massiver Datenströme Lösungen für komplexe Probleme zu finden, traf in den vergangenen Jahren mit abnehmenden Kosten für Rechenleistung und beachtlichen Fortschritten in massiver Parallelisierung zusammen. Das Resultat sind ambitionierte Versuche der IT-Branche, Computersystemen menschenähnliches Denken beizubringen.
Doch nicht alle Initiativen sind automatisch auf Anhieb von Erfolg gekrönt, wie es Microsoft schmerzlich erfahren musste. Microsofts berühmt-berüchtigter Chatbot Tay bekam vergangenes Jahr die Aufgabe, sich unbeaufsichtigt in Echtzeit-Plaudereien mit Twitter-Benutzern zu engagieren. Anfangs ging der PR-trächtige Bot auch erwartungsgemäß höflich und respektvoll zu Werke. Doch bald war Schluss mit der politischen Korrektheit. Tay hatte sich von dem Benehmen seiner menschlichen Diskussionspartner prompt widerliche Sitten abgeschaut und begann, üble Tweets als Eigenkreationen abzusetzen. Innerhalb von weniger als 24 Stunden musste Microsoft dem KI-Chatbot schlagzeilenträchtig den Stecker ziehen.
Microsofts Lektion in Sachen KI-Entwicklung illustriert die Notwendigkeit, Künstlicher Intelligenz Grenzen zu setzen, damit die „Kreativität“ der Maschine nicht aus dem Ruder läuft. Viele kommerzielle KI-Lösungen werden unter anderem aus diesem Grund streng beaufsichtigt. Bei Facebook beispielsweise sitzen am anderen Ende der Leitung zur vermeintlichen KI-Software Menschen aus Fleisch und Blut.
Beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen wird es in absehbarer Zukunft um viele ganz kleine Schritte gehen. Klar ist allerdings auch: Es gibt kein Zurück mehr. Unternehmen, die morgen mit dabei sein möchte, sollten sich von den KI-Vorreitern eine Scheibe abschneiden.
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