In kleinen Schritten zur Künstlichen Intelligenz

Deep Learning bei Siemens

von - 26.09.2017
Machine Learning Datacenter
Kleine Schritte: Nach der Trainingsphase des neuronalen Netzes verbesserte sich der Energieeffizenz-Wert (PUE) von Googles Rechenzentren signifikant.
(Quelle: Google / Jim Gao)
Siemens hat unter der Leitung von Hans-Georg Zimmermann kognitive, also selbstständig lernende und sich selbst optimierende industrielle Systeme entwickelt, um die Leistung von Gasturbinen und Windparks zu steigern. Der Konzern setzt das hauseigene neuronale Netz SENN (Systems Software Environment for Neural Networks) auch ein, um treffsichere Nachfrageprognosen oder Vorhersagen zu Rohstoffpreisen und Börsenkursen oder die zu erwartende Auslastung von Stromnetzen zu berechnen.
„Solche hochpräzisen Nachfrageprognosen können bei der Optimierung der Lieferkette helfen und die Kosten reduzieren“, erklärt Zimmermann. Insbesondere Stromprognosen seien wichtig, denn mit dem steigenden Anteil erneuerbarer Energien wie Wind am Energiemix müssten Energieversorger nicht nur die Nachfrage, sondern auch die Liefermengen vorhersagen können, erläutert er.
Siemens setzt für seine Projekte stark auf Deep-Learning-Ansätze. Deep Learning hat zum Ziel, mit Hilfe von Software-Algorithmen, die ganz ohne menschliche Intervention ablaufen, abstrakte Konzepte zu entwickeln. In der Vergangenheit setzte maschinelles Lernen eine Vorabklassifizierung der Rohdaten durch Daten-Wissenschaftler voraus (Deep Learning ging aus Data Mining hervor), heute sind menschliche Eingriffe meist nicht mehr nötig.
Deep Learning macht sich multischichtige künstliche neuronale Netze zunutze. Bei künstlichen neuronalen Netzen handelt es sich um eine Software-Ablauflogik, die die Aktivitäten von Neuronen im Neocortex – dem Bereich des menschlichen Gehirns, in dem das Denken stattfindet – mit Hilfe komplexer mathematischer Algorithmen simuliert.
Siemens SENN nutzt für seine treffsicheren Prognosen eben solche künstlichen neuronalen Netze. Das System durchläuft zuerst eine Trainingsphase, in der es ein Modell der Zusammenhänge zwischen verschiedenen Variablen errechnet. Dann lässt das System einen Lern­algorithmus mehrere Tausend Iterationen durchlaufen, indem es die einzelnen Parameter des Modells nach und nach geringfügig verändert, um die Diskrepanz zwischen den Ist- und den Sollwerten zu minimieren.
Auf diese Weise bewegt sich das Modell weg von den anfänglichen Zufallsergebnissen hin zu einer derart fein abgestimmten Gewichtung von Parametern, dass neue Eingabewerte eine höchst verlässliche Prognose zutage fördern. Das System kann dadurch Vorhersagen errechnen, die auch tatsächlich eintreffen.
So liegt beispielsweise der durchschnittliche Vorhersagefehler bei der Prognose der Gesamtleistung eines Siemens-Windparks pro Tag mittlerweile bei lediglich 7,2 Prozent (und schneidet damit um ganze drei Prozentpunkte besser ab als das zweitbeste Modell). Ähnliche Modelle für Photovoltaikanlagen befinden sich in der Entwicklung.
Siemens arbeitet außerdem intensiv am Einsatz autonomer cyberphysischer Systeme, die im Rahmen von Industrie 4.0 in einer kollaborativen, adaptiven, flexiblen Produktion zum Einsatz kommen sollen.
Ein weiterer Beleg für die rasanten Fortschritte bei Deep  Learning ist die Treffsicherheit der automatisierten Bilderkennung: Sie ist kürzlich sprunghaft auf das menschliche Niveau von mehr als 95 Prozent angestiegen. Lange Zeit war der Wert bei wenig brauchbaren 80 Prozent steckengeblieben.
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