Gute Geschäfte mit dem Internet der Dinge
Marktplätze und Plattformen
von Oliver Schonschek - 07.05.2019
„Grundvoraussetzung für IoT-basierte Anwendungen ist Interoperabilität”, findet Christian Kuhlbrodt, CMO/CPO beim IoT-Plattform-Betreiber mozaiq - und beschreibt damit das Geschäftsmodell seiner Firma. Mozaiq übersetzt proprietäre Protokolle verschiedener Hersteller, damit der Endnutzer Befehle von einem Gerät zu anderen Geräten schicken kann, ohne dass der Hersteller selbst die technische Anbindung oder Steuerung der Befehlssequenz übernimmt. Ein Konfigurations-Tool, der mozaiq Use-Case-Designer, dient dabei zur Entwicklung neuer Anwendungsfälle und Geschäftsmodelle. „Der zentrale Erfolgsfaktor ist die Anzahl der verbundenen Geräte und Services dritter Anbieter“, so Kuhlbrodt. Diese Anbindung einer Vielzahl von Drittanbietern oder von deren Clouds sei für den einzelnen Anbieter sehr zeit- und kostenaufwendig, weshalb viele Unternehmen noch sehr zögerlich seien, wenn es darum gehe, umfangreiche IoT-basierte Anwendungsfälle anzubieten. „Aus unserer Sicht sollten Hersteller und Service-Anbieter jedoch keine Zeit verlieren. Die großen Ökosysteme, zumeist aus den USA, besetzen den direkten Kontaktpunkt zum Endkunden und machen Herstellermarken zunehmend austauschbar.“
Doch was von den vielen möglichen IoT-Anwendungen wird in der Praxis wirklich schon realisiert? Kuhlbrodt berichtet von einem zunehmenden Interesse an Smart-Home-Lösungen, insbesondere an Sicherheitslösungen. Mit mozaiq könnten Produktmanager etwa von ihrem Schreibtisch aus klassische Smart-Home-Use-Cases durch die Anbindung an die Leitstelle eines Wachdienstes erweitern oder separate Sensoren zu einer sogenannten Ambient-Assistant-Living-Lösung kombinieren. Solche Systeme versprechen, dass mit ihrer Hilfe Senioren oder Menschen mit Handicap so lange es geht in den eigenen vier Wänden leben können.
Selbst IoT-Services anbieten
„Der Umstieg von einem produkt- auf ein datenzentriertes Geschäftsmodell ist in der Regel damit verbunden, bestehende Geschäftsprozesse maßgeblich umzudenken - ein Aufwand, vor dem sich viele Unternehmen scheuen“, berichtet Bernd Groß, CTO Software AG und CEO Cumulocity. „Das Aufbrechen alter Strukturen kann jedoch erhebliche Vorteile mit sich bringen, denn IoT-Services in das eigene Angebotsportfolio zu übernehmen, bietet enormes strategisches Potenzial. Durch die umfassende Sammlung und Analyse von Daten bildet das Internet of Things den Nährboden für neue und innovative Geschäftsmodelle, die vielen Unternehmen dabei helfen können, im Zuge der digitalen Transformation konkurrenzfähig zu bleiben.“
Bernd Groß nennt ein Beispiel: „Sensor-Technik Wiedemann (STW) setzt einen spannenden Case im Bereich Smart City für die Londoner Verwaltungsbehörde Greater London Authority um. Mit Hilfe des IoT-Projekts lässt sich der Emissionsausstoß von Bussen des öffentlichen Nahverkehrs überwachen, um bis 2021 das Ziel einer Ultra Low Emission Zone innerhalb Londons zu erreichen. Dazu sollen sukzessive mehr als 5000 Busse mit der Technologie ausgestattet werden, um die Luftqualität in der Stadt zu verbessern. Den Service realisiert STW auf Basis der Plattform Cumulocity IoT. Sie ermöglicht es, Daten, Störungen, Routen, Standorte und Kraftstoffverbrauch zu überwachen und in Echtzeit zu visualisieren.“
Auch Andreas Bös, Senior Director beim Plattformbetreiber Conrad Connect, betont die Chancen für Unternehmen, die sich frühzeitig auf dem IoT-Markt engagieren: „Datenbasierte Services schließen die aktuell bestehende Lücke zwischen ,Connected Devices‘ und ,Smart Living‘. In einem immer kompetitiveren Wettbewerb gilt es für Unternehmen, über das bestehende Produkt- und Serviceangebot hinaus kreative Ideen zu entwickeln, die dem Kunden einen spürbaren Mehrwert bringen. Digitale Services auf Basis von IoT-Lösungen werden mit der steigenden Zahl smarter Geräte genauso kommen wie Apps für Smartphones. Vorreiter in den jeweiligen Branchen etablieren nicht nur neue Wege zum Kunden, sondern differenzieren sich nachhaltig von der Konkurrenz.“
Und er gibt einen wichtigen Hinweis: „Wir denken heute viel zu oft noch in Hardware. So erhält ein Kunde eine Alarmanlage, wenn er ein Sicherheitsbedürfnis hat. Sicherheit ist aber ein Leistungsversprechen, das sich mit Hardware allein nicht abdecken lässt. Dazu gehören eine Reihe von Service-Leistungen, angefangen bei Beratung, Installation und Wartung der Hardware bis zur Verknüpfung mit professionellen Alarmleitzentralen und Versicherungsdienstleistungen.“
Unternehmen, die selbst IoT-Services anbieten möchten, sollten deshalb nicht zu eng denken. „Die Optionen sind weit vielfältiger als die viel beschworene Nachlieferung von Lebensmitteln“, meint Andreas Bös. „So ermöglicht etwa die kontinuierliche Messung des Stromverbrauchs von Geräten den Vergleich mit anderen Nutzern und Handlungsempfehlungen. Den Möglichkeiten sind hier kaum Grenzen gesetzt, zumal neue Technologien wie KI oder maschinelles Lernen künftig gänzlich neue Konzepte erlauben.“
Unterstützung dabei bieten zum Beispiel Plattformen wie Conrad Connect. Diese schlägt eine Brücke zu smarten Geräten von über 70 Marken, sodass für Anbieter von IoT-Services die Notwendigkeit entfällt, sich bei jedem Hersteller einzeln zu integrieren. Seit Anfang März ermöglicht es ein Developer-Portal Partner außerdem, Services zu entwickeln und bereitzustellen. Conrad Connect führt damit die Nutzer von Smart-Home-Devices und Drittanbieter auf einem digitalen Marktplatz zusammenführt. Das wird ein Mittel sein, wie Plattformen generell den Weg zu IoT-Services ebnen werden.