Das schwierige Unterfangen Online-Lebensmittelhandel

Keine Rücksicht auf bestehende Strukturen

von - 12.12.2018
Produktanzahl von Picnic
Quelle: Picnic
Einer der größten Vorteile, die Start-ups in der Online-Lebensmittelbranche gegenüber den etablierten Supermärkten haben, ist laut Knaudt, dass sie frei denken können. Junge Unternehmen müssten keine Rücksicht auf bestehende Strukturen nehmen und könnten neue Wege gehen. Und das mache Picnic in Deutschland bisher erfolgreich, meint Knaudt: „Unsere ersten Monate in Neuss zeigen, dass das Angebot angenommen wird. Wir haben in dieser Region die Quote der Online-Lebensmittel­einkäufe allein mit unserem Angebot mehr als verdoppelt - und das bereits nach ein paar Wochen. Das zeigt: Wir sind auf dem richtigen Weg.“
Auch kleine Player wie die Regionalsupermarktkette Feneberg probieren im Online-Handel mit Lebensmitteln einiges aus. Feneberg arbeitet etwa mit Amazons Service Prime Now zusammen. Doch allein auf dieses Standbein kann sich der Lebensmittelhändler nicht verlassen. „Wir finden unser Wachstum bei Amazon Prime Now schon ganz imponierend, aber das Geschäft müsste viel, viel größer werden, damit es sich wirklich rentiert. Ich weiß nicht, ob Amazon das schafft“, erklärt Christoph Kappes, Interim-Manager IT/Digital bei der Feneberg Lebensmittel GmbH mit Sitz in Kempten.
Kappes Christoph
Christoph Kappes
Interim-Manager IT/ Digital bei der Feneberg
Lebensmittel GmbH
www.freshfoods.de
„Ich glaube, dieser Markt ist nur mit hohen Investitionen zu erobern.“
Um seinen Umsatz im Web aus eigener Kraft anzukurbeln, hat der Lebensmittelhändler mit Freshfoods by Feneberg erst kürzlich seinen eigenen Online-Shop auf Vordermann gebracht – inklusive Bio-Modus und personalisierter Kauflisten sowie mit einem neuen Lieferkonzept, das sogar Gratisrouten beinhaltet. „Der Vorteil der Gratisrouten für die Kunden ist, dass sie nun auch mit eher unteren Einkaufswerten versandkostenfrei beliefert werden, wenn sie uns mehr Flexibilität zugestehen. Für uns ist der Vorteil, dass wir unsere Fahrwege kürzer halten können, weil wir in einer bestimmten Zeitspanne mehr Kunden bedienen können. Das ist ökologisch sinnvoll und spart uns Geld, weil wir weniger ‚herumkutschieren‘“, erläutert Kappes.

Das Problem sind die Kosten

Lebensmittel aus dem Netz
Lebensmittel online: Die meisten Verbraucher ziehen in Betracht, beim Bauern oder Einzelhändler zu bestellen.
(Quelle: Ipsos (2016), n = 1100 Internetnutzer (16-70 Jahre) )
An unterschiedlichen Lieferkonzepten mangelt es nicht. Das Marktforschungsunternehmen Ipsos hat untersucht, welche davon bei den Kunden auf Zuspruch stoßen. Demnach können sich 69 Prozent vorstellen, regionales Gemüse und frische Lebensmittel im Netz zu ordern, die vom Bauern zusammengestellt und am gleichen Tag geliefert werden. 63 Prozent würden Lebensmittel im Netz bestellen, die beim Einzelhändler online gekauft und nach Hause gebracht werden.
Solche Lieferkonzepte werden zwar vielfach angeboten, aber dennoch von den Verbrauchern erst verhalten in Anspruch genommen. Das Problem dabei sind die Kosten – auf beiden Seiten: Die Kunden wollen für Lebensmittel aus dem Web nicht mehr bezahlen als im stationären Handel. Zudem wollen sie, dass ihre Ausgaben durch die Lieferung nicht steigen. Diese soll aber dennoch zu ihrem Wunschtermin stattfinden. Den Händlern entstehen durch diese Services zusätzliche Kosten, die sie entweder über den Preis für die Lebensmittel, über eine Liefergebühr oder durch die Bündelung von Lieferungen abdecken müssen.
Ob es die Start-ups mit ihren Konzepten schaffen, mehr Marktanteile abzugreifen, ist derzeit noch nicht abzuschätzen.
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