Business Continuity Management (BCM)

The show must go on - auch in der Krise

von - 12.05.2020
Business Continuity Management (BCM)
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Ob Cyberangriff oder Corona-Pandemie - wie reagiert man auf solche Ereignisse? Die aktuelle Situation stellt alle vor besondere Herausforderungen.
Business Continuity
Business Continuity: Ein solcher Prozess muss immer wieder auf den Prüfstand und angepasst werden.
(Quelle: Marco Schulz)
Es ist sicher kein Geheimnis, dass Prävention stets besser ist als Reaktion. Dennoch machen sich viele Unternehmen wenig Gedanken, wie man auf Krisen reagieren kann. Man muss dabei nicht sofort alle Details berücksichtigen, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Selbst die jüngste Geschichte zeigt an vielen Beispielen, dass, so schlimm und unerwartet ein Ereignis im ersten Moment auch erscheinen mag, nicht gleich die Welt davon untergeht. Es gibt immer ein Danach. Das bedeutet auch, dass jede Bedrohung auch Chancen mit sich bringt.
Wichtigster Grundsatz bei allen Überlegungen ist es, in Krisen möglichst viele Handlungsmöglichkeiten aufrechtzuerhalten. Das gilt nicht nur für die gegenwärtige Pandemie, auch das Platzen von Finanzblasen, Terroranschläge und Umweltkatastrophen sind eindrückliche Beispiele. Wer hätte ein Ereignis wie den 11. September und dessen Folgen vorhersagen können? Wie also kann man den eigenen Handlungsspielraum so weit wie möglich beibehalten?

Wenig Spielräume

Betrachten wir zunächst die Konsequenzen vollständig durchoptimierter Systeme. Auch hierzu gibt es ein Beispiel: Ende der 1990er-Jahre kam es in der deutschen Automobilindustrie zu einem unfreiwilligen Produktionsstopp. Dieser wurde von streikenden italienischen Kraftfahrern verursacht. Weil die Kosten der Lagerhaltung nahezu auf null reduziert worden waren und die Zulieferung sämtlicher Teile in Echtzeit erfolgte, fehlten schlichtweg notwendige Teile, um die Fahrzeuge verkaufsfertig komplettieren zu können. Mit einer durchdachten Vorratshaltung wären die Auswirkungen des Streiks weniger kritisch verlaufen. Reserven erlauben es zudem, auch kurzfristige Schwankungen im Markt zu glätten. Neben der Überbrückung von Engpässen lassen sich so hervorgerufene Preissteigerungen ebenfalls leichter abfangen.
Reserven können je nach Branche verschiedene Bedeutungen haben, aber auch hier gibt es eine gemeinsame Konstante: Liquidität. Erfahrungsgemäß werden in einer Krise die Einnahmen beziehungsweise Gewinne aus verschiedenen Gründen zurückgehen. Auch darauf sollte man vorbereitet sein.
Das wichtigste Kapital - nicht nur in der Software-Industrie, um die es hier vorrangig geht - ist die Belegschaft. Ist man gezwungen mangels fehlender Einnahmen Personalfreisetzungen vorzunehmen, zerstört dies eingespielte Entwicklungsteams, die nach einer Krise nur durch erneute Investitionen in Schulungen und Ähnliches wiederhergestellt werden können. Dies könnte sich allerdings als schwierig erweisen. Wenn bereits in der Krise sämtliches Kapital aufgebraucht wurde, woher sollen nach deren Bewältigung die Gelder für die Investitionen kommen?
Praxisbeispiel I: Mob Programming
Ein recht neues Paradigma für kleine Entwicklungsteams von bis zu fünf Personen ist das Mob Programming. Hier arbeiten die Gruppenmitglieder von zu Hause aus per Videokonferenz zusammen.
Viele Ideen wurden dem sogenannten Pair Programming entnommen und weiterentwickelt. In einer Rotation von 30-minütigen Sessions arbeitet exakt ein Entwickler am Code und führt die Änderungen aus, die ihm von den restlichen Entwicklern aufgetragen werden. Sicher mag der geneigte Controller die Frage stellen, wieso man bis zu fünf Leute benötigt, um eine einzige Implementierung umzusetzen. Schließlich geht dies mit einer Vervielfachung der Entwicklungskosten einher.
Was bei dieser Betrachtungsweise allerdings nicht berücksichtigt wird, ist zum einen der Aspekt der Qualitätskontrolle, die sonst nachgelagert durchlaufen wird. Es handelt sich also um eine Parallelisierung der Arbeitsschritte. Zum anderen spielt der Gedanke der Ausbildung eine wichtige Rolle. Erfahrungsgemäß haben nicht alle Entwickler den gleichen Kenntnisstand. In einer Gruppe, die Mob Programming praktiziert, kann ein Neuling sehr zügig auf ein hohes produktives Niveau gebracht werden, ohne dass zusätzlich Ressourcen bereitgestellt werden müssen. Zudem ist das Wissen über alle Teammitglieder gleichmäßig verteilt. Jeder kennt alle Aspekte der aktuellen Tätigkeiten. Ausfälle durch Krankheit oder das Ausscheiden aus dem Unternehmen werden direkt kompensiert und haben keine drastischen Auswirkungen auf den Arbeitsfortschritt.
Natürlich gibt es bei einer solchen Arbeitsweise auch Nebeneffekte, die es zu berücksichtigen gilt. So ist etwa auf eine regelmäßige Rotation der Teammitglieder zu anderen Entwicklungsteams zu achten, damit sich kein Inselwissen herausbildet. Auch ist es zwingend notwendig, dass alle Beteiligten Disziplin an den Tag legen und sich auf gemeinsame Arbeits- und Pausenzeiten einigen.
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