The show must go on - auch in der Krise
Digitale Transformation
von Marco Schulz - 12.05.2020
Abgesehen von der Corona-Krise: Wie viele Buchungen diesem Reisebüro wohl aufgrund des ausgefallenen Werbe-Displays entgehen?
(Quelle: Marco Schulz)
Das führt zu einer weiteren Erkenntnis: Organisationen, deren Führungsebene keine technischen Zusammenhänge verstehen kann und darauf aufbauend Entscheidungen trifft, sind langfristig nicht zukunftsfähig.
Man sollte sich die Frage stellen, ob es immer erst extremer Situationen wie des Corornavirus bedarf, um auch unkonventionelle Ideen zuzulassen. So sind etwa die technologischen Voraussetzungen für Heimarbeit in der Software-Industrie vollständig vorhanden. Auch Aspekte der Sicherheit wurden ausführlich berücksichtigt. Virtuelle Maschinen, die in sich geschlossen sind und dennoch Zugriff auf die Infrastruktur der einzelnen Entwicklungsabteilungen haben, bilden hier den Einstiegspunkt, um Homeoffice erfolgreich einzuführen. Spezialisten, die beratend eine solche Transformation begleiten können, wird man allerdings kaum über Stellenausschreibungen bei Gulp, Xing oder ähnlichen Portalen finden.
Es wird auch nicht funktionieren, wenn das Management enthusiastisch verkündet, dass ab kommendem Tag alle Homeoffice machen. Nicht jeder ist für diese Art des Vorgehens geeignet. Eine gute Durchmischung von Bürozeiten und Heimarbeit ist besonders in der Einführungsphase notwendig. Probleme, die entstehen können, ergeben sich aus Kommunikationsdefiziten. Wer isoliert am heimischen Schreibtisch seine Aufgaben abarbeitet, ist von der restlichen Gruppe abgeschnitten und erhält wichtige Informationen nicht. Die kurzen Gespräche in der Kaffeeküche, um Probleme zu besprechen und Lösungen zu finden, gibt es dann nicht mehr. Das macht es erforderlich, bereits andere Kommunikationskanäle etabliert zu haben. Aber auch hier gilt, nicht jeder Mitarbeiter kann mit jedem Werkzeug optimal umgehen. Dafür sind wir Menschen zu individuell. Hier ist es wichtig, mehrere Optionen zu Auswahl bereitzuhalten.
Überzeugungskünste
Es liegt in der Natur der Sache, dass eine Organisation nicht in der Lage ist, sämtliches Know-how selbst zu entwickeln. Die Gründe dafür sind vielfältig. Diese Defizite mit Beratern auszugleichen, ist ein empfehlenswerter Ansatz.
Allerdings steckt auch bei dieser Strategie der Teufel im Detail: Neues Wissen kann nur dann in eine Firma eingebracht werden, wenn der dazu Auserkorene auch tatsächlich über dieses Wissen verfügt. Zum anderen muss er auch den Willen haben, dieses Wissen mit seinen Kollegen zu teilen. Dies ist aber auch kein einseitiges Unterfangen. Werden vorgebrachte Ratschläge permanent abgewiesen, hält man auf Dauer keine Experten im Team. Geeignete Protagonisten findet man erfahrungsgemäß nicht so leicht. Um dem entgegenzuwirken, haben sich direkte Empfehlungen als probates Mittel etabliert. Als Personalverantwortlicher sollte man nicht dem Irrglauben erliegen, dass das eigene Unternehmen für hochspezialisierte Kandidaten so attraktiv ist, dass diese eine Festanstellung in Erwägung ziehen. Unabhängigkeit und das Wissen um die eigenen Fähigkeiten sind Argumente, die Selbstständige gegenüber einem Firmenwagen und einer Fitnessclubmitgliedschaft höher priorisieren.
Man stelle sich einmal folgende Situation vor: Über verschiedene Veröffentlichungen zu einer Thematik, die für ein Unternehmen relevant ist, ist man auf eine Person aufmerksam geworden. Bemerkenswerte Vorträge auf Konferenzen und kompetente Veröffentlichungen auf dem persönlichen Blog unterstreichen die fachliche Eignung. Erfolgt nun eine Kontaktaufnahme durch einen Vermittler mit einem Anschreiben nach dem Muster „Für ein führendes Unternehmen auf dem Gebiet X suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt zur Festanstellung …“, ist es nicht schwer, die Reaktion zu erraten. Kompetente Leute erwarten auch einfallsreiche Personalvermittler. Um in der Not auf hochqualifizierte Spezialisten flexibel zurückgreifen zu können, ist es hilfreich, bereits vorher eine gute Auswahl parat zu haben. Dies erreicht man nur, indem man Zeit investiert, um solche Kontakte aufzubauen. Beauftragt man damit Dritte, die ihren eigenen Geschäftszielen verantwortlich sind, könnte es sein, dass man sich mit weniger geeigneten Kandidaten zufriedengeben muss.