Rechen-Power der Zukunft schon heute simulieren

Spin-Qubits und mehr

von - 07.11.2018
Google Bristlecone
Bristlecone: Eine Forscherin installiert Googles Quantenchip.
(Quelle: IBM)
Bei einem Ansatz wie ihn Intel und Google verfolgen, sind in dem supraleitenden Mikrochip elektronische Schaltkreise integriert, die das Speichern der Qubits übernehmen. Das nötige Temperaturregime für den Supraleitungseffekt verlangt einen besonders aufwendigen und entsprechend kostspieligen Systemaufbau. Zusatzausstattung für den Erschütterungsschutz treibt den Anschaffungspreis weiter in die Höhe. Nach heutigem Stand muss ein Unternehmen eine zweistellige Millionensumme für ein solches Quantensystem investieren.
Fachleute von Intel, dem Commissariat à l’Énergie Atomique et aux Énergies Alternatives (CEA) und dem niederländischen Forschungszentrum QuTech arbeiten an einem alternativen Ansatz, den sogenannten Spin-Qubits. Sie werden mit Hilfe von Mikrowellenimpulsen erzeugt, die die Drehung eines Elektrons auf einem Siliziumsubstrat steuern. Diese Technologie funktioniert bereits bei 1 Grad Kelvin.
Das ist auf den ersten Blick kein sonderlich großer Fortschritt. Dennoch vereinfachen Spin-Qubits den Systemaufbau eines Quantenrechners. Hinzu kommen weitere Vorteile wie stärkere Kohärenz und geringere Größe. Dadurch ist es möglich, mehrere dieser Bits miteinander zu kombinieren, und das über einen längeren Zeitraum hinweg. Einen anderen Weg schlägt das Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Universität Innsbruck ein. Es beschäftigt sich mit optischen Qubits und Ionenfallen. Diese Technologien können ebenfalls alternativ zu Supraleitern als Grundlage für Quantenrechner dienen.

Kostengünstiger Zugang

Die Investition in die Hardware ersparen Cloud-Plattformen. Diesen Zugang bietet etwa IBM für seinen Quantenrechner. Interessenten können über die Cloud-Plattform IBM Quantum Experience auf einen Quantencomputer der Reihe IBM Q zugreifen, der in einem IBM-Forschungslabor steht. Die zweite günstige Alternative sind Quantensimulatoren, zu denen auch die Atos QLM (Quantum Learning Machine) zählt, die
es in Appliances mit 30 bis 40 Qubits gibt. Anwender können 1 bis 24 Terabyte Arbeits­speicher für das Simulieren eines Quantenrechners nutzen.
Philippe Duluc
Philippe Duluc
CTO Big Data und Security bei Atos
https://atos.net/de/deutschland
Foto: Atos
„Fachleute gehen davon aus, dass Quanten­computer in fünf bis zehn Jahren den Markt
in Massen erobern.“

Das Fehlerproblem

Quantensysteme, egal ob sie nun den Supraleitereffekt oder das Ionenfallen-Prinzip nutzen, haben ein entscheidendes Manko: Bei ihnen greifen die klassischen Fehlerkorrekturverfahren nicht. Das liegt daran, dass sich Qubits nicht ko­pieren lassen. Das Kopieren von Zwischenergebnissen hat zwangsläufig die Zerstörung der Originaldaten zur Folge.
Supraleitende Quantenbits neigen dazu, plötzlich und unkontrolliert ihre Zustände zu ändern, wodurch Fehler entstehen. Google will Bristlecone zunächst dazu nutzen, um Fehlerkorrekturverfahren bei Quantenprozessoren zu analysieren und zu optimieren. Eine höhere Rechenleistung bei gleichzeitig mindestens ebenso niedrigen Fehlerraten wie bei herkömmlichen Supercomputern gilt als zentrales Ziel in der Entwicklung von Quantensystemen.
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