IBM pflegt mit dem z13 sein Mainframe-Monopol

Der IBM z13 ist mehr als ein Großrechner

von - 28.05.2015
Der Mainframe z13 hat laut dem Analysten Richard Fichera von Forrester Research eine neue Phase eingeläutet. Neben den Upgrades in Sachen Kapazität, CPU, Memory oder I/O-Ports setzt IBM auf die Erschließung neuer Anwendungsfelder bei Mobile Economy und Cloud: „Dies ist eine mutige, aber vernünftige Repositionierung des Mainframes. Mobile Transaktionen sind der am schnellsten wachsende Markt in der Weltwirtschaft, und IBM hofft, diese auf seine Mainframe-Plattform hinüberzuziehen und damit weg von den üblichen verteilten x86-Landschaften.“
Richard Fichera, Analyst, Forrester Research
Richard Fichera, Analyst, Forrester Research: „Mobile Transaktionen sind der am schnellsten wachsende Markt in der Weltwirtschaft. IBM hofft, diese auf seine Mainframe-Plattform hinüberzuziehen.“
Neben der hohen Rechenleistung des Systems führt der Hersteller weitere Faktoren wie traditionelle Zuverlässigkeit und Sicherheit an, mit denen man den Marktumschwung bewerkstelligen wolle. Neue Referenzkunden sollen den Trend zur Mobility-Economy belegen. In den USA verweist man hier auf Raddix International, den Anbieter eines Flug­reservierungssystems, der laut IBM sieben Prozent der weltweiten Flugreservierungen abwickelt. In Deutschland nennt man das Start-up Heliox, das sich „für einen IBM Enterprise Linux Server auf Basis des Mainframes“ entschieden habe. Laut IBM „entwickelt das junge Unternehmen aus Köln Services und Software, um Infrastrukturen für Multi-Channel-Commerce-Lösungen bereitzustellen“.
IBM hatte vor ein paar Jahren den ELS (Enterprise Linux Server) herausgebracht, der auch als Mini-Mainframe bezeichnet wurde und mit einem Preis ab 100.000 Euro weniger als ein High-End-Server auf x86-Basis kosten sollte. Ein durchschlagender Markterfolg war ihm bisher nicht beschieden. Als Perspektive für den Mainframe hat er aber seine Zukunft vielleicht noch vor sich.
Perspektive: Bereits 2017 dürften mehr als 2 Milliarden Anwender mobile Zahlungsmethoden nutzen und für mehr als 50 Transaktionen pro Tag und pro mobilem Anwender sorgen.
Perspektive: Bereits 2017 dürften mehr als 2 Milliarden Anwender mobile Zahlungsmethoden nutzen und für mehr als 50 Transaktionen pro Tag und pro mobilem Anwender sorgen.
Neue Großrechner-Generationen werden fast immer durch Upgrades auf die Altsysteme verkauft, die bereits hohe Kosten verursacht haben. Man setzt neue Prozessoren ein und nimmt Anpassungen oder Detailänderungen an der modularen Struktur vor – immer unter Beachtung der betriebswirtschaftlichen Kalkulation. Insofern werden die Bestandskunden sicher erneut die Gelegenheit nutzen, ihre Altsysteme den geänderten Anforderungen und Workloads anzupassen.
Für ein Revival des Mainframes dürfte es aber erst dann reichen, wenn IBM mit seiner Marketing-Macht wirklich Teile des Mobility- und Cloud-Markts zu sich bewegen kann. Wobei sich der Konzern beim Thema Cloud selbst ernsthafte Konkurrenz macht, hat man doch erst vor Kurzem mit dem Kauf des Cloud-Spezialisten SoftLayer einen Neuanfang auf diesem Gebiet gestartet. Die vorherige IBM-eigene Cloud-Infrastruktur wurde wegen mangelnder Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit komplett aufgegeben und durch SoftLayer ersetzt.
Wer vorschnell vom Ende des Mainframes spricht, übersieht die Bestandsbasis, die diese Architektur für ihre Transaktionen und Legacy-Applikationen weiterhin nutzt. Ein gutes Beispiel ist DATEV. Der Dienstleister setzt seit Jahrzehnten für seine Anwendungen wie Rechnungswesen, Lohn oder Steuern auf ein zentrales Rechenzentrum mit zwei Mainframes, ergänzt um Unix- und x86-Server für weitere Programme. Bis jetzt hat sich das stabile System laut DATEV wegen seiner Prozessorleistungen und der hohen Auslastungsquote gut bewährt. IBM würde auch immer sehr konkret auf die Anforderungen der DATEV-Kunden eingehen und diese bei den neuen Versionen berücksichtigen.
Zukunftsmusik: Für das Jahr 2025 rechnen Experten mit 10 Milliarden mobilen Geräten und mehr als 40 Billionen mobilen Transaktionen pro Tag.
Zukunftsmusik: Für das Jahr 2025 rechnen Experten mit 10 Milliarden mobilen Geräten und mehr als 40 Billionen mobilen Transaktionen pro Tag.
Unübersehbar ist allerdings, dass es kaum noch neue Mainframe-Kunden gibt. Frank Wondrak spricht davon, dass es hierzulande schon länger keinen Neukunden mehr gegeben habe. In Osteuropa, in China oder in manchen Entwicklungsländern mag das anders sein, da dort plötzlich riesige neue Märkte bedient werden müssen. Die vom „Wall Street Journal“ im Januar 2015 veröffentlichte Einschätzung des Gartner-Analysten Dale Vecchio lautet so: „Es gibt im Moment weltweit etwa 3500 verbliebene Mainframe-Kunden, während es vor fünf Jahren 5000 waren und zehn Jahre zuvor sogar noch 8000. Diese Zahlen werden weiter zurückgehen, da wir zurzeit einen Generationswechsel in den IT-Abteilungen erleben.“
Auch Wondrak hat diesen Trend beobachtet. Die Bemühungen von IBM, zusammen mit Universitäten neue Mainframe-Studiengänge zu eröffnen und Ersatz für die allmählich in den Ruhestand gehenden Hard- und Softwarespezialisten zu finden, hätten vielleicht in den USA gefruchtet, aber nicht in Europa. Es gebe GSE-Mitglieder, die händeringend nach Cobol-, CICS- oder DL/1-Programmierern suchen würden, um ihre Altbestände an Mainframe-Programmen zu pflegen und weiterzuentwickeln. Es sei sehr schwer, bei jungen Informatikern auch nur ein rudimentäres Interesse für Mainframe-Strukturen zu wecken. Junge Leute, so Wondrak gegenüber com! professional, wollten heute Java programmieren und interessierten sich für App- oder HTML-Entwicklung, aber nicht für eine als überholt geltende Rechnerarchitektur.
Das Personalproblem ist zumindest eine strategische Bedrohung für jeden Mainframe-Anwender. Wer noch Mainframes in seinem Rechenzentrum stehen hat, ist meist dazu gezwungen, weil zentrale Datenbankanwendungen – etwa für Banken oder Versicherungen – nur auf dieser Plattform laufen. Eine Alternative wäre, Portierungskosten auf eine andere Plattform in Kauf zu nehmen. Das rechnet sich aber in der Regel nicht.
Frank Wondrak findet die neue z13-Maschine „hochinteressant“, sie sei „eine natürliche und konsequente Weiterentwicklung des Mainframes mit vielen neuen Features“. In seinem Unternehmen, der Kommunalen Datenverarbeitung Region Stuttgart, hat man allerdings zum Jahreswechsel die Mainframes abgeschaltet. Hardware oder Betriebssystem waren nicht der Grund dafür: „Wir mussten in den letzten drei Jahren unsere Legacy-Applikationen durch neue ersetzen, da sie funktional veraltet waren. Aber viel wichtiger war, dass wir nicht mehr die Menschen haben, die sie warten können.“
Für die meisten Mainframe-Anwender sind betriebswirtschaftliche Überlegungen entscheidend, wenn es zu einer Abkehr von dieser Plattform kommt. Da die Lizenz- und Wartungspolitik von IBM sich schnell zu Millionenbeträgen pro Jahr summieren kann, ist der Betrieb einer Mainframe-Architektur erst ab einer Mindestauslastung von 70 bis 80 Prozent des Systems wirtschaftlich. Brechen Legacy-Applikationen weg, dann bleibt man schnell auf sehr hohen Fixkosten sitzen – und beginnt, sich nach anderen Lösungen umzuschauen.
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