Kommunikationslösungen integrieren WebRTC

Der Standard fehlt

von - 10.11.2016
Neben den unterschiedlichen Ansätzen der Browser-Hersteller gibt es noch eine weitere Hürde: Noch immer befindet sich WebRTC im Standar­disierungsprozess im World Wide Web Consortium (W3C). Eigentlich sollte der Prozess im zweiten Quartal dieses Jahres abgeschlossen sein, doch dieser Termin wurde nicht gehalten. Raphael Bossek, Head of Product Management bei Estos, rechnet nun mit einer Fertigstellung der Spezifikationen (WebRTC 1.0) bis Ende des Jahres.
Stefan Ried
CTO bei Unify
www.unify.com/de
Foto: Unify
„Wir erwarten eine ­einheitliche Unter­stützung von WebRTC über alle Browser.“
Wenn das geschehen ist, wird sich der Testaufwand für die Hersteller reduzieren und die Kompatibilität über die Browservarianten hinweg erhöhen – so die Meinung etlicher Anbieter. Innovaphone-Vorstand Dagmar Geer etwa betont: „Die fehlende Standardisierung ist im Moment ein wenig lästig, weil immer neue Entwicklungsschritte hinzukommen, auf die man schnell reagieren muss.“ Dadurch werde aber nicht notwendigerweise der Erfolg behindert, als Hersteller müsse man einfach flexibel und schnell sein.
Trotz dieser Hemmnisse gibt es mittlerweile kaum einen Hersteller im UCC-Umfeld, der kein WebRTC-Angebot im Programm hat – oder zumindest an den ­Plänen für eine entsprechende Lösung arbeitet (siehe Kasten).

Die Hersteller sind bereit

Nfon etwa hat aktuell ein WebRTC-Modul für Projektkunden im Programm, mittelfristig könnte ein eigenes WebRTC-Angebot dazukommen. Mehr wollte der Münchner IP-­Centrex-Anbieter bislang nicht verraten. Einen deutlichen Schritt weiter sind die meisten UCC- und Videokonferenz-Hersteller: Das Gros bietet Add-ons auf Basis von WebRTC an, meist im Umfeld von Video- und Audiokonferenzen sowie für Collaboration – die Zusammenarbeit in Teams.
Dazu gehört Innovaphone, das seine Lösung erst kürzlich auf den Markt gebracht hat. Innovaphone hat WebRTC über den browserbasierten UC-Client my­PBX in seine VoIP-Anlage inte­griert. Damit können Mitarbeiter einen Arbeitsplatz in der PBX herstellen. Ein Call-me-Button auf Basis eines kostenlosen Javascripts soll zudem die Kommunikation mit Kunden erleichtern. Dieser wird auf der Webseite von Unternehmen implementiert, Besucher dieser Webseite können mit einem Klick telefonisch, per Video oder E-Mail mit dem Gesprächspartner in Kontakt treten. Voraussetzung ist, dass das Unternehmen eine Innovaphone PBX im Einsatz hat oder ein Gateway des Herstellers.
3CX hat vor zwei Jahren den italienischen WebRTC-Spezialisten E-Works übernommen und dessen Webkonferenz­lösung ins eigene Angebot integriert. 3CX WebMeeting ermöglicht virtuelle Meetings und kann in die UC-Lösung von 3CX eingebunden oder als On-Premise-Lösung im 3CX WebMeeting Server eingesetzt werden.
Zu den WebRTC-Vorreitern gehört Unify mit Circuit, das seit November 2014 auf dem Markt ist. Laut CTO Stefan Ried haben weltweit eine halbe Million Benutzer einen kommerziellen Zugang zum Collaboration-Dienst des Münchner Anbieters gekauft. Der Hersteller bietet Circuit in vier Paketen an – vom kostenlosen Free Pack­age für kleine Teams bis zum Enter­prise Package für 15 Euro pro Monat und Nutzer.
In den Startlöchern steht die „UC as a Service“-Lösung Rainbow von Alcatel-Lucent Enterprise, die zu großen Teilen auf WebRTC basiert. Rainbow kann einerseits als Stand­alone-Produkt eingesetzt werden, andererseits aber auch in Verbindung zum installierten Kommunikationssystem von Alcatel-Lucent Enterprise. Die Beispiele zeigen: Der Markt ist in Bewegung, Lösungen gibt es viele – jetzt fehlt nur noch die breite Akzeptanz der Nutzer.

Fazit

Die Echtzeitkommunikation über den Browser könnte die Art und Weise, wie wir telefonieren, chatten, ja arbeiten, auf eine neue Stufe heben. Denn bislang scheitert echte Collaboration, vor allem über Unternehmensgrenzen hinweg, oftmals an den Plattformen. In vielen Firmen ist es beispielsweise nicht möglich, dass Anwender Plug-ins für diese Tools ­installieren. Dies wäre bei WebRTC nicht nötig, zumindest in der Theorie. In der Praxis funktioniert das nicht immer, und auch die Interoperabilität der Lösungen ist häufig nicht gegeben. Bis dies nicht gelöst ist, ist WebRTC ein Hype, kein Standard.

WebRTC bei UCC-Herstellern

Unternehmen

WebRTC-Angebot

3CX

WebMeeting (Konferenzlösung)

Alcatel-Lucent Enterprise

OpenTouch Communications Suite, Rainbow (UC as a Service, Launch folgt in Kürze)

Avaya

WebRTC SnapIn

BlueJeans

Integration von WebRTC in Videokommunikation

Cisco

Collaboration-Anwendung Spark

Estos

ProCall LiveChat (Konferenzlösung)

Innovaphone

UC-Client myPBX sowie in Verbindung mit einem VoIP-Gateway von Innovaphone

Lifesize

Add-on zu Lifesize Cloud Web App

Mitel

Erweiterung der Collaboration-Lösung MiCollab

Panasonic

UC Pro (Collaboration-Lösung)

Polycom

RealPresence Websuite (Konferenzlösung)

ShoreTel

Konferenzlösung sowie CTI-Client

Unify

Collaboration-Lösung Circuit

Voiceworks

webbasierte Unified Communication Suite

Wildix

WebRTC Kite (Chat, Sprach- und Videoanruf, Desktop-Sharing oder Dateiübertragung)

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