Hongkong wird digital

Die Start-up-Szene boomt

von - 15.04.2016
"Vor ein paar Jahren", so erzählt Ng, "hatten wir nur drei Inkubatoren in der Stadt, dazu vielleicht zwei oder drei Dutzend Start-ups." Inzwischen gibt es 40 Accelatoren, Inkubatoren und Coworking Spaces. Eine Zählung der Start-ups vor etwas mehr als einem Jahr ergab rund 1.200 Start-ups, "inzwischen sind es vermutlich an die 2.000". Die Stadtverwaltung arbeitet intensiv mit der Wirtschaft zusammen, um Jungunternehmer aus aller Welt zu locken. Dazu gehört der Science and Technology Park, ein riesiges Gelände, das in den weniger besiedelten New Territories aus dem Boden gestampft wurde. Wahrzeichen der großzügigen Forschungseinrichtung ist das "Golden Eye", ein Hörsaal mit 300 Plätzen auf Stelzen. Rund 13.000 Menschen aus allen Disziplinen arbeiten hier. Die Besonderheit für Start-ups: Sie finden hier nicht nur bezahlbare Bürofläche - ein wichtiges Asset in einem Staat, in dem bereits ein Parkplatz für ein Auto 250.000 US-Dollar kosten kann. Sie finden auch Kontakt zu Designern, Ingenieuren und Entwicklern, die bei der technischen Umsetzung der Projekte helfen können. 

Besser als Spotify

Dieses Angebot bringt Unternehmen wie Aivvy hervor, ein Start-up, das Streaming-Services wie Spotify ablösen könnte. 2015 stellte Aivvy einen Kopfhörer und einen portablen Lautsprecher vor, die per WLAN Musik aus dem Netz ziehen und dabei automatisch die Vorlieben der Nutzer lernen. Auf der CES in Las Vegas gab es dafür einen Award. Die Prototypen, so berichtet Payne Huang, Entwicklungschef für den asiatischen Markt, wurden im Science Technology Park entwickelt und gebaut. 
Winnie Wong Head of Marketing Cyberport
Winnie Wong präsentiert ein Modell des Cyberport
(Quelle: Foto: Kemper)
Noch futuristischer wirkt der Cyberport-Komplex, rund eine halbe Autostunde entfernt. Er entstand im Rahmen eines Public Private Partnership. Die Verwaltung stellte im Jahr 2000 ein Grundstück zur Verfügung, ein reicher Industrieller schoss Geld dazu. Auf einem Teil des Geländes wurden Privatwohnungen errichtet, auch ein Einkaufszentrum entstand. Die Mieteinnahmen daraus decken die Kosten des Cyberport, der hunderten von Start-ups eine Heimstatt bietet, so zum Beispiel Bitspark. Dessen Mitbegründer George Harrap will das Geschäft von Geldtransfer-Diensten wie Western Union revolutionieren, indem er mit Bloockchain-Transaktionen einen der Haupt-Kostentreiber dieser Firmen beseitigt. Der Australier lebt seit einigen Jahren in Hongkong und ist sich sicher: "Das hier ist der ideale Platz für uns."
Der Cyberport ist sowohl architektonisch wie technisch ein außergewöhnlicher Komplex. Als er im Jahre 2000 gebaut wurde, so erzählt Marketing-Chefin Winnie Wong stolz, war der Cyberport das erste Gebäude dieser Art, das komplett mit Breitband-Glasfaser vernetzt war. "Außerdem gehörten wir zu den ersten, die ein freies WLAN anboten. Und das in einer Zeit, als ein Access Point noch 2.000 Dollar kostete - und nicht 20 wie heute." Freier WiFi-Zugang ist in Instituten, Behörden und Einkaufszentren.
Doch dabei soll es nicht bleiben: Die Innovation and Technology Commission, zu deren Aufgaben die digitale Entwicklung Hongkongs gehört, gründete im November 2015 das Innovation and Technology Bureau, eins von 16 Büros dieser Art, das sich darum kümmert, dass die Belange der Digitalwirtschaft in Zukunft auch in der Gesetzgebung berücksichtigt werden. Und Invest HK startet jetzt einen Investment-Fonds für Unternehmen aus den Bereichen Fintech, Robotik, Smart Cities und Health-Tech. Er ist zwei Milliarden Hongkong-Dollar schwer, umgerechnet rund 250 Millionen US-Dollar. Charles Ng ist sich sicher, dass die Maßnahmen ihr Ziel erreichen werden: "Die Chancen und Möglichkeiten sind riesig."
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