Standpunkt

Ampel schaltet um auf Open Source

von - 07.08.2022
Foto: Rico Barth
Den vielversprechenden Ankündigungen pro Open Source im Koalitionsvertrag folgen nun endlich Taten. com! professional zeigt, was nun geht.
Große Wellen hatte der Koalitionsvertrag geschlagen, als er Ende vergangenen Jahres vorgestellt wurde. Die neue Ampelregierung aus SDP, Grünen und FDP hat sich darin nämlich auf den unterschiedlichsten Politikfeldern durchaus ehrgeizige Ziele gesetzt: vom erheblich vermehrten Wohnungsbau über die Legalisierung von Cannabis bis hin zu einer verstärkten Digitali­sierung. Und Letzteres sollte vor allem mit Fokus auf Open Source geschehen.
Doch getan hat sich in diesem Bereich – bisher – wenig. Das könnte sich aber bald ändern, denn jetzt wurde endlich ein Millionenpaket beschlossen – insgesamt rund 51 Millionen Euro stehen nun für die Stärkung von Open Source und die Förderung der digitalen Souveränität zur Verfügung.

Koalition löst den Open-Source-Stau

Die Ampelregierung möchte Deutschland nicht nur in Sachen Energie unabhängiger machen, sondern eben auch die Digi­talisierung in der Verwaltung stabiler, resilienter und souveräner gestalten und Abhängigkeiten zurückfahren. Doch waren im Bereich der Digitalisierung und der Stärkung von Open Source die Fortschritte in den letzten Monaten ins Stocken geraten. Sie waren meist regional beschränkt und vor allem von Forderungen geprägt.
Von den Abgeordneten der Grünen im bayerischen Landtag wurde beispielsweise eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der sie von Ministerpräsident Markus Söder mehr Open Source und mehr Open Data forderten, auch ohne dafür auf Vorgaben aus Berlin oder Brüssel zu warten. Und Tobias Bacherle, stellvertretender Leiter der AG Digitales der Grünen-Bundestagsfraktion, setzte sich für zusätzliche, bundesweite Open-Source-Investitionen in der Verwaltung ein.
Etwas konkreter wurde es immerhin schon im hessischen Landtag, wo die FDP-Fraktion eine Änderung des Haushaltsplans einbrachte, um weitere Mittel für die Open-Source-Strategie nutzen zu können.

Mehr Fördermittel für Open Source

Doch jetzt gab es nach offenbar zähen Verhandlungen einen Durchbruch: Die Koalitionäre haben beschlossen, den Open-Source-Etat um 37,5 Millionen Euro aufzustocken – auf dann insgesamt 51 Millionen Euro. Ein Großteil davon, nämlich 32 Millionen Euro, wird in das Projekt „Souveräner Arbeitsplatz“ fließen. Um weniger auf pro­prietäre Software angewiesen zu sein, können deutsche Verwaltungen damit auf Open-Source-Lösungen bauen – unabhängig davon, ob es sich dabei um Konferenz-Tools, Büro-Software oder Helpdesk-Lösungen handelt.
„Viel zu lange waren wir abhängig von Lösungen, die sich nicht in die Karten schauen lassen.“
8,3 Millionen Euro erhält das Zentrum für digitale Souveränität (ZenDiS), das als Schnittstelle für die Verbreitung von Open-Source-Technologie in den Verwaltungen fungieren soll. Weitere Fördermittel des Pakets gehen an das Projekt „Open CoDE“, mit dem Kommunen, Länder und Bund den Quellcode ihrer Projekte teilen können, sowie an den Sovereign Tech Fund, der die Entwicklung von Open-Source-Projekten fördern soll.

Schritt in Richtung digitale Souveränität

Die Entscheidung, die Mittel für Open Source aufzustocken, wurde bei uns in der Branche sehr positiv aufgenommen. Nach Monaten in der Schwebe sind nun die Weichen gestellt, um die dringend nötige Digitalisierung mit Open Source voranzutreiben. Bei unserem IT- und Servicemanagement-System KIX setzen wir schon von Beginn an auf einen offenen Quellcode, weil eine solche Software sicherer, transparenter und schlichtweg nachhaltiger ist.
Die Ampelregierung hat einen wichtigen Schritt unternommen, um die digitale Souveränität weiter zu fördern. Das ist nicht nur ein enormer Gewinn für Deutschland, sondern auch auf europäischer Ebene. Viel zu lange waren wir abhängig von proprietären Lösungen, die sich nicht in die Karten schauen lassen. Umso wichtiger ist es deshalb, jetzt quelloffene, europäische Lösungen zu finden. Auch wenn wir manchmal lange an der Ampel warten müssen – irgendwann geht es doch voran.
Der Autor
Rico Barth
ist einer der digitalen Vorreiter im Land. 2006 gründete er mit drei Kollegen cape IT, das die IT-Abläufe des deutschen Mittelstands fit macht für die Zukunft – dafür gab es sogar den Innovationspreis IT in der Kategorie „Open Source“ auf der CEBIT. Seit 2011 ist Barth im Vorstand der Open Source Business Alliance.
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