Talente finden mit Künstlicher Intelligenz
Jeder HR-Bereich ist betroffen
von Thomas Hafen - 17.03.2020
Auch wenn das Recruiting derzeit das Haupteinsatzgebiet für KI-basierte Methoden ist, so gibt es auch nach der Einstellung eines Mitarbeiters zahlreiche Möglichkeiten für deren Nutzung. „Letztlich wird jeder HR-Management-Bereich entlang des sogenannten Employee Life Cycles betroffen sein“, erklärt Frank Kohl-Boas, Head of Legal & People Operations bei der ZEIT-Verlagsgruppe, Mitglied des Ethikbeirats HR-Tech und Präsidiumsmitglied im BPM.
Chatbots können beispielsweise die Personalabteilung von Verwaltungsaufgaben entlasten. „KI ist ein Instrument, mit dem sich viele Standardprozesse im Personalwesen schneller und einfacher erledigen lassen“, erläutert Deloitte-Manager Thomas Faust. Zwar bieten herkömmliche HR-Suiten ebenfalls Möglichkeiten zur Automatisierung, diese scheitert aber meist schon bei kleinen Abweichungen von vorgegebenen Workflows. Wenn Mitarbeiter die Änderung von Stammdaten wie Adresse, Personenstand, Krankenversicherung oder Steuerklasse dagegen über ein intelligentes Dialogsystem vornehmen, können die Angaben direkt und in Echtzeit auf Vollständigkeit und Plausibilität überprüft werden. Weicht der Mitarbeiter von den definierten Abläufen ab oder fehlt eine wichtige Angabe, fragt der Chatbot direkt nach und löst im Idealfall das Problem ohne menschliches Zutun. So werden nicht nur die Mitarbeiter entlastet, auch Fehlerquote und Datenqualität verbessern sich. Selbst komplexe Vorgänge wie Auslandseinsätze, bei denen Visabestimmungen, Reisebeschränkungen, Impfvorgaben und vieles mehr beachtet werden müssen, lassen sich durch intelligente Selfservice-Portale wesentlich effizienter abwickeln.
In der Personalentwicklung können ebenfalls viele Vorgänge mit Hilfe von Algorithmen optimiert werden, etwa indem intelligente Assistenten Mitarbeitern passgenau Trainings und Schulungen vorschlagen oder intern den richtigen Kandidaten für eine offene Stelle finden.
Schwieriger wird es allerdings, wenn KI für die Personalbeurteilung, die Analyse von Stimmungen, Gesundheitsrisiken und Krankenständen oder auch für die Vorhersage von Kündigungsabsichten eingesetzt wird. „Die Sorge bei vielen Beteiligten ist groß, dass die Künstliche Intelligenz am Ende finale Entscheidungen bei der Auswahl von Einstellungen oder Kündigungen trifft oder die Leistung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bewertet“, beobachtet Christian Lorenz von der DGFP. Solche Initiativen dürften relativ schnell auf den Widerstand von Mitarbeitern und Betriebsräten stoßen. „Niemand will ernsthaft den gläsernen Mitarbeiter“, resümiert Anja Michael vom BPM.