Talente finden mit Künstlicher Intelligenz
Wie der Einstieg gelingt
von Thomas Hafen - 17.03.2020
Der unbedachte Einsatz von lernenden Algorithmen im Personalbereich kann selbst in High-Tech-Konzernen zu erheblichen Problemen führen, wie das Beispiel Amazon zeigt. Unternehmen sollten daher zunächst mit relativ unkritischen Bereichen experimentieren, um die Möglichkeiten KI-basierter Systeme kennenzulernen und auszuloten.
Anja Michael vom BPM rät ihnen, KI-Tools zunächst einmal für die Arbeitsmarktanalyse auszuprobieren, mit denen sich länderspezifisch das Angebot an und die Nachfrage nach bestimmten Bewerberqualifikationen identifizieren lässt: „Daraufhin könnten sie dann ihre Bewerberansprache ausrichten.“
Deloitte-Consultant Faust geht einen Schritt weiter und empfiehlt, mit Hilfe Künstlicher Intelligenz nicht nur die aktuelle Arbeitsmarktsituation zu analysieren, sondern auch den zukünftigen Bedarf: „Das Strategic oder Future Skill Management eignet sich ganz hervorragend für Pilotprojekte“, sagt der Manager. „Wo stehen wir heute, welche Skills werden wir in Zukunft benötigen und wie weit sind wir von diesem Zielbild entfernt? Das sind Fragen, die sich mit Hilfe KI-basierter Analysen sehr gut beantworten lassen.“
Bevor man sich in die Arbeit stürzt, sollte man allerdings prüfen, ob sich der Einstieg überhaupt lohnt, unterstreicht indessen Christian Lorenz vom DGFP: „Sind die zu bearbeitenden Fallzahlen so groß, dass die Investition sinnvoll ist, oder reichen auch die herkömmlichen Techniken?“ Der Leiter des DGFP-Hauptstadtbüros empfiehlt, nicht nur mit Anbietern, sondern auch mit Unternehmen zu sprechen, die bereits Erfahrungen gesammelt haben: „Verbände wie die DGFP vermitteln hier zwischen den Mitgliedern und geben die Möglichkeit des Erfahrungsaustauschs.“
Fazit & Ausblick
Überall wo große Datenmengen verarbeitet werden, komplexe Zusammenhänge vorliegen und Muster nur schwer zu erkennen sind, spielt Künstliche Intelligenz ihre Stärke aus. Das gilt für den Bereich des Personalwesens genauso wie für viele andere Einsatzgebiete.
Ebenso gültig ist aber auch die Erkenntnis, dass Algorithmen nur so gut sind wie die Trainingsdaten, auf denen sie basieren, und die Kenntnisse derer, die sie anlernen. Wenn automatisierte Entscheidungen das Leben von Menschen erheblich beeinträchtigen oder verändern können, ist daher besondere Vorsicht geboten.
Künstliche Intelligenz darf in diesen Fällen keinesfalls als Blackbox fungieren, deren Ergebnissen blind vertraut wird. Der Einsatz unterliegt deshalb - wie auch bei Versicherungen oder im Gesundheitswesen - im HR-Bereich erhöhten Anforderungen. Es muss jederzeit transparent und nachvollziehbar sein, wann und wozu welche Daten erhoben werden, nach welchen Kriterien die Analyse erfolgt und was mit den Ergebnissen geschieht. Davon sind aktuelle KI-Lösungen nicht nur für das Personalwesen allerdings noch weit entfernt.
Die Richtlinien des Ethikbeirats HR-Tech sind daher ein wichtiger Beitrag, die Situation zu verbessern und einen ethisch akzeptablen Einsatz von KI zu ermöglichen. Dieser liegt auch im Interesse von Herstellern und Unternehmen. Wenn Betroffene sich von der KI ausspioniert, abgeurteilt und übervorteilt fühlen, werden KI-Tools im Personalwesen keine Chance haben.