Digitale Assistenten als Stimme für die Marke

Voice-Marketing

von - 20.02.2020
Es ist sinnvoll, bei der Antwort auf diese Frage zwischen Voice-Marketing und Voice-Advertising zu unterscheiden. Voice-Marketing bezieht sich darauf, digitale Inhalte von Unternehmen zu „vertonen“, um sie über Sprache abrufbar zu machen. Der Gedanke dahinter: Wenn Menschen zunehmend über Sprache mit der digitalen Welt interagieren, bedeutet das, dass die Inhalte der digitalen Welt auch in natürlicher Sprache ausgegeben werden müssen. Bezogen auf das Marketing heißt das: einem Produkt oder einem Service das Sprechen beizubringen - und zwar möglichst so, wie gesprochene Sprache klingt. Zum Voice-Marketing gehört beispielsweise auch das Entwickeln eines ­Alexa Skills oder einer Action (Anwendung) für den Google Assistant.
Felix Zirkler, Mitgründer und Geschäftsführer von Dialogue Tech FMC in Hamburg, geht davon aus, dass sich Voice-Marketing künftig zu einer „Pflichtauf­gabe“ entwickeln wird. Dialogue Tech ist auf „Conversational Commerce“ spezialisiert und hat eine „Dialogue Engine“ für Shops entwickelt. Zirkler blickt also aus der Handelsperspektive auf Voice-Marketing und vergleicht es mit der Internetsuche. Nur wenige Marken können sich heute ­erlauben, keine Suchmaschinenoptimierung oder kein Suchmaschinenmarketing zu betreiben, argumentiert er. Mit der zunehmenden Verbreitung und der Nutzung sprachbasierter Assistenzsysteme werde dies für den Kanal Voice nicht anders sein. Für Marken gehe es darum, bei Anfragen über smarte Assistenten präsent im Sinn von „auffindbar“ zu sein.
Frank Bachér, Geschäftsführer Digitale Medien beim Audiovermarkter RMS, ergänzt, dass sich Nutzerinnen und Nutzer in dieser neuen „Audiosphäre“  gezielt über die ­Angebote von Unternehmen informieren und sie sprachbasiert abrufen können. 

Voice-Advertising

Audio-Werbeformate, die mit Sprach­interaktion spielen, sind ein Teil von Voice-Marketing. Frank Bachér beobachtet, dass sich aktuell Voice-Advertising als Marketing-Instrument entwickelt. In der Vermarktung müssten nun Lösungen entstehen, die sowohl von der Technologie, nämlich der Spracherkennung, als auch von den Geräten, den smarten Speakern, Gebrauch
machen.
Bachér erklärt, was sich prinzipiell an Audio-Werbung durch die smarten Lautsprecher ändert: „Mit dem Einsatz von Sprachtechnologie ist es nun erstmals möglich, direkt mit einem Spot zu interagieren. Die Stimme ersetzt den Klick [auf das digitale Werbemittel, Anm. der Red.] und macht Audio zum interaktiven, rückkanalfähigen Medium.“ Eine Folge, die Werbungtreibende erfreulich finden dürften: Audio-Werbung wird über Voice messbar, wenn die Zuhörer sprachlich auf Inhalte reagieren.
Die Stimme wird in Zeiten der smarten Assistenten die zentrale Verbindung zu Nutzern, die über Sprache im Internet ­suchen, Inhalte abrufen oder vielleicht auch einkaufen. Deshalb ist Thomas ­Kabke-Sommer, Geschäftsführer von Crossplan Deutschland, überzeugt, dass Marken eine Stimme brauchen: „Die Erlebbarkeit einer Marke wird dadurch dominiert, wie sie im Ohr des Konsumenten klingt.“ Und auch dadurch, welchen Mehrwert sie über die Skills der Sprachassistenten schafft, schiebt der Chef des digitalen Werbedienstleisters für Radiosender nach.
Die Frage, die sich daran anschließt, formuliert Bachér von RMS: „Wie soll meine Marke eigentlich klingen?“ Marken brauchen eine „Audio Identity“, also eine akustische Identität, meint er, „die über ein Soundlogo hinausgeht“. Sie umfasst Stimme, Ton, Sprachstil und harmoniert mit dem gesamten Markenauftritt.
Das ist keine leichte Aufgabe. Deshalb verwundert es nicht, dass seit gut ­einem Jahr die ersten Voice-Beratungsagenturen neue Geschäftsmöglichkeiten ausloten. So hat das Agenturnetzwerk Mind­share, Teil der Werbeholding WPP, im Oktober 2018 eine Beratung mit Fokus auf „Voice und Visual Services“ gegründet. Und die britische Beratungsagentur Voiceworks hat im Juli 2019 die Arbeit aufgenommen. Sie schreibt sich „Voice first“ auf die Fahnen und bietet Kunden eine Fullservice-Beratung mit Fokus auf Voice Tech, Voice Search, Audio-Content und Audio-Branding.
Thomas Kabke-Sommer
Thomas Kabke-Sommer
Geschäftsführer Crossplan Deutschland
Foto: Crossplan
„Eine Stimme kann beim Konsumenten Emotionen auslösen.“
Auch in Deutschland beschäftigen sich Berater und Entwickler bereits mit Alexa Skills, Google Actions, Voice-Marketing oder Conversational Commerce. Ihr ­gemeinsames Ziel: Wege zu finden, wie Unternehmen oder Händler auf Sprachbasis mit Kunden kommunizieren können. Marketing über digitale Assistenten ist ein unbeackertes Feld. Alles ist gerade erst im Entstehen. Die Möglichkeiten, wie Unternehmen mit Konsumenten über smarte Lautsprecher interagieren können, werden noch ausgelotet.
Über die Stimme und das Gehör genau die Emotionen zu wecken, die das Marken­erlebnis bestimmen sollen, sei eine ­der wesentlichen Herausforderungen im Voice-Marketing, betont Thomas Kabke-Sommer. Wichtig sei auch, den Nutzer barrierefrei durch das auditive
Menü zu führen.
Made in Germany
Die Fraunhofer-Institute für Inte­grierte Schaltungen (IIS) und für Intelligente Analyse- und Infor­mationssysteme (IAIS) entwickeln gemeinsam mit Partnern eine Sprachassistenzplattform für Business-to-Business-Anwendungen. Unternehmen sollen einzelne Technologiemodule der Lösung nutzen und für ihre Zwecke anpassen können. Das Projekt läuft unter der Bezeichnung „Speaker“. Die Fraunhofer-Institute sehen einen großen Bedarf in Industrie und Wirtschaft an Sprach­assistenzanwendungen, doch mit Lösungen aus dem Ausland seien europäische Standards der Datensicherheit nicht umzusetzen, betonen sie.
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