Bei Digitalisierung zählt Geschwindigkeit

So teuer ist die Digitalisierung

von - 26.09.2019
com! professional: Blicken wir in die Praxis: Was geben die Unternehmen für die Digitalisierung im Schnitt aus – und wie stemmen sie die Finanzierung?
Ostermeier: Laut einer KPMG-internen Studie werden sich allein die Ausgaben für Künstliche Intelligenz in den kommenden sechs Jahren mehr als verzehnfachen. Dabei wird sich der Trend weiter fortsetzen, kapitalintensive Eigenentwicklungen durch bedarfsorientiert skalierende Lösungen zu ersetzen.
Erfolge der Digitalisierung
Wer digitalisiert, feiert auch Erfolge: Immerhin ein Viertel der Unternehmen in Deutschland konnte so seinen Umsatz steigern.
(Quelle: com! professional)
So wie wir es in den letzten Jahren mit der Cloud erlebt haben, werden wir in Zukunft auch vorgefertigte Artificial-Intelligence-Pakete sehen. Das hauptsächliche Investment findet nicht auf der Technologieseite statt, sondern in der Adaption und Zusammensetzung der richtigen Komponenten zu innovativen Anwendungen.
com! professional: Viele angestammte Unternehmen tun sich für die Digitalisierung mit Start-ups zusammen oder gründen gar eigene Start-ups. Können solche Kooperationen zwischen Start-ups und Unternehmen ein Katalysator für die Digitalisierung von Geschäftsmodellen und -prozessen sein?
Ostermeier: Eine kurze Antwort ist vor dem Hintergrund der Bandbreite und der Vielzahl an Kooperationsmechanismen nicht möglich. Fest steht jedoch, dass die Art und Weise, wie Start-ups kontinuierlich ihren „Product Market Fit“ evaluieren und bei Bedarf ihr Geschäftsmodell anpassen, für etablierte Unternehmen eine sinnvolle Erweiterung gegenüber traditionellen Innovations- und Strategieprozessen ist.
com! professional: Und welche Rolle spielt die Politik? Was läuft gut, was muss besser laufen? Welche Weichen sollten gestellt werden, damit die Digitalisierung hierzulande funktionieren kann?
Ostermeier: Lassen Sie uns hierzu einmal nach Israel blicken. Dort hat die Politik Rahmenbedingungen für Risikokapital­geber und Gründer geschaffen, die sich durch ein hohes Maß an Flexibilität und niedrige Eintrittsbarrieren auszeichnen – vergleichbar dem Silicon Valley. Allein das sogenannte Venture Capital Funding, welches vom israelischen Staat und über die Israel Innovation Authority jährlich zur Verfügung gestellt wird, übersteigt das der gesamten EU um ein Viel­faches.
com! professional: Bleiben wir im Ausland und schauen wir zum Beispiel in die USA oder nach Asien – dort werden ohne besondere Einschränkungen allerlei Benutzerdaten gesammelt und verwertet. Hier in Europa denkt man immer zuerst an Datenschutz und Privatsphäre. Sind wir damit auf dem digitalen Holzweg­ – oder beschreiten wir doch den Königsweg?
Ostermeier: Grundsätzlich liegt der Unterschied darin, dass europäische Kunden höhere Anforderungen an den Schutz persönlicher Daten stellen. Für asiatische und amerikanische Kunden steht stattdessen die sogenannte Customer Experience im Vordergrund, also der konkrete, erhöhte Nutzen, der für den Endkunden entsteht. Dieser Nutzen treibt letztlich die Bereitschaft, persönliche Daten preiszugeben. Das ist Teil der Kultur.
Für Unternehmen bedeutet das, dass sie in ihren Geschäftsmodellen Unterschiede berücksichtigen müssen.
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