Quantensprung im Super-Computing

Quantenrechner bald praxisreif

von - 11.04.2017
Kritisch: Der Kühler des Quantencomputers von D-Wave muss eine Kühltemperatur von maximal minus 273,135 Grad Celsius gewährleisten.
(Quelle: D-Wave Inc.)
Erste Ideen für Quantencomputer stammen aus den 60er-Jahren vom Physiknobelpreisträger Richard Feynman. Lange Zeit kamen sie über theoretische Konzepte nicht hinaus. In den letzten Jahren hat sich aber sehr viel getan und erste Quantencomputer sind tatsächlich schon im Praxiseinsatz.
Google und D-Wave: Der erste kommerzielle Quantencomputer, der D-Wave des gleichnamigen kanadischen Herstellers, erblickte 2007 das Licht der Welt. Knapp sieben Jahre später legte sich Google für 10 Millionen Dollar den D-Wave 2X Quantum Computer mit stolzen 512 Qubits Leistung zu, um die Erkennung von Bildern und menschlicher Sprache zu parallelisieren. Inzwischen hat Google die Leistung durch einen Austausch der Prozessoreinheit auf 1000 Qubits aufgestockt und zusätzliche Systeme angeschafft. Eines dieser Technologiewunder betreibt der Suchriese zusammen mit der NASA.
Welch breites Potenzial man bei Goo­gle dem Quantencomputer zumisst, erklärt Ryan Babbush, Quantum Software Engineer bei Google: „Quanten-Computing könnte das Design von Solarzellen, Industriekatalysatoren, Batterien, flexiblen Schaltkreisen, Medikamenten, Materialien und vielem anderen revolutionieren.“
Volkswagen und D-Wave: Als erster Autokonzern hat soeben Volkswagen ein Quantencomputer-Programm gestartet. Dafür hat er sich mit D-Wave als strategischem Partner zusammengetan. Für Martin Hofmann, CIO des Volkswagen-Konzerns, ist die Zusammenarbeit mit D-Wave nichts Geringeres als „ein Meilenstein auf dem Weg in die digitale Zukunft unseres Unternehmens“.
Als erstes Ergebnis der Kooperation wurde auf der CeBIT ein Forschungsprojekt zur Verkehrsflussoptimierung demonstriert. IT-Experten der Volkswagen Labs aus San Francisco und München haben dafür auf dem neuesten D-Wave-2000Q-Quantencomputer mit 2048 Qubits ein Smart-Mobility-Programm entwickelt, für das Daten von rund 10.000 Taxis aus Peking verwendet wurden, um deren Fahrzeit zu optimieren.
Im Rahmen der Kooperation erproben Experten aus den IT-Labs von Volkswagen die Programmierung von Applikationen und Algorithmen auf einem Quantencomputer von D-Wave Systems, um Fachwissen aufzubauen und unternehmerisch sinnvolle Anwendungsmöglichkeiten der Quantencomputer-Technologie zu entwickeln.
IBM Q: Bereits seit rund 35 Jahren engagiert sich IBM auf dem Feld der Quantencomputer. Nun geht der Konzern einen entscheidenden Schritt: Er hat jüngst die Entwicklung des ersten universell einsetzbaren, kommerziell verfügbaren Quantencomputers für Unternehmen und Wissenschaft angekündigt – IBM Q genannt. Zunächst sollen IBM-Q-Systeme mit 50 Qubits entwickelt werden, um die Überlegenheit dieses Ansatzes gegenüber klassischen Computern zu demonstrieren. Verfügbar gemacht werden IBM Q und zugehörende Services über die IBM-Cloud. Sie sollen Lösungen für Aufgaben und Simulationen liefern, etwa auf molekularer Ebene in der Chemie, an denen klassische IT-Systeme scheitern und die auch KI-Systeme wie IBMs Watson überfordern.
Volkswagen Code Lab San Francisco: IT-Experten arbeiten daran, mit Hilfe eines Quantencomputers von D-Wave den Taxiverkehr in Peking zu optimieren.
Darüber hinaus hat IBM zwei große Erweiterungen des IBM Quantum Experience angekündigt, eines seit 2016 über die IBM-Cloud angebotenen Zugangs zu einem 5-Qubits-Quantencomputer im IBM-Watson-Forschungszentrum im US-Bundesstaat New York. Nutzer können darüber Algorithmen ausprobieren, mit einzelnen Qubits arbeiten oder sich mit Tutorials und Simulationen weiterbilden.
Neu ist nun zum einen, dass APIs es noch in der ersten Hälfte dieses Jahres Entwicklern ohne großes Know-how zu Quantencomputern ermöglichen sollen, klassische IT-Systeme mit cloudbasierten Quantencomputern zu verknüpfen. Die APIs werden auf GitHub veröffentlicht. Zum anderen soll ein erweiterter Simulator ein System von bis zu 20 Qubits simulieren.
Für die nächsten Monate angekündigt ist zudem ein Software Development Kit (SDK), das es erlaubt, einfache Quanten-Anwendungen und Software-Programme zu bauen.
Atos Quantum: Etwas Ähnliches wie IBM beabsichtigt Atos, ein internationaler Anbieter digitaler Services, mit Atos Quantum, dem „ersten Programm für Quantenrechner in Europa“. Es soll sich auf die industrielle Integration konzentrieren und besteht aus vier Teilbereichen:
  • einer Quantensimulationsplattform, die es Wissenschaftlern ermöglicht, Algorithmen und Software für künftige Quantencomputer zu testen
  • einem Cluster für Algorithmen-Entwicklung und Programmierung, um ein Portfolio von Quantenanwendungen zu schaffen, insbesondere für Big Data, KI, Supercomputing und Cyber-Security
  • innovativen Rechnerarchitekturen
  • quantensicheren kryptografischen Algorithmen
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