Künstliche Intelligenz mit Ethik

Richtlinien setzen Maßstäbe

von - 20.10.2020
Ethik als Erfolgsfaktor
Positive Erwartungen: Über zwei Drittel der Unternehmen sind der Meinung, dass es sich lohnt, Produkte an ethischen Maßstäben auszurichten.
(Quelle: DVBW "Künstliche Intelligenz, Smart Home, vernetzte Gesundheit - Ethik in der Digitalen Wirtschaft" (n = 174) )
Was aber macht Ethik in einer KI-Lösung genau aus? Luciano Floridi, Director of Digital Ethics Labs am Oxford Internet Institute, nennt Transparenz, Verantwortlichkeit und Befähigung als zentrale Kriterien und erklärt: „Transparenz, damit Menschen sehen, was man tut; Verantwortlichkeit, weil man die Verantwortung übernimmt für das, was man tut; und Befähigung, indem man die Verantwortung dafür übernimmt, dass es anderen möglich ist zu sagen, ob man das Richtige getan hat oder etwas nicht gut war.“
Um dies konkret in einem Unternehmen umzusetzen, braucht es allerdings mehr als nur drei Begriffe. Es sind Richtlinien gefragt, die möglichst genau sagen, wer was tun und lassen soll. „Vorschriften, die mit dem richtigen Gleichgewicht und im besten Interesse aller Beteiligten umgesetzt werden, sind für optimale Ergebnisse unerlässlich“, meint dazu Paul Cobban, Chief Data and Transformation Officer bei DBS, einem multinationalen Bank- und Finanzdienstleistungskonzern mit Hauptsitz in Singapur. „Unternehmen müssen über das Gleichgewicht zwischen den Rechten des Einzelnen und den Rechten der Unternehmen nachdenken. Die andere Herausforderung im Zusammenhang mit der Regulierung besteht darin, dass sich in einer zunehmend vernetzten Welt die Vorschriften in einem Teil der Welt von denen in anderen Teilen unterscheiden“, so Cobban weiter.
Es ist also nicht einfach, eigene KI-Richtlinien im Unternehmen zu definieren, um den ethischen Einsatz sicherzustellen. Im „Digitalisierungsmonitor 2020“ der Management- und Technologieberatung BearingPoint erklären lediglich 5 Prozent der Befragten, dass es in ihrem Unternehmen bereits abgestimmte Richtlinien und Maßnahmen für den ethischen Umgang mit KI gibt. Bei 46 Prozent existieren gar keine Richtlinien und Maßnahmen. Weitere 22 Prozent wissen es nicht sicher, vermuten aber immerhin, dass erste Diskussionen geführt werden.
„Um KI von Anfang an richtig zu machen, ist die Etablierung eines KI-Ethik-Teams zur Ausarbeitung und Festlegung grundlegender Prinzipien sowie eine entsprechende Kommunikation unabdingbar. Für Unternehmen, die schon Erfahrung mit KI gemacht haben, ist es umso wichtiger, sich auch diesem Thema konsequent zu widmen“, erklärt Theodor Schabicki, Partner bei BearingPoint. Der Experte für Künstliche Intelligenz nennt eine Reihe von Vorteilen, die das für Unternehmen bringt: „Sich hier richtig zu positionieren, führt zur Akzeptanz von KI im Unternehmen selbst und dient der Glaubwürdigkeit. Darüber hinaus - und das sollte für Unternehmen immer ein Argument sein - liefert der transparente Umgang mit Ethik einen nicht zu unterschätzenden Mehrwert für Kunden. Hier liegt eine große Chance, um Ethik und KI zum Differenzierungsmerkmal zu machen.“
Theoor Schabicki
Theodor Schabicki
Partner bei BearingPoint
www.bearingpoint.com
Foto: BearingPoint
„Die Lücke zwischen theoretischem Anspruch und Realität ist, wenn es um KI und Ethik geht, noch groß - aber nicht unüberwindbar.“
Und es gibt bereits eine Reihe von Guidelines, die Orientierung bieten können, wenn man eigene KI-Richtlinien entwickeln möchte und sehen will, wie andere vorgegangen sind:
Auch die EU-Kommission hat entsprechende Leitlinien erstellen lassen. Wesentlich sind:
Menschliche Entscheidungsfreiheit und Kontrolle: KI-Systeme sollten gerechte Gesellschaften ermöglichen, indem sie die menschliche Handlungsfähigkeit und die Grundrechte unterstützen und die menschliche Autonomie nicht verringern, einschränken oder fehlleiten.
Robustheit und Sicherheit: Vertrauenswürdige KI erfordert, dass Algorithmen sicher, zuverlässig und robust genug sind, um Fehler oder Inkonsistenzen während aller Lebenszyklusphasen von KI-Systemen zu behandeln.
Datenschutz und Datenverwaltung: Die Bürger sollten die volle Kontrolle über ihre eigenen Daten haben, während die sie betreffenden Daten nicht dazu verwendet werden, sie zu schädigen oder zu diskri­minieren.
Transparenz: Die Rückverfolgbarkeit von KI-Systemen ist zu gewährleisten. 
Vielfalt, Nichtdiskriminierung, Fairness: KI-Systeme sollten die gesamte Bandbreite menschlicher Fähigkeiten, Fertigkeiten und Anforderungen berücksichtigen und Zugänglichkeit sicherstellen.
Gesellschaftliches und ökologisches Wohlergehen: KI-Systeme sollten eingesetzt werden, um einen positiven sozialen Wandel sowie Nachhaltigkeit und ökologische Verantwortung zu fördern.
Rechenschaftspflicht: Es sollten Mechanismen eingerichtet werden, um die Verantwortung und Rechenschaftspflicht für KI-Systeme und deren Ergebnisse sicherzustellen.
Bleibt die Frage: Selbst wenn man eigene KI-Ethik-Richt­linien definiert hat oder einen KI-Anbieter wählt, der KI-Guidelines veröffentlicht hat - woher weiß man, dass die genutzte KI-Lösung wirklich ethisch vertretbar ist und sich an die Regeln hält?
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