Im Gespräch mit Julian Fischer von Anynines

Hochverfügbares Hosting ist unser Steckenpferd

von - 03.04.2018
Hosting
Foto: marketinggraphics / Shutterstock.com
Anynines ist im Umfeld der Cloud Application Platform Cloud Foundry aktiv. Im Gespräch mit com! professional erläutert CEO Julian Fischer, was es mit dem Data-Services-Anbieter auf sich hat.
Julian Fischer
Julian Fischer: CEO von Anynines
Julian Fischer, CEO des Start-ups Anynines, kann trotz seines jungen Alters schon auf eine bewegte Vergangenheit als Gründer zurückblicken. Im Gespräch mit com! professional erzählt er die Geschichte hinter seinem jüngsten Projekt, dem Data-Services-Anbieter Anynines – einer Open-Source-Reise von Open­Stack zu Cloud Foundry.
com! professional: Herr Fischer, Sie gehören zu den ganz jungen Start-up-Gründern in Deutschland, trotzdem haben Sie schon einiges unternommen.
Julian Fischer: Das ist richtig. Wir haben schon etwa 2008 damit angefangen, uns in die IT-Gründungen vorzuwagen und immer neue Anläufe gemacht – wie US-Start-ups auch. Damals haben wir uns mit Ruby und anderen Programmiersprachen befasst. Und wir haben Rails-Anwendungen gebaut. Danach haben wir uns zum ersten Mal in Richtung Hosting vorgewagt. Wir hatten zehn Server im Rechenzentrum, unter anderem mit mehreren Applikationen und einem MySQL-Cluster. Man könnte sagen: Hochverfügbares Hosting war schon immer unser Steckenpferd.
com! professional: Und mit wie viel Jahren sind Sie in der IT gestartet?
Fischer: Ich bin als Selbstständiger unterwegs, seit ich 19 bin.
com! professional: Wie alt sind Sie jetzt?
Fischer: 36. Gründen ist einfach meine Leidenschaft. Kann man so sagen.
com! professional: Aber es ging Ihnen doch um bestimmte Inhalte?
Fischer: Das ist richtig.
com! professional: … und um welche?
Fischer: Nun, Hochverfügbarkeit, Hosting und Webtechnologien. Um die Jahrtausendwende, ganz am Anfang meiner Beschäftigung mit IT, war der Siegeszug der Webtechnologien noch nicht so selbstverständlich wie heute. Das war die Zeit, als Java noch sehr populär war. Eigentlich haben wir mit physischen Servern angefangen und dann sehr schnell die Notwendigkeit und den Weg der Automatisierung entdeckt und vorangetrieben.
Und wir haben sehr früh auf Virtualisierung gesetzt, zunächst auf Xen-Basis. Für uns war dann die Technologie von OpenStack eine Art logische Fortführung der ursprünglichen Entwicklung und der Möglichkeiten von Xen.
com! professional: Das hat funktioniert?
Fischer: Es stellte sich natürlich schnell die Problematik der richtigen Infrastruktur. Es tauchten Fragen auf nach der Verwaltung immer größer werdender Netze oder danach, wie man mit der Fragmentierung von Servern umzugehen hat. Unter diesen Gesichtspunkten, die Virtualisierung im Betrieb nach sich zieht, haben wir uns dann mit Infrastruktur-Plattformen wie OpenStack oder Eucalyptus beschäftigt. Und bald darauf haben wir unsere betrieblichen Prozesse mit dem Tool „Chef“ automatisiert. Aber es ist uns nicht gelungen, Stabilität in die OpenStack-Infrastruktur hineinzubringen.
com! professional: Sie scheiterten also mit Ihrem Infrastruktur-Ansatz. OpenStack bedeutete für Sie einen geschäftlichen Flopp. Ihre Start-up-Erfahrungen waren damit aber nicht am Ende.
Fischer: Ja. Die Architektur von OpenStack ist zwar an sich gut, aber die Implementierungsqualität bringt viele Hürden mit sich. Das wurde erst in den letzten Jahren deutlich besser, als das OpenStack-Projekt an Professionalität gewann. Es stellte sich auch heraus, dass unsere Erfahrungen und unser Skill-Set mehr für die Arbeit an Anwendungsplattformen geeignet waren. Wir hatten uns immer mehr mit dem Betrieb von IT beschäftigt und weniger mit dem Rechenzentrums-Know-how.
com! professional: Wie ging es dann für Sie weiter?
Fischer: Wir hatten gerade einen Charge-Server gekauft, als wir anfingen, uns mit der Technologie von Cloud Foundry zu beschäftigen. Das war 2013. Dass OpenStack als Technologie nicht verschwinden wird, ist aber offensichtlich. Für mich als Unternehmer war die Gegenüberstellung, als wir 2013 beschlossen haben, Cloud Foundry zu evaluieren, ganz einfach: Mit wie viel Aufwand schaffe ich es, ein Cloud-Foundry-System in Betrieb zu nehmen, und mit welcher Betriebsqualität kann ich dann rechnen? Das heißt, wie viele weitere Investitionen muss ich noch tätigen, bis ich daraus ein verkaufsfähiges Produkt machen kann. Und dann hat sich innerhalb von zwei Wochen herausgestellt, dass die Implementierungsqualität von Cloud Foundry deutlich höher ist als die von OpenStack. Diese Software war für uns leichter in Betrieb zu nehmen, hat sich in ihrer Natur besser erschlossen und war im laufenden Betrieb viel stabiler.
com! professional: Was ist Ihr Credo als (Jung-)Unternehmer?
Fischer: Man muss zwei Dinge voneinander trennen. Das eine ist eine Technologie als solche und deren Wert im Markt, und das andere ist die Rolle der Technologie in meiner Firma und ihr Wert für meine Organisation. Das sind zwei Aspekte. Zum Aspekt der Technologie im Markt kann ich nur sagen, ich hätte gedacht, dass OpenStack sich so schnell entwickelt, dass von den traditionellen Infrastruktur-Plattformen nichts mehr übrig bleibt. OpenStack ist von seiner Architektur her eigentlich ein Klon von Amazon Web Ser­vices, und jeder hätte so etwas gerne in seinem Rechenzen­trum. Aber niemand, den ich kenne, hat es geschafft, mit OpenStack eine wirklich stabile Infrastruktur zu bauen, auf der produktive Workloads heute schon im großen Stil betrieben werden können. Und die wenigen, die OpenStack heute noch im Produktivsystem betreiben und dazu stehen, geben einige Schwächen zu, wenn man bei denen mal ein bisschen nachfragt. Da blättert dann der Lack etwas ab. Für mich ist die ernüchternde Erkenntnis aus den vergangenen fünf, sechs Jahren an Beobachtung von OpenStack, dass die Technologie bei Weitem nicht so schnell gereift ist, wie sie hätte reifen können.
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